Saatgutvermehrung auch auf rekultivierten Flächen
Pflanzenbaurundfahrt in der Wetterau litt unter großer Hitze
Die Rundfahrt des Saatbauverbandes Hessen führte diesmal zu den Demo- und Versuchsflächen des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) in Nieder-Weisel, zum Beratungsprojekt Soghum-Anbau des LLH in Wölfersheim und zur neuen Erntegut-Lagerhalle der Kornkammer GbR in Obbornhofen.
Die Referentin für Marktfruchtbau am LLH Eichhof, Gabriele Käufler, machte auf die Bedeutung einer unabhängigen, amtlichen Beratung aufmerksam, die durch reproduzierbare Versuchsergebnisse den Anbauern wichtige Sortenhinweise an die Hand gäben. „Auch hinsichtlich des Verbraucherschutzes sind regional angepasste Sorten zu bevorzugen, da sie beispielsweise weniger Pflanzenschutz für ihre optimale Entwicklung benötigen“, so Käufler.Die Blüte am Standort war schon relativ weit fortgeschritten, ob Fusarium in nennenswertem Umfang auftreten wird, war aber noch nicht abzusehen. „Hier entscheidet die Witterung der nächsten Tage“, sagte die Referentin. Gleiches gelte für das Aufkommen von Mutterkorn im Roggen.
Ramularia nimmt seit Jahren deutlich zu
Michael Lenz vom Pflanzenschutzdienst in Wetzlar zeigte anhand der Fungizidversuche, dass die Ramularia-Blattflecken einen Getreidebestand bei entsprechender Witterung sehr schnell stark schädigen können. „Die Krankheit mag es warm und trocken, und sie hat sich in den letzten sechs, sieben Jahren stark ausgebreitet.
In unseren Versuchen sind kaum Unterschiede zwischen den Varianten auszumachen, außer bei reinem Azol-Einsatz; hier reicht die Wirkung nicht aus.“ Lenz bemerkte außerdem, dass es kaum Unterschiede zwischen den Sorten gebe, sie seien alle gleichmäßig stark befallen, so dass hier noch ein lohnendes Betätigungsfeld für die Züchter bestehe. Allgemein sei der Krankheitsdruck gering, dennoch sei in jedem Jahr auf Fusarium zu achten. Hier müsse immer ein Azol in der Mischung enthalten sein.
Winterharte Sorten bei der Gerste
Ãœber neue Sorten, die am Standort zu sehen sind, informierte LLH-Berater Rainer Cloos, allerdings aufgrund der großen Hitze nicht in aller AusÂführlichkeit. Zwar präsentierten sich bei Wintergerste einige neue Sorten wie zum Beispiel Henriette oder Anja sehr gut, aber es müsse letztendlich die Ernte abgewartet werden, so Cloos. Die doppel-gelbmosaik-resistenten Sorten Otto und Nerz hätten Schwächen bei der Winterhärte gezeigt.
Bei Gersten-Hybriden nannte Cloos vor allem ihre Frohwüchsigkeit und somit auch ihr gutes Kompensationsvermögen als Vorteil, aber auch das breite Aussaatfenster. Sortierung, StandÂfestigkeit und Gesundheit seien aber noch nicht optimal ausgeprägt.
Bei den zweizeiligen Typen hätten sich durch den außergewöhnlich harten Winter 2011/2012 viele winterharte Sorten für die weitere Beurteilung empfohlen. Die gegen das Gelbmosaikvirus resistente Sorte Paroli sei nur bei tatsächlichem Befall im Vorteil. „Bei Winterbraugersten sind nach wie vor Marwinta und Wintmalt die Sorten der Wahl“, so Cloos.
Viele neue B-Weizensorten
Bei in Augenscheinnahme der Weizensortimente fielen die zahlreichen neuen B-Sorten auf. Berater Cloos nannte unter anderem Desamo, Memory und Rumor als aussichtsreiche Kandidaten, aber auch hier werde erst die Ernte zeigen, was tatsächlich in ihnen steckt.Die bekannte A-Sorte Asano sei zwar ertraglich immer noch top, aber die Gesundheit lasse im Feld allmählich nach. Im E-Sortiment werde eine Nachfolgesorte für Akteur gesucht, wobei bisher die EU-Sorte Xeres sehr gut aussehe.
Sorghum-Anbau noch in den Kinderschuhen
Am Beispiel des Sorghum-Anbaus in der Wetterau konnte man sehen, welche Unwägbarkeiten Investitionsentscheidungen nach sich ziehen können: Da die Biogasanlage in Wölfersheim-Berstadt wegen des schwierigen Untergrundes nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnte, fiel sie unter die Regelungen des neuen EEG und somit unter den Maisdeckel von maximal 60 Prozent. Um den Substratbedarf zu decken, werden nun neben Zuckerrüben auch rund 200 Hektar Sorghum angebaut; eine Fläche davon konnte im Rahmen der Rundfahrt besichtigt werden.
Die Vorsitzende des Saatbauverbandes, Annette Seifert-Ruwe, hatte die Fläche angelegt, die aber unter einem Starkregen mit entsprechenden Verkrustungen direkt nach der Saat gelitten hatte. „Wir konnten letztes Jahr zwar 50 Tonnen Sorghum ernten, die bis zu fünf Meter langen Pflanzen gingen aber kaum durch unseren Häcksler, so dass wir noch einen leistungsstärkeren organisieren mussten“, erläuterte Seifert-Ruwe die Startschwierigkeiten mit einer neuen Kultur.
Neue Lagerhalle mit 7200 Tonnen Gesamt-Kapazität
Vorletzte Station war die neue Lagerhalle für Konsumgetreide und Raps der extra dafür gegründeten OHG Kornkammer GmbH. „Wir haben den Betrieb der Halle aus unserer, aus den selben Gesellschaftern bestehenden, OHG Ackerbau GmbH ausgegliedert, um diese nicht gewerblich werden zu lassen“, so Geschäftsführerin Seifert- Ruwe.
Die Halle mit 7200 Tonnen Gesamt-Kapazität wird vorwiegend an den Handel und Landwirte vermietet. Die Lager-Belüftungs-Trocknung kann mit zwei Gebläsen 40 m3 Luft durch das Erntegut drücken, die Einlagerung erfolgt mit einem Bandsystem. Man habe sich gegen Silos und für eine Halle entschieden, weil diese später leichter eine alternativen Nutzung zugeführt werden könne.
Schwierige Bodenverhältnisse nach Braunkohletagebau
Gleich neben der Halle wurde eine Vermehrungsfläche der Weizensorte Patras begutachtet. Auffällig war die Zweiteilung des Schlages, der zur Hälfte auf rekultiviertem Land liegt, das nach dem Braunkohleabbau seit 1968 wieder landwirtschaftlich genutzt wird. „Leider wurden die Drainagen zu früh angelegt, so dass sie durch Setzungen wieder kaputt gingen und nochmals angelegt werden mussten. Die Wasserführung ist auf diesen Flächen dennoch schlecht und auch die Nährstoffsituation sehr schwierig, erläuterte Seifert-Ruwe.
In der anschließenden Aussprache am Hofgut Obbornhofen, Sitz der OHG Ackerbau, stellte Dr. Gotthard Schaumberg, LLH, die aktuellen Zahlen zur Vermehrung in Hessen dar. Insgesamt sei die Vermehrungsfläche mit 4430 Hektar stabil, lediglich die Vermehrung von Sommergerste sei deutlich rückläufig, und zwar von 300 auf jetzt nur noch 200 Hektar.
KB – LW 26/2013