Schädlinge und Foulspiele im Zuckerrübenanbau
Landwirte schildern Politikern in der Südpfalz die Probleme
Die Zuckerrüben im Südwesten sind krank. Von Insekten verursachte viröse und bakterielle Vergilbungskrankheiten breiten sich im Zuge des Klimawandels rasant aus. Kurz vor der Zuckerrübenkampagne trafen sich am Montag dieser Woche Landwirte, Vertreter des Zuckerrübenanbauverbandes und der Industrie sowie Politiker zu einem Hofgespräch über aktuelle Themen rund um den Rübenanbau auf dem Betrieb von Stefan Bohlender in Steinweiler, Landkreis Germersheim.

Foto: Imke Brammert-Schröder
SBR-Erkrankung verursacht enorme Ertragsverluste
Auf seinen Feldern sind die Schäden durch Blattläuse und Schilfglasflügelzikade deutlich zu sehen: Die Blätter sind gelb und teilweise vertrocknet. Trotz Insektizideinsätzen sind die Schäden enorm. Bohlender rechnet mit einem Ertragsverlust von wenigstens 10 Prozent, außerdem wird erwartet, dass der Zuckergehalt aufgrund der SBR-Erkrankung deutlich geringer ausfällt. „Wir brauchen dringend Lösungen. Wir stehen mit dem Rücken an der Wand. In unserem Betrieb gibt es keine Alternative zur Zuckerrübe“, machte der Landwirt deutlich. Wenn die Rübe nicht mehr rentabel sei, gefährde das den ganzen Betrieb.
Dr. Georg Vierling vom Geschäftsbereich Zucker/Rüben der Südzucker AG prognostizierte, dass Trockenheit und Schädlingsbefall auf die Rübenerträge durchschlagen. Er erwartet Erträge deutlich unter dem Schnitt für einige Regionen im Anbaugebiet der Südzucker.
Foulspiel im Wettbewerb

Foto: Imke Brammert-Schröder
„Wir fühlen uns gefoult“, sagte Vierling im Hinblick auf die unterschiedlichen Spielregeln. In vielen EU-Ländern sind inzwischen Notfallzulassungen für neonicotinoide Beizen für die Rübe erlassen worden – in Deutschland aber nicht. „Diese unterschiedlichen Regelungen sind nicht fair und eine echte Bedrohung für den Rübenanbau in Deutschland und damit auch für die hiesigen Zuckerfabriken.“
Nur noch fünf Wirkstoffe gegen Schadinsekten
Hinzu kommt, dass in Deutschland gerade in der Zuckerrübe viele Pflanzenschutzmittel weggefallen sind. „Für die Bekämpfung von Schadinsekten stehen nur noch fünf Wirkstoffe zur Verfügung, von denen vier eine ähnliche Wirkweise haben, was die Vorbeugung von Resistenzen erheblich erschwert“, sagte Frank Gemmer, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands Agrar (IVA). „Wir brauchen aber einen gut gefüllten Werkzeugkasten für die Herausforderungen der Zukunft.“ Wenn die Zuckerrübe nicht mehr wirtschaftlich angebaut werden könne, fehle eine wichtige Frucht für vielfältige Fruchtfolgen. „Wir brauchen die Zuckerrübe für die Biodiversität“, mahnte Gemmer. Ansonsten würden Kulturen wie Mais, die einen geringen Pflanzenschutzaufwand benötigen, an Attraktivität gewinnen und die Fruchtfolgen würden enger statt weiter.
Freilandlabor für Folgen des Klimawandels

Foto: Imke Brammert-Schröder
Lang koordiniert auch das NIKIZ-Projekt, in dem seit Anfang des Jahres innerhalb eines Netzwerkes neue Lösungen für die Bekämpfung von Krankheiten und Schädlingen untersucht und erprobt werden. „Wir haben mit NIKIZ erstmals hervorragende Daten und Fakten. Aber wir brauchen noch mehr Zeit und Forschungsförderung, damit wir den Kampf um die Rübe gewinnen können“, sagte er.
Auf Poster-Darstellungen und im Zuckerrübenfeld von Stefan Bohlender konnten die NIKIZ-Mitarbeiter den interessierten Gästen aus Politik und Gesellschaft die Ursachen der Vergilbung der Zuckerrübenblätter anschaulich erläutern. Der Ertrag wird dadurch um bis zu 45 Prozent vermindert, je nach Stärke des Schädlingsbefalls.
Andy Becht, Staatssekretär im Mainzer Landwirtschaftsministerium, sagte: „Wir brauchen eine vernünftige Strategie, um auf die Krankheitssymptome in den Rüben zu reagieren.“ Der FDP-Politiker machte keinen Hehl daraus, dass er über das Verbot der Neonic-Beizung des Zuckerrübensaatguts nicht glücklich ist. Sein Ministerium unterstütze die Notfallzulassung einer insektiziden Beizung in Zuckerrüben. Und auch die anderen Politiker, die Bundestagsabgeordneten Johannes Steininger (CDU) aus Bad Dürkheim und Thomas Hitschler (SPD) aus Hainfeld, sowie der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Alexander Schweitzer, sagten ihre Unterstützung für die Anliegen der Zuckerrübenanbauer zu.
ibs – LW 39/2020