Spannungsfeld Herbizideinsatz

Strom als Pflanzenschutzmaßnahme – eine Alternative?

Lässt sich der Herbizideinsatz im Ackerbau durch den Einsatz elektrophysikalischer Verfahren reduzieren? Im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP-Agri) läuft dazu ein Forschungsvorhaben an der TH Bingen. Benjamin Klauk stellt erste Ergebnisse vor.

Das Electroherb-Verfahren der Firma Zasso beruht auf der Applikation von Strom durch Elektroden, die in der Front des Traktors angebaut sind. Der Strom wird von einer Generatoreinheit im Heckanbau erzeugt.

Foto: Klauk

Seit über 50 Jahren sind Herbizide ein wirksames Mittel, um Bestände unkrautfrei zu halten. Hohe Erträge können abgesichert und Arbeitskräfte eingespart werden, so dass Herbizide maßgeblich zur Effizienzsteigerung der Landwirtschaft beitragen. Doch haben verschiedene Entwicklungen dazu geführt, dass ein Einsatz von Herbiziden in manchen Fällen beschränkt oder gar nicht mehr möglich ist. Zum einen sind die Resistenzen verschiedener Unkrautarten zu nennen, die die chemische Bekämpfung erschweren. Ein weiterer Punkt ist der Wegfall einzelner Wirkstoffe, die in der Kritik stehen, schädlich für die Umwelt zu sein. Der gesellschaftliche Druck nach einem reduzierten Einsatz chemisch synthetischer Pflanzenschutzmittel beschleunigt diese Entwicklung zusätzlich. Resistenzen und der Wegfall einzelner Wirkstoffe führen dazu, dass immer weniger Herbizide als Bekämpfungsmaßnahme zur Verfügung stehen. Es werden alternative Lösungen benötigt, die die entstehenden Lücken schließen können. Ein möglicher Ansatz hierfür ist neben den bereits bekannten pflanzenbaulichen Maßnahmen der Einsatz von Strom zur Unkrautbekämpfung.

Electroherb-System wird an der TH Bingen getestet

Die Idee ist nicht neu. In den 1980er Jahren wurden Versuche mit Strom zur Bekämpfung von Schosserrüben durchgeführt, mit vielversprechendem Erfolg. Mangels Traktorleistung und Absatzmöglichkeiten wurde dieses Gerät jedoch nicht weiterentwickelt. Heute sieht das anders aus. Traktorleistung ist nun meist im ausreichenden Maß vorhanden und die eingangs genannten Entwicklungen machen die Applikation von Strom als Herbizidersatz für verschiedene Bereiche des Ackerbaus interessant. Die Firma Zasso hat hierzu ein eigenes Verfahren entwickelt (Electroherb). Dieses beruht auf der Applikation von Strom durch Elektroden, welche in der Front des Traktors angebaut sind. Der Strom wird von einer Generatoreinheit im Heck des Traktors erzeugt und zu den Elektroden in der Front geleitet. Durch den Kontakt zwischen Elektroden und Pflanzen entsteht ein geschlossener Stromkreislauf. Der abgegebene Strom schädigt in der Pflanze Chlorophyll und Zellstrukturen, was einen raschen Welkeprozess einleitet.

Zur Überprüfung der Einsetzbarkeit dieses Verfahrens in bestimmten Bereichen des Ackerbaus wird an der Technischen Hochschule Bingen ein dreijähriges EIP-Projekt durchgeführt (EIP-Europäische Innovationspartnerschaft). Ein Teil dieses Projekts beschäftigt sich mit der Krautsikkation bei Frühkartoffeln. Feldversuche sollen zeigen, inwiefern die Applikation von Strom im Frühkartoffelanbau geeignet ist und den Wegfall des Wirkstoffs Deiquat (Reglone) kompensieren kann. Zudem wäre dieses Verfahren auch im Ökolandbau einsetzbar.

 – LW 32/2021