Sturm im Wasserglas

In der vergangenen Woche waren viele Journalisten ihrer eigenen Fehleinschätzung, aber auch der Fehlinformation von einigen Politikern aufgesessen. Hinter dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH)zum Handel mit Gemüsesaatgut vermuteten sie einen Sieg Klein gegen Groß, und der Wille, eine große Geschichte zu bringen, war größer, als die Sorgfalt, zu prüfen, um was es genau geht.

So waren Schlagzeilen zu lesen wie „Triumph für die Landwirte – Tiefschlag für große Saatgut-Konzerne“. Auch die ehemalige Bundesverbraucherschutzminis-terin Künast meldete sich zu Wort. Das Urteil sei ein wunderbarer Sieg für die Artenvielfalt, freies Saatgut und kleine Züchtungsunternehmen. Der EuGH habe gegen internationale Saatgutkonzerne entschieden, die wie Biopiraten weltweit Patente kapern.

Damit lagen sie und viele andere komplett falsch. Vielmehr hat das EuGH das derzeit gültige Saatgutrecht auf EU-Ebene bestätigt. Saatgut darf danach weiterhin nur dann gewerblich in den Verkehr gebracht (verkauft) werden, wenn es zu einer amtlich auf Identität und Qualität geprüften Sorte gehört. Für die Bauern ist dies im Sinne des Verbraucherschutzes gut, weil sie sich auf die hohe Qualität von Saatgut verlassen müssen, die von außen nicht sichtbar ist. Darüber hinaus wird auch die Möglichkeit, Erhaltungssorten unter bestimmten Bedingungen zu handeln, anzubauen und weiter zu züchten, nicht eingeschränkt.

Das Beispiel zeigt wieder einmal, wie leicht manchmal die Medienmaschinerie auf Schlagworte wie „mächtige Konzerne“ oder „Agrarindustrie“ anspringt. Damit hat die Landwirtschaft oft genug negative Erfahrungen gemacht. Hoffentlich haben viele aus diesem noch harmlosen Beispiel gelernt.

Cornelius Mohr