Pionierleistung im Zuckerrübentransport

ZAAG-Wetterau-Nord feierte ihr 25-jähriges Bestehen

Die Zuckerrübenauflade- und Abfuhrgemeinschaft Nord (ZAAG) in Heuchelheim feierte am vergangenen Sonntag mit zahlreichen Ehrengäs­ten aus Politik und Landwirtschaft ihr 25-jähriges Bestehen.

Anfangs wurden die Zuckerrüben noch per Bagger auf die Lastwagen geladen, nun erledigen das Verlademäuse, diese ist zehn Meter breit.

Foto: Ines Dauernheim

Viel „diplomatisches Geschick war nötig, um das Projekt zu verwirklichen,“ so Herwig Marloff, Vorsitzender der Wetterauer Zuckerrübenanbauer, der mit dem damaligen Bürgermeister von Reichelsheim, Gerd Wagner und mit Stadtverordnetenvorsteher Hagen Behrens, bei vielen Terminen, um den Standort für die ZAAG warb: „Zuckerrüben gehören in die Wetterau, sie sind Teil unserer Fruchtfolge“, sagte Marloff. Den Erfolg der ZAAG würdigten auch Paul Karpf, Vorsitzender des Maschinenrings Wetterau, und Landrat Joachim Arnold, der die gute Zusammenarbeit der ZAAG mit der Stadt Reichelsheim hervorhob.

Sukzessiver Wandel bei Ernte, Abfuhr und Logistik

„In den 25 Jahren erlebten wir einen durchgehenden Wandel in der Technik, in der Logistik und der Information“, erklärte Wolfgang Roth. Fünf Jahre nach dem Aus für die Zuckerfabrik in Friedberg stand im Jahr 1987 der Betriebshof nicht mehr fürs Verladen und Abtransportieren der Wetterauer Zuckerrüben per Bahn nach Groß-Gerau zur Verfügung. Damals beschloss die Südzucker AG, dass künftig die Zuckerrüben aus der Wetterau per Lastwagen zum Verarbeiten angeliefert werden müssen. Dies war die Grundlage für die Gründung der Auflade- und Abfuhrgemeinschaft. 163 Landwirte aus Beienheim, Dorheim, Dorn-Assenheim, Fauerbach, Melbach, Nieder-Mörlen, Ober-Mörlen, Ockstadt, Ossenheim, Ostheim, Schwalheim, Södel und Wisselsheim traten der Gemeinschaft bei. Die Bauern einigten sich, die Zuckerrüben per Selbstabfuhr in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu organisieren. Wolfgang Roth und der Vorsitzende der Wetterauer Zuckerrübenanbauer, Herwig Marloff, erinnerten an die Anfänge: Sitzungen, Konferenzen, Diskussionen. Von Polizei bis Steuern, von Verkehrsrecht bis Straßenverwaltung, mit allen zuständigen Stellen versuchten die Landwirte, sich einig zu werden.

Vielfach sei den Bauern nicht zugetraut worden, die logistische Herausforderung zu bestehen, die Rüben per Lkw abzufahren. Die Landwirte schafften es, ihre Vorstellungen durchzusetzen. „Unser Motto war: den Transport übernehmen wir selbst“, so Roth. Im Januar 1988 gründete sich die Gemeinschaft, im September rollten die ersten Wetterauer-Rübenlaster gen Groß-Gerau. Anfangs schaufelte ein Bagger die süßen Früchte auf die Laster, später wurden Verlademäuse eingesetzt.

„Unsere Aufgabe war es, die geeignete Technik anzuschaffen“, berichtete Roth weiter. Welche Zugmaschinen sind die richtigen? Welche Verladegeräte? Mit einer Flotte von acht Fahrzeugen, deren Auflieger auf den landwirtschaftlichen Betrieben rübentauglich umgebaut wurden, ging es los. Drei dieser Züge waren kippbar, so dass auch die Kalk-Verteilung über die ZAAG abgewickelt wurde. Dazu kamen noch ein Kalk-Streuer, ein Traktor und eine Kehrmaschine. „Damit säubern wir sofort nach dem Abtransport die Straßen“, sagte Roth. Im ersten Jahr transportierte die Gemeinschaft 49 000 t Rüben bei 2 100 Fahrten zur Zuckerfabrik. Mit dem Wissen von heute, sei die Kommunikation damals abenteuerlich gewesen, erinnerte sich Roth. Funken und Telefonieren via Telefonzelle sei möglich gewesen. „Ich hatte immer genug Groschen in der Tasche, um an Telefonzellen zu stoppen und den Fahrerwechsel und alles andere zu organisieren.“ Nachdem weitere Verladebahnhöfe für Zuckerrüben geschlossen wurden, wuchs die Gemeinschaft weiter, zusätzliche Laster wurden gekauft, weitere Verladetechnik, eine Lademaus. Der Maschinenring Wetterau wurde gegründet, mit dem die Gemeinschaft eng zusammenarbeitet, der Transport- und Verladepläne erstellt, die Abrechnungen erledigt. In der fünften Rübenkampagne der ZAAG wurden 166 000 t Rüben in 7 000 Ladungen nach Groß-Gerau gebracht.

Modernste Technik muss effizient eingesetzt werden

Vier Landwirte führen ehrenamtlich die Geschäfte der Zuckerrübenauflade- und Abfuhrgemeinschaft Wetterau Nord. Von links: Herwig Marloff, Roland Frutig, Wolfgang Roth und Frank Wittich. Roth engagiert sich schon seit 25 Jahren als Geschäftsführer der ZAAG.

Foto: Ines Dauernheim

Seit 1994 lieferten Wetterauer Landwirte ihre Rüben in die Zuckerfabrik nach Wabern. Nun gab es ein weiteres neues Verladegerät, das acht m breit war, wieder neue Sattelzüge, möglichst landwirtschaftstauglich, geländegängig und leicht sollten sie sein. Inzwischen gehörten 450 Landwirte der Gemeinschaft an. Noch standen die Rübenlaster auf den Betrieben und wurden dort von den Fahrerteams gepflegt, eine provisorische Werkstatt wurde auf dem Betrieb von Gerhard Keller in Ossenheim genutzt. Dank einer einmaligen Kooperation mit der Stadt Reichelsheim wurde 2001 das Betriebsgelände geschaffen, erklärte Roth. Die Stadt stellte ein fast 9 000 Quadratmeter-Grundstück zur Verfügung, baute eine Halle, eine Werkstatt und einen Waschplatz und verpachtete das Ensemble der ZAAG. Die größte je transportierte Rübenmenge wurde 2002 auf die Laster geladen: mehr als 192 000 t. „Die Zäsur kam 2008 mit der neuen Zuckermarktordnung und dem Schließen der Fabrik in Groß-Gerau“, so Roth. Die Rübenanbaufläche verringerte sich in der Wetterau von 8 000 auf 4 000 ha, 100 Landwirte traten aus der Gemeinschaft aus, der heute 315 Landwirte angehören. Folge: Weniger Verladegeräte, weniger Laster. Zwölf Trucks bringen in­zwischen je Kampagne die Rüben in die Fabriken nach Wabern und Offstein.

Vieles sei in den 25 Jahren digitalisiert worden. „Heute klickt ein Fahrer der Verlademaus auf seinen Bildschirm und kann die Daten des Rübenschlages einsehen“, so Roth. Zum Rübentransport im Herbst seien viele anderen Fahrten hinzugekommen: Spargel werde nach Frankreich zum Trocknen gefahren, Malz von dort mit nach Deutschland genommen. Seit neun Jahren sei die ZAAG zertifiziert und zugelassen, um Lebensmittel zu transportieren. „All unsere Aktivitäten dienen der Wertschöpfung in der Landwirtschaft“, betonte Roth. Das Potenzial müsse weiter genutzt werden, um erfolgreichen Zuckerrübenanbau in der Wetterau zu betreiben.

Dauernheim – LW 24/2013