Schuldzuweisungen müssen aufhören

DLG-Kolloquium zum Klimawandel

Um die Folgen des Klimawandels zu bewältigen, aber auch, um ihrer eigenen Verantwortung gerecht zu werden, kommt die Landwirtschaft um Anpassungen auf dem Feld, im Stall und beim Umgang mit wetterbedingten Risiken nicht herum. Das ist beim Kolloquium der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) deutlich geworden, bei dem letzte Woche in Berlin „Strategien für Ackerbau und Tierhaltung“ beim Umgang mit dem Klimawandel diskutiert wurden. Zu Beginn wies DLG-Präsident Hubertus Paetow Vorwürfe zurück, wonach der Agrarsektor maßgeblich verantwortlich für den Ausstoß von Treibhausgasen (THG) sei.

Viele Weideflächen hatten in diesem Dürre-Sommer die Bezeichnung „Grünland“ nicht verdient.

Foto: landpixel

Paetow hob hervor, dass die Landwirtschaft unter Beachtung der international anerkannten Sektorunterteilung lediglich auf Platz fünf der deutschen „THG-Sünderskala“ stehe. Nur dann, wenn man - wie das Umweltbundesamt (UBA) es tue - die Energieerzeugung, das Gewerbe, den Verkehr und die Wohngebäude zusammenfasse, komme die Agrarwirtschaft auf Platz zwei.

Agrar-Branche sorgt auch für Bindung von Kohlenstoff

Paetow machte deutlich, dass die Landwirtschaft in Bezug auf den Klimawandel nicht nur als Verursacher von Treibhausgasemissionen angesehen werden könne. Die Branche sorge auch in einem hohen Maß für die Bindung von Kohlenstoff in Agrarerzeugnissen und im Boden. Laut Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) müssen sich die Bauern auf zunehmende Extremwetterereignisse einstellen. Er empfiehlt daher den Einsatz konservierender und erosionsmindernder Ackerbauverfahren.

Wegen ihrer nachhaltigen Wirtschaftsweise sind die Bauern für Paetow auch ein Teil der Lösung zur Bewältigung der vom Klimawandel verursachten Probleme. Der DLG-Präsident nimmt beim Klimaschutz auch die Bürger und den Staat in die Verantwortung. Die „Phase der gegenseitigen Schuldzuweisungen“ müsse endlich überwunden werden. Nötig sei stattdessen ein neues Verständnis einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für die künftigen Herausforderungen des Klimawandels, insbesondere mit Blick auf die Nachhaltigkeit der heutigen Lebensweise.

Paetow nimmt beim Klimaschutz Bürger und Staat in die Pflicht

Für die Landwirtschaft pocht Paetow gerade auch wegen der klimatischen Veränderungen auf einen breiten Zugang zu modernen Produktionsverfahren und Zuchtmethoden. Angesichts der Größe der Herausforderung dürften Lösungsmöglichkeiten nicht von vornherein leichtfertig ausgeschlossen werden, nur weil sie momentan nicht in den „politischen Mainstream“ passten, warnte der DLG-Präsident. Nach seiner Überzeugung brauchen die Bauern „den ganzen Werkzeugkasten des Fortschritts“, um ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und ökonomisch auch in Zukunft bestehen zu können.

Nach Einschätzung des Landmaschinenfachmanns Michael Braun von der Horsch Maschinen GmbH werden bodenschonende Bearbeitungsmethoden immer wichtiger.So müsse der wasserhaltenden Bodenbearbeitung künftig ebenso Priorität eingeräumt werden, wie dem konsequenten Humusaufbau, um die Agrarflächen besser gegen Trockenheit und Starkregen abzusichern. Laut Braun muss die Bodenbearbeitung zusätzlich so ausgerichtet werden, dass Verdichtungen vermieden und die Tragfähigkeit des Untergrundes verbessert werden. „Gut gemanagte“ Böden seien zudem auf die bedarfsgerechte Versorgung mit Nährstoffen und Kalk angewiesen.

Die Böden widerstandsfähiger machen

Praktiker Detlev Dölger von der Hanse Agro GmbH empfiehlt zusätzlich Maßnahmen zur Standortverbesserung wie eine Erhöhung des Humusgehalts im Boden. Er setzt in seinem Betrieb konsequent auf die Verbesserung des Humusgehalts und der Bodenstruktur, um die „Risikoplastizität“ seiner Flächen zu verbessern. Überschüssige Wassermengen müssten über einen aufnahmefähigen Boden und eine leistungsfähige Drainage abgeleitet werden. Ausgeweitete Fruchtfolgen bieten nach Einschätzung des Praktikers Vorteile für den Bodenschutz und die Ertragssicherung, sind aber wegen fehlender Vermarktungsmöglichkeiten für Spezialkulturen oder einer fehlenden züchterischen Standortanpassung auch nicht ohne Risiko.

Auch Zwischenfrüchte seien in Bezug auf die Ertragssicherung oder aus wirtschaftlicher Sicht nicht immer die richtige Antwort, betonte Dölger. Hier könnten Durchwuchspflanzen oder der Wasserverbrauch in manchen Jahren zum Problem werden.

Grundfutterversorgung und Stallklima

In der Tierhaltung wird nach Überzeugung von Stefan Leuer von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen die Bedeutung der Sicherung der Grundfutterversorgung und der Temperatursteuerung in Ställen zunehmen. Leuer: „Tierhalter müssen sich im Zuge des Klimawandels vor allem auf zunehmende und länger andauernde Hitzeperioden einrichten, die sich negativ auf die Leistungen der Tiere und die Futterverfügbarkeit auswirken dürften.“ Er empfiehlt daher in Ställen die Einrichtung einer aktiven Klimasteuerung, aber auch den Einsatz robusterer Rassen. Notwendig seien zudem die Erweiterung der Futtervorräte und die Absicherung der Futterversorgung, um Engpässe wie in diesem Jahr besser überstehen zu können.

age – LW 50/2018