Schweinehaltung optimieren
Markt und Arbeitsorganisation im Veredlungsbetrieb zum Thema
Die Herausforderungen des Marktes und Entwicklungsperspektiven für Schweinehalter bildeten den Schwerpunkt des 14. Hessischen SchweinetaÂges, der von 14 landwirtschaftsverbundenen Einrichtungen veranstaltet wurde und von rund 150 Landwirten besucht wurde. Die Vorträge behandelÂten auch das Management und die Organisation von Arbeitsabläufen sowie die besonderen Anforderungen an das Führen von Veredlungsbetrieben.

Foto: Karl-Heinz Burkhardt
Börsenhandel stark zugenommen
Obwohl Markteinschätzungen objektiv und faktenorientiert sein sollen, seien viele Schätzer selbst am Markt und verfolgten mit ihren Schätzungen auch Absichten. Zudem hätten auch Spekulanten in den letzten Jahren die Nahrungs- und Futtermittelbörsen entdeckt, was die Prognosen für Preisentwicklungen erschwere. So werde etwa die 20-fache Handelsmenge der Welternte bei Soja an den Börsen gehandelt. Bei Raps sei es die dreifache Menge. Marktbilanzen zu Ölsaaten seien halbwegs sicher, da die Produktion in Staaten erfolge deren Marktgeschehen relativ transparent sei.
Mengenmäßig jedoch gering
Auch sei der Welthandelsanteil bei diesen Produkten hoch. Bei Getreide, besonders Weizen, seien Marktbilanzen dagegen unsicher. Dies rühre daher, dass ein Viertel der Welternte in Ländern mit weniger überschaubaren Märkten produziert wird, eine Lagerung lange und einfach möglich ist und der tatsächliche Welthandelsanteil bei Weizen relativ niedrig sei. Hier stelle sich auch immer die Frage, wie viel des Produkts in die Nahrungsmittel-, Futtermittel- oder Energieproduktion gehe.
Futtermittel größter Kostenfaktor
Holler prognostiziert für 2013, dass Eiweißfuttermittel teuer und Getreide durch eine 5 Prozent kleinere Ernte als im Vorjahr unverändert knapp und damit ebenfalls hochpreisig bleibe. So sähen es auch die Analysten der Rabobank, die 2013 Rekordpreise bei Getreide erwarten. Preisrückgänge ab Mitte 2013 könnten sich jedoch bei guten Ernten ergeben, da die Nachfrage langsamer als bisher wachse. Fazit: Futtermittel als größter Kostenfaktor in der Schweineproduktion bleiben zumindest bis Mitte 2013 teuer. Die Lage am Schweinefleischmarkt zeige, dass sich die Preise nach einer Durststrecke teilweise wieder erholten. Schlachtunternehmer gingen davon aus, dass für das gesamte Jahr 2013 beim Preis für Schweinefleisch eine 2 vor dem Komma stehe.
Foto: Ernst-August Hildebrandt
Optimale Arbeitsorganisation
Albrecht Macke vom Betriebswirtschaftlichen Beratungsbüro Göttingen stellte die Frage nach der optimalen Arbeitsorganisation in der Schweineproduktion. Viele Betriebe stehen vor Wachstumsschritten, bei dem der anfallende Arbeitsbedarf nicht mehr allein von der Familie bestritten werden kann. Damit stellt sich die Frage nach Aushilfen, Auszubildenden oder gar einem Mitarbeiter. Macke zeigt anhand von Betriebsvergleichen, dass zuvor Verbesserungen der Arbeitseffizienz möglich sind, da die festgestellten Arbeitsspannen im Mastschweinebereich von 0,7 bis 1,3 Akh/Mastplatz und bei der Ferkelerzeugung zwischen 9 und 13 h/Sau liegen. Dabei wird der Arbeitsbedarf in der Sauenhaltung ab etwa 300 Sauen nicht mehr durch Einsparungseffekte verringert. Er
Foto: Ernst-August Hildebrandt
Nicht in die Arbeitsfalle geraten
Arbeitsfallen, in denen Zeit vertan wird, führen oft zu drastiÂschen Folgen wie körperlicher und psychischer Ãœberlastung, mangelnden sozialen Kontakten, keinem freien Kopf für wichtige betriebliche Entscheidungen, keine Zeit für Fortbildung, Partnerschaftsprobleme, Vernachlässigung des Familienlebens und GeÂnerationskonflikten. Es müsÂsen unbedingt Entlastungsmaßnahmen ergriffen werden, die auch in der Auslagerung von Arbeitsgängen, Teilbereichen oder ganzen Betriebszweigen liegen können.
Ãœberbetrieblich erledigen lassen
Dazu beitragen können auch Kooperationen mit Lohnunternehmern, Maschinenringen oder anderen landwirtschaftlichen Unternehmen. Weiteres Betriebswachstum ist in der Regel jedoch nur durch zusätzliche Mitarbeiter zu realisieren. Hier unterscheidet Macke zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften, die befristet oder unbefristet eingestellt werden können. Der Bedarf kann auf niedrig qualifizierte Aushilfskräfte und Ungelernte oder auf höher qualifizierte Fachkräfte ausgerichtet sein. Unter Umständen kann die Arbeitsorganisation auch durch eine geringfügige Beschäftigung (Minijobber nach 400 Euro/Monat) entlastet werden. Sind die Hürden für die Einstellung eines Mitarbeiters (Angst vor Kosten/keine volle Auslastung möglich) zu groß regt Macke an, den Mitarbeiter mit einem Nachbarbetrieb zu teilen und dazu genaue Absprachen und Vereinbarungen zu treffen. Ferner könnte in arbeitsarmen Zeiten auch die Möglichkeit von landwirtschaftlichen, landschaftspflegerischen oder kommunalen Dienstleistungen ergriffen werden. Dabei könnte der Mitarbeiter auch an andere Betriebe ausgeliehen werden. Eine sogenannte Arbeitnehmerüberlassung bedarf jedoch der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit.
Wieviel kostet der Mitarbeiter?
Mit Blick auf die Mitarbeiterkosten wies Macke darauf hin, dass zum 10 Euro-Stundenlohn des Mitarbeiters die ArbeitgeberÂbeiträge für Krankenversicherung (7,3 Prozent) Arbeitslosenversicherung (1,5 Prozent), Rentenversicherung (9,8 Prozent), Pflegeversicherung (1 Prozent) und die Insolvenzgeldumlage (8 Euro/Jahr) zu bezahlen sind. So werden bei Berücksichtigung der Arbeitnehmerbeiträge (2,77 Euro/Stunde) aus einem Nettomonatslohn von 1 254 Euro des Arbeitnehmers 2 073 Euro Lohnauszahlung für den Arbeitgeber. Vor der Einstellung eines Mitarbeiters müssten daher neben der Arbeitsplatz- und Tätigkeitsbeschreibungen auch die Gehaltsmodalitäten inklusive der Regelungen für Ãœberstunden, Zuschläge und Erfolgsbeteiligung geklärt sein.
Wie man gute Mitarbeiter findet
Und wie findet man den geeigneten Mitarbeiter? Neben einer passiven Suche über Anzeigen, empfahl Macke auch aktiv zu suchen wie in Fachzeitschriften, in Jobbörsen des Internets, an Aushängen von Berufsschulen, Hochschulen, durch ein Angebot von Praktika, durch Arbeitsagenturen oder durch eigene Ausbildung, um einen guten Lehrling nach Abschluss der Ausbildung als Mitarbeiter einzustellen. Und wie motiviere ich einen Mitarbeiter im Betrieb zu bleiben und sein Leistungspotenzial dem Betrieb voll zur Verfügung zu stellen? Macke sieht hier einerseits materielle Anreize wie einen moÂdernen Arbeitsplatz, übertarifliche und pünktliche Bezahlung wie eine eventuelle ErfolgsbeÂteiligung und einem HilfsÂangebot in Notsituationen, wie auch andererseits immaterielle Aspekte durch einen fairen und respektvollen Umgang, Einblickmöglichkeiten in die Zahlen des Betriebes, Lob und Tadel zur richtigen Zeit, klare Arbeitspläne mit Leistungszielen, faire Arbeitskontrolle und gerechte Beurteilung und dem Gefühl, dass der Arbeitsplatz zukunftssicher ist. Abschließend beleuchtet der Referent die Regelungen für kurzfristig Beschäftigte bis zwei Monate oder 50 Arbeitstage pro Jahr, die Auswirkungen von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteilen bei Mini- und Midijobs auf die Stundenvergütungen, den Arbeitsvertrag, Urlaubsregelungen und gesetzliche Kündigungsfristen.
Infos über Fördermöglichkeiten
Udo Grenzebach vom Kreisausschuss des Schwalm-Eder-Kreises ging anschließend auf die aktuellen Fördermöglichkeiten durch die Arbeitsverwaltung und die Wirtschaftsförderung ein. Grundsätzlich müsse man bei der Arbeitsverwaltung die Agenturen für Arbeit nach SGB III als Versicherungsleister und die Einrichtungen (Jobcenter oder Kreise oder Städte) nach SGB II (Hartz 4) für die Grundsicherung der Menschen aus Steuergeldern unterscheiden. Zuständig seien generell die vorhandenen Organisationen am Wohnsitz des Arbeitnehmers. Fördermöglichkeiten würden durch die Arbeitsvermittler oder durch den Arbeitgeberservice eröffnet. Hierzu zählten zum Beispiel Eingliederungszuschüsse zum Ausgleich von Defiziten, Bildungsgutscheine, Trainingsmaßnahmen, Probearbeiten bis zu 2 Wochen, wobei der Arbeitnehmer weiter Leistungen des Jobcenters bezieht, zeitlich und örtlich begrenzte Projekte und die Weiterbildung gering beschäftigter Arbeitnehmer und Ungelernter (WeGebAU). Für Auskünfte bei Arbeitgeber-Anliegen stehe bundesweit eine Rufnummer 01801/664466 bereit.
Qualifizierungsscheck erlangen
Mit dem Qualifizierungsscheck soll die Weiterbildung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten kleiner und mittlerer Unternehmen und nicht auf Gewinn ausgerichteter Organisationen mit Hauptsitz in Hessen gefördert werden. Die Beschäftigten sollen über keinen anerkannten beruflichen Abschluss in der ausgeübten Tätigkeit verfügen oder älter als 45 Jahre sein oder in Teilzeit mit bis zu 30 Wochenstunden beschäftigt sein. Jedem Antrag geht eine obligatorische Bildungsberatung voraus, über die ein Beratungsprotokoll angefertigt wird. Dieses wird bei der „Weiterbildung Hessen“ eingereicht und führt zum Qualifizierungscheck. Mit seiner Hilfe können sich die Teilnehmer zu geförderten Weiterbildungsmaßnahmen anmelden. Letztendlich besteht als nicht monetäre Fördermaßnahme der Arbeitsverwaltung für Unternehmen mit einem bis 250 Beschäftigten das KMU-Kompetenzbuch – KMU.Kom. Nach Grenzebach verbirgt sich hinter diesem Begriff ein Verfahren, den Mitarbeitern ihre Kompetenzen stärker bewusst zu machen. Für das Unternehmen liege der Vorteil darin, ein umfassendes, systematisches Kompetenzprofil der Mitarbeiter zu erhalten und mit seiner Hilfe neue Lernziele und Einsatzmöglichkeiten zu entwickeln und sie so auch stärker zu motivieren.
Personalführung in der Praxis
Foto: Ernst-August Hildebrandt
„Klare Linien“ in Betriebsleitung
Als weitere Zusatzleistungen werden für die Mitarbeiter Verpflegung und Getränke, Arbeitsklei-dung mit Hoflogo, ein Beriebsauto zum Erreichen der unterschiedlichen Betriebsstandorte, regelmäßige Arbeitszeiten mit Wechseldiensten an Wochenenden, Urlaub, Vertretung im Krankheitsfall und Ãœberstundenausgleich sowie Betriebsfeiern wie Sommerfest und Weihnachtsfeier angeboten. Sie sagte, dass „klare Linien“ sehr wichtig sind, auf die Betriebsleitung und Mitarbeiter bauen können. Verbindliche Abmachungen werden in regelmäßigen Dienstbesprechungen getroffen. Wichtige Vereinbarungen in schriftlichen Arbeitsanweisungen und Zielvorgaben festgehalten. Kommunikation mit den Mitarbeitern sei die Voraussetzung für den Erfolg des Betriebes. Kathrin Seeger wörtlich: „Es nützt nichts, wenn Sie wissen wohin Sie wollen, es aber dem Mitarbeiter nicht vermitteln können.“ Zur Trennung zwischen Betrieb und Mitarbeiter seien sentimentale Gefühle fehl am Platz. Wenn der Mitarbeiter kündigt, lägen die Gründe überwiegend im persönlichen Bereich wie Umzug zum Partner oder zur Partnerin. Weitere Gründe können sein, dass die Arbeit nicht den Vorstellungen entspricht. Einem Mitarbeiter zu kündigen weil die Arbeitsleistung nicht passt, der Mitarbeiter nicht in Betrieb und Team passt oder weil grobes Fehlverhalten während der Arbeit stattgefunden hat, sollte ohne Zögern vorgenommen werden. Für diesen Fall empfiehlt Seeger immer einen Plan „B“ bereit zu halten.
Dr. Hildebrandt, LLH