Spekulieren mit der Spekulation

Dass die Spekulation den Preis für Grundnahrungsmittel maßgeblich beeinflusst und dass sie Hungersnöte in der dritten Welt verursachen kann, steht für viele Nichtregierungsorganisationen wie Oxfam, Foodwatch oder Attac fest. Sie machen Druck, kürzlich forderten sie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf, sich entschlossen für eine Einschränkung der Spekulation einzusetzen. Die Deutsche Bank und die Investmentsparte der Landesbank Berlin LBB Invest haben schon reagiert und ihren Ausstieg aus dem Neugeschäft mit Agrar-Indexfonds bekannt gegeben.

Indes ist die wissenschaftliche Grundlage, sind beispielsweise Studien, die einen preistreibenden Einfluss der Spekulation nachgewiesen hätten, kaum vorhanden. Dies haben Wissenschaftler der Universität Halle nach Prüfung von 35 seriösen Untersuchungen der letzten drei Jahre festgestellt. Sie sprechen von einem Fehlalarm, die Spekulationsgeschäfte hätten weder die Agrarrohstoffpreise noch deren Schwankungen erhöht.

Der Markt und die Preisbildung funktionieren offensichtlich viel einfacher, als die Nichtregierungsorganisationen glauben machen wollen. Nämlich nach wie vor in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage. Die Hallenser Ökonomen sagen, wer den Hunger bekämpfen will, muss realwirtschaftlich dafür Sorge tragen, dass das Angebot an Nahrungsmitteln mit der steigenden Nachfrage Schritt halten kann. Dies ist letztlich auch entscheidend für die Märkte in der dritten Welt.

Eine weitere seriöse Institution, die FAO, hat in ihrem Jahresbericht als Schlüssel zur Produktivitätssteigerung in den Entwicklungsländern und damit zur Hungerbekämpfung größere Investitionen in der Landwirtschaft angemahnt und gleichzeitig mangelnde rechtsstaatliche Prinzipen und Korruption kritisiert, die dabei im Wege stehen. Das ist einleuchtender als die Spekulation um die Spekulation der NGO.

Cornelius Mohr – LW 50/2012