Saatgut für Futterpflanzen könnte knapp werden

Tagung in Fulda zu Auswirkungen des Greenings

Am 16. September tagten unter dem Dach des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter die Verbände der Futterpflanzensaatgutwirtschaft in Fulda. Vorsitzender Dr. Thomas Eckhard konnte rund 40 Teilnehmer begrüßen, die sich aus allen Teilen Deutschlands zu der zweitägigen Veranstaltung eingefunden hatten.

Frerich Wilken, LK Niedersachsen (links), und Matthias Borst, Bayerischer Bauernverband, referierten zur Umsetzung der GAP-Reform.

Foto: Hildebrandt

Dieter Rücker (BDP-Abteilungen Futterpflanzen, Öl- und Eiweißpflanzen), Richard Karl (BDP-Abteilung Handel) und Georg Brand vom Deutschen Raiffeisenverband gaben einen Überblick über die Situation auf dem Saatgutmarkt für Fein- und Grobleguminosen, Gräser sowie Futterpflanzen und Zwischenfrüchte. Die Referenten verwiesen auf die sehr trockenen Witterungsbedingungen im Anbaujahr 2015, die insgesamt geringere Erntemengen, teilweise bis zum Totalausfall, zur Folge hatten. Lediglich bei der Gräservermehrung seien einigermaßen akzeptable Erträge erzielt worden, allerdings unter Vorjahrsniveau und auch unter dem Durchschnitt der vergangenen 5 Jahre.

Kein Puffer für steigende Nachfrage

Es sei abzusehen, dass im Frühjahr 2016 Engpässe in der Saatgutbelieferung auftreten könnten. Möglicherweise habe dies auch Auswirkungen auf die Preise. Erschwerend komme hinzu, dass die Lagerbestände größtenteils abgebaut wurden und hier kein Puffer für eine steigende Nachfrage zu sehen ist. Eine steigende Nachfrage im Vergleich zu Vorjahren habe sich durch die Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und den damit verbundenen Greening Auflagen ergeben. Sie werde wohl anhalten.

Auch bei den anderen europäischen Saatguterzeugern für Futterpflanzen und Zwischenfrüchte seien niedrigere Ernten eingefahren worden. Auch hier seien die Lagerbestände stark dezimiert. Dies gelte auch für die Märkte in Übersee. Für steigende Saatgutpreise spräche auch die veränderte Währungsparität vom Euro zu Dollar.

Zur Reform der GAP und ihrer Umsetzung in den Bundesländern Bayern und Niedersachsen referierten Matthias Borst vom Bayerischen Bauernverband und Frerich Wilken von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Matthias Borst ging einleitend auf die Auswirkungen der GAP seit 2015 ein und fasste die wesentlichen Anforderungen des Greening „Ökologische Vorrangflächen“ (ÖVF), „Anbaudiversifizierung“ und „Verbot des Umbruchs von Dauergrünland“ zusammen. Die Nichterfüllung einer Anforderung könne zu empfindlichen Sanktionen (Mittelkürzungen) führen.

Ökologische Vorrangflächen rauf auf 7 Prozent?

Die derzeitigen 5 Prozent der Ackerfläche für ÖVF können nach einer Prüfung in 2016 ab 2017 unter Umständen auf 7 Prozent ausgeweitet werden. Den realen Umfang der ÖVF beziffert Borst für Deutschland mit 1,3 Mio. ha, wobei 75 Prozent der Fläche mit Zwischenfrüchten, Grasuntersaaten und Leguminosen bestellt wurden. Für Bayern wurden 235.000 ha ÖVF ausgewiesen. 85 Prozent wurden hier mit Zwischenfrüchten, Grasuntersaaten und Leguminosen bestellt.

Zu den Vorgaben der ÖVF möchte der Bayerische Bauernverband einige Änderungen bewirken. Hinsichtlich der Vorgabe, Zwischenfrüchte mit mindestens zwei Mischungspartnern, wovon einer höchstens 60 Prozent Anteil erreichen darf, frühestens ab 16. Juli bis spätestens zum 1. Oktober auszubringen, möchte der Verband mehr Möglichkeiten bei den Mischungen und eine Verschiebung des erlaubten Aussaatzeitpunkts vor den 16. Juli erreichen. Der Erhalt des Aufwuchses von Zwischenfrüchten bis zum 15. Februar des Folgejahrs sollte ebenfalls um einen Monat nach vorn verschoben werden. Auch sollte die Pflicht entfallen, nach dem Umbruch der Zwischenfrucht eine andere Hauptfrucht anzubauen, so die Förderungen des Bauernverbandes. Beim Anbau von Leguminosen sollte ein Gemenge mit Stützfrüchten erlaubt werden.

Bayerischer Bauernverband fordert mehr Flexibilität

Bei Puffer- und Ackerrandstreifen führen die streng einzuhaltenden Streifenbreiten zu Konflikten, wenn die technischen Gerätebreiten sich nicht genau einfügen lassen. Hier möchte der Bauernverband breitere Streifen (z.B. 21 statt 20 m) erlauben. Die Breitenvorgaben sollten zudem vereinheitlicht werden und den Agrarumweltprogrammen angepasst werden.

Zur Grünlanddefinition der EU bestehe bei den Landwirten eine große Verunsicherung. Seit Ende Juli habe die EU klargestellt, dass Klee und Luzerne immer als Ackerkulturen gelten, worunter auch der Anbau von Grassamen und Zwischenfrüchten zur Vermehrung fällt. Gerade beim Thema Grünlandumbruch mahnt Borst bei der EU einen Vertrauensschutz an.

Wilken zeigte für einen niedersächsischen Vollerwerbsbetrieb mit 86 ha AF die Auswirkungen eines Verzichts auf Greening-Maßnahmen. Durch Entfall der Greening-Prämie in Höhe von 86 Euro/ha und einer eventuellen Sanktionen würden dem Betrieb knapp 9000 Euro/Jahr fehlen. Ein Betrag der durch die Ernte auf der betroffenen Fläche eingefahren werden müsste.

Greening bewirkt Pachtpreissteigerungen

Zur Anbaudiversifizierung stelle Niedersachsen in den Ackerbauregionen kaum Umstellungen in der bisherigen Fruchtfolge fest, desgleichen in den Veredlungsregionen. In den Futterbauregionen sei allerdings eine Reduzierung des Maisanbaus gegeben. Intensive Futterbaubetriebe würden durch Anbaudiversifizierung allerdings größere Futterlücken riskieren, die durch GPS nicht geschlossen werden könnten. Hierdurch entstehe ein Flächenmangel mit entsprechenden Auswirkungen auf den Pachtpreismarkt.

Zu den ÖVF bestehe in Niedersachsen keine verlässliche Statistik, da Landwirte „vorsichtshalber“ mehr Flächen angegeben hätten. Auffällig sei ein sehr geringer Anbau von Leguminosen. Den größten Teil der ÖVF stellten daher Zwischenfrüchte und Untersaaten (im Mais). Eine „Dauergrünlandumwandlung ist in Niedersachsen nur durch Bereitstellung einer Ersatzfläche und mit Zustimmung der Behörden und der Landwirtschaftskammer möglich“ erläuterte Wilken. Dauergrünlandumbruch zur Neusaat sei allerdings im Rahmen der guten fachlichen Praxis erlaubt. Eine Ausnahme stellten umweltsensible Gebiete (FFH) dar. Hier sei jeglicher Umbruch verboten.

Dr. Ernst-August Hildebrandt – LW 39/2015