Tierschutz mit im Boot
Im kommenden Jahr werden im Lebensmittelhandel Geflügel- und Schweinefleisch unter dem Label des Deutschen Tierschutzbundes (DTB) eingeführt. Wiesenhof und Vion knüpfen hohe Erwartungen an die Vermarktung von Produkten, die unter einem höheren als gesetzlichen Haltungsstandard erzeugt werden sollen. Es ist anzunehmen, dass der DTB bei vielen Konsumenten, was Tierschutz-aspekte angeht, einen guten Leumund hat und dass das Label somit eine hohe Glaubwürdigkeit genießt. Ob die Produkte einen nennenswerten Marktanteil erzielen, wird die Zukunft zeigen. Einen Versuch ist es sicher wert, und die Zusammenarbeit der Land- und Ernährungswirtschaft mit dem DTB kann hilfreich sein, vor allem in der Diskussion und in der Argumentation, nach dem Motto: Wir bieten Produkte an, die der Tierschutz gutheißt, und jeder Verbraucher kann sich dafür entscheiden. Und der Druck, der von der Tierschutzdiskussion ausgeht, könnte etwas gemildert werden, wenn ein einflussreicher Verband mit im Boot ist.
Gleichwohl ist es problematisch, wenn zwischen gesetzlichem Tierschutz und höheren Anforderungen unterschieden wird. Standardware könnte diskriminiert werden. Es muss aber klar sein, dass der gesetzliche Standard den Tierschutz erfüllt. Klar muss auch sein, dass aufgrund niedrigerer Besatzdichte und größerem Haltungsaufwand ein erheblich höherer Erzeugerpreis erzielt werden muss. Die ISN hatte auf ihrer Jahrestagung im Frühjahr allein den höheren Arbeitsaufwand bei Systemen mit Stroheinstreu mit 25 Cent pro Kilogramm Schlachtgewicht beziffert.
Bislang zeigt aber die Erfahrung, dass breite Bevölkerungsschichten einen spürbaren Aufpreis an der Ladentheke nicht akzeptieren und dass Wunschdenken und Wirklichkeit auseinanderklaffen.
Cornelius Mohr