Schlechte Laune ist Entscheidungssache

Was man gegen Frust und schlechte Laune tun kann

Das Wetter kann man nicht ändern, aber die Stimmung auf dem Hof schon, lautet ein Rat von LW-Autor Peter Jantsch. Der Diplom-Agrar­ingenieur und systemische Coach liefert nachfolgend anhand eines Beispiels auf einem landwirtschaftlichen Betrieb hilfreiche Tipps gegen Frust und schlechte Laune.

Die ersten Winterlinge im Beet: Wer sich auch an kleinen Dingen erfreuen kann, schafft sich dadurch selbst einen angenehmen Moment.

Foto: imago images/Christian Worsch

Matthias steht in seinem Stall und schaut auf die Siloplatten, auf denen nur noch kümmerliche Reste liegen. Seine Getreidelager sind bereits leer. Ferkel hat er schon abbestellt. Wo er das Futter für seine Kühe herbekommen soll, weiß er im Moment nicht. Er hat da zwar eine Idee, aber das klärt sich erst im Laufe der nächsten Tage. Im Moment regnet es, das ist gut für die Böden, auch wenn auf den ersten Wiesen schon wieder das Wasser steht. Frost müsste mal kommen, das wäre gut. Und dann noch dieser Aufreger rauf und runter in allen Medien mit Feinstaub als Folge von Gülle-Emissionen. Für manche ist die Landwirtschaft an allem schuld.

Manchmal könnte er heulen. Oder dreinschlagen. Es würde nichts ändern. Kein zusätzliches Futter, kein besseres Wetter und keine differenzierte objektive Diskussion über die Landwirtschaft.

Alternativ könnte er lächeln, dann würde es sich zumindest ein wenig leichter anfühlen. Er geht in den Stall. Der Futtertisch ist gefegt, die Kühe geben weniger Milch, aber sie sind sauber. Was er tun kann, das hat er getan. Und sollte es auch hier und da nicht reichen, er ist stolz auf das Engagement auf seinem Hof.

Positiven Gedanken nachhängen

Sein Mitarbeiter sitzt schon in der Küche beim Kaffee. Er setzt sich dazu. „Danke, dass du schon bei den Kälbern eingestreut und ihnen frisches Wasser gebracht hast. Es ist schön zu sehen, wie sie im sauberen Stroh herumspringen.“ Der Mitarbeiter freut sich über das Lob und lächelt. Er erzählt, dass er letztens nach dem Holzmachen in der Dämmerung einen weißen Hirsch gesehen hat. Wie gerne er im Wald ist, wenn der so still ist. Beide freuen sich und hängen ihren Gedanken nach.

Dann geht der Mitarbeiter ein Schar am Grubber auszutauschen. Matthias geht ins Büro. Papierkram wartet. Aber im Büro ist es zumindest warm und trocken.

Druck von außen

Dieser Dürre-Sommer letztes Jahr führt zu Ausnahmesituationen auf fast jedem Betrieb. Viele Folgen für den Betrieb sind noch ungeklärt und lassen sich im Augenblick auch nicht klären. Ohnmächtig sieht Matthias, dass tägliches Engagement nicht ausreicht. Auf die Wettersituation hat er aber keinen Einfluss. Und während die Klimaerwärmung in gekühlten Konferenzräumen diskutiert wird, der Dieselmotor seines zwei Jahre alten Pick-ups nicht so sauber ist wie er ihn gekauft hat, zeigt ein Teil der Gesellschaft wieder aufgeregt auf die Landwirtschaft. Wie soll man da nicht verzweifeln?

Unproduktiv schlechte Stimmung vermeiden

Es geht nicht darum, Dinge schönzureden, die nicht schön sind. Oder Emotionen oder Sorgen zu verdrängen, die angemessen sind. Es geht darum, nicht in unproduktive schlechte Stimmung zu versinken.

Schlechte Laune oder anhaltendes Grübeln ist reine Energieverschwendung. Auch wenn man das Gefühl hat, sich aktiv zu sorgen oder sich Gedanken zu machen, mit schlechter Laune ändert man nichts – außer die Stimmung auf dem Hof.

Man muss sich seinen Emotionen stellen

Der Mähdrescher zeigt den tatsächlichen Ertrag an. Die Milchgeldabrechnung dokumentiert, was tatsächlich überwiesen wurde. Eine Warnlampe zeigt einen Defekt an. Eine E-Mail lädt zum Gespräch mit dem Bank-Berater ein, um über die wirtschaftliche Situation des Hofes zu sprechen.

Wenn dann Wut, Angst oder Verzweiflung entsteht – sind das authentische Gefühle, mit denen auf ein aktuell eintretendes Ereignis reagiert wird. Da kann es wichtig sein, den Emotionen Ausdruck zu verleihen, für den aufsteigenden Druck ein Ventil zu finden: ein Stöhnen, ein Fluch, ein Tritt in die Luft oder etwas anderes. Wut kann produktiv sein, ebenso auch Angst. Es ist wichtig, sich seinen Emotionen zu stellen, aber das muss zu einer Veränderung führen.

Kraft nicht sinnlos verschwenden

Man kann sich fragen: „Kann ich konkret und jetzt etwas tun, um die Situation zum Positiven zu verändern?“ Wenn ja: Machen! Wenn nein: Loslassen!

Es macht letztlich keinen Sinn, sich über etwas Sorgen zu machen, was nicht im eigenen Einflussbereich liegt. Es gibt einem zwar das Gefühl der vermeintlichen Macht, wenn man sich über etwas aufregt, dem man im Grunde ausgeliefert ist. Man hat das Gefühl, wenigstens irgendetwas zu tun.

Aber da macht man sich etwas vor. Die Beschäftigung mit einer unbefriedigenden Situation auf eine Weise, dass sie bleibt wie sie ist, ist unproduktiv und unnötige Energieverschwendung. Und die Kraft wird für etwas Sinnvolleres gebraucht.

Positive Stimmung ist ansteckend

Und nicht zu vergessen: Stimmung ist ansteckend! Man ist nicht alleine auf dem Betrieb. Lässt man sich mit seiner schlechten Laune gehen, ist die Gefahr, dass andere dadurch angesteckt werden und die Stimmung insgesamt in den Keller rauscht, sehr groß. Andershe­rum: Eine positive Stimmung ist auch ansteckend! Das lässt sich gezielt nutzen – als Betriebsleiter besonders.

Matthias sitzt in seinem Büro. Er hat sich die Düngebedarfsermittlung vorgenommen. Spaß macht das nicht, aber es muss ja auch nicht alles Spaß machen. Vor ihm steht eine dampfende Tasse Kaffee mit geschäumter Milch. „Wenn die Situation schon schwierig ist, dann kann es mir doch wenigstens gut dabei gehen“, denkt sich Matthias. Dann greift er zu den Papieren. Er weiß: Die eigene Stimmung ist Entscheidungssache.

Tipps gegen schlechte Laune

Zu innerer Haltung finden und Gelassenheit gewinnen

  • Lächeln! Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass, wenn man ein Lächeln in sein Gesicht zaubert, dies positive Auswirkungen auf die eigenen Emotionen hat. Es wirkt, daher ruhig ausprobieren!
  • Im Jetzt leben! Es gibt keine Alternative, Leben findet ausschließlich in der Gegenwart statt. Wenn man an der Situation gerade nichts ändern kann, habe ich immer noch die Wahl: „Bin ich jetzt gut gelaunt oder gebe ich mich der schlechten Stimmung hin?“
  • Achtsamkeit: spüren, atmen, sich seiner Selbst gegenwärtig sein: „Was denke ich gerade? Was will ich? Wo spüre ich meinen Körper, meinen Rücken? Habe ich genug Schlaf?“
  • Wege, die man geht, bewusst gehen! Die 20 Meter zum Stall schnellen Schrittes zu laufen, anstatt sie in Ruhe zu gehen, bringt einige wenige Sekunden Zeitgewinn. Dafür fühlt man sich gestresst. Das ist kein Gewinn. Hilfreich: Langsam gehen, Wartezeiten am Telefon, kleine Situationen des Leerlaufs nutzen, um ruhig zu atmen oder „Mini-Mediationen“ zu machen von wenigen Sekunden Dauer.
  • Aufmerksamkeit und Zuwendung schenken! Menschen sind analog, auch im digitalen Zeitalter. Eine freundliche Geste, ein persönliches Wort, eine Hand auf der Schulter, ein leichter Kuss für den Partner wirken positiv.
  • Kleine Symbole bringen Freude: eine Blume auf dem Tisch, ein freundliche Notiz, eine aufmunternde SMS.
  • Mehr Wertschätzung! Sich gegenseitig für erbrachte Leistung Anerkennung zollen. Nicht nur das Ergebnis zählt, sondern auch das Engagement.Die kleinen und die großen Dinge des alltäglichen Mitei­nan­ders sehen, würdigen und anerkennen. Wertschätzung laut aussprechen! Das tut beiden gut: dem, der sie empfängt, und dem, der sie ausspricht.
  • Klare Entscheidungen: Ist eine Situation unbefriedigend, gibt es nur drei Möglichkeiten sich zu entscheiden: die Situation zu verändern, sie anzunehmen oder sie zu verlassen. Die vierte Möglichkeit – äußerlich „Ja“, aber innerlich „Nein“ zu sagen – ist zwar weit verbreitet, aber kostet unglaublich viel Energie und Kraft und hilft nicht weiter. Die sollte man unterlassen.
  • Keine Kopfkinos, dem Gehirn Ruhe gönnen! Vergangene oder vorweggenommene Situationen als kleine Kino-Filmchen immer wieder und wieder im Kopf ablaufen zu lassen, bringt keinen Nutzen. Es düngt nur die schlechte Laune. Kopfkinos gehören ersatzlos gestrichen. Das ist eine Frage von Disziplin.
  • Schluss mit Opferhaltung! Dinge, auf die man keinen Einfluss hat und man somit auch nicht ändern kann, die kann man schulterzuckend hinnehmen. Es ändert sich nichts, wenn man sich ohnmächtig fühlt oder aufregt. Also auf das schauen, was man tun kann. Und das dann auch tun. So spürt man seine Wirksamkeit.
  • Fokus der Wahrnehmung: Man kann entscheiden, seine Wahrnehmung darauf zu konzentrieren, was alles deprimierend ist, oder darauf, was erfreulich oder mutmachend ist. Es geht nicht darum, die Augen zu verschließen vor dem, was einen individuell angeht und wofür man persönlich Verantwortung trägt, aber man muss sich nicht jeden Schuh, den man vor die Füße geworfen bekommt, anziehen.
  • Charaktersache: Wenn jemand schimpft, spottet oder verletzende Worte sagt, so ist das ein Mensch, der schimpft, spottet und verletzt. Wenn jemand einem freundlich und aufmerksam zuhört und trotz herausfordernder Situation ermutigende Worte findet, so ist das einer, der freundlich, aufmerksam und ermutigend ist. Das ist eine Frage von Haltung, Würde und Selbstachtung, und die entscheidet man selber. Sonst niemand.
Jantsch, www.veraenderung.jetzt
Jantsch – LW 8/2019