„Tierschutz ist kein Phänomen der Moderne“

Hauptversammlung des Kreisbauernverbandes Kassel

Am vergangenen Mittwoch hielt der Kreisbauernverband Kassel seine Mitgliederversammlung in Wolfhagen-Istha ab. Anschließend referierte Prof. Dr. Steffen Hoy von der Universität Gießen zum Thema „Hohe Leistungen sind nicht tierschutzwidrig“.

Vorsitzender Erich Schaumburg (l.) dankt Heinrich Gerhardt für sein Enga­ge­ment über Jahrzehnte für den Berufsstand.

Foto: Franziska Wollandt

Vorsitzender Erich Schaumburg eröffnete die Versammlung und ging auf die schwierige Situation auf dem Lebensmittelmarkt ein und sagte: „Wir versuchen die Rahmenbedingungen auf Landes-, Bundes-, oder aber auch Europäischer Ebene zu verbessern. Die Preise können wir aber nicht beeinflussen.“ Er kritisierte die Ãœbernahme von Tengelmann durch Edeka. „Es ist unglaublich, dass Politik gegen Empfehlungen des Kartellamtes ent­scheidet und die Erzeuger es ausbaden müssen, vor allem in so schweren Zeiten.“

Thomas Rose Nachfolger von Heinrich Gerhardt

Auch standen Vorstandswahlen an. Heinrich Gerhardt schied nach über 40 Jahren aufgrund von Altersgründen aus dem Vorstand aus. Erich Schaumburg dankte ihm für die Arbeit, die er im Vorstand leistete. „Dass ich jetzt gehen muss, daran bin ich ja selbst schuld“, scherzte Gerhardt. „Als junger Mensch habe ich mich für eine Altersgrenze von 65 Jah­ren im Vorstand des Verban­des eingesetzt. Das finde ich heute noch richtig.“ Thomas Rose aus Zierenberg wurde neu in den KBV-Vorstand gewählt. Im Anschluss an die Regularien hielt Professor Dr. Steffen Hoy von der Universität Gießen einen Vortrag zum Thema Lebensleistungen und Tierschutz. Hoy sagte „Grundsätzlich lässt sich sagen, ein krankes Tier kann keine Leistung bringen, umgekehrt gilt: Hohe Leistungen können nur von gesunden Tieren erbracht werden“. Kritiker behaupten oft, Nutztiere würden aufgrund der hohen Leistungen krank. Dass dem nicht so sei, zeigten Studien, die Dr. Hoy teils selbst betreut hat. Demnach waren in den 70-iger Jahren zwischen 28 bis 36 Prozent der Kühe häufiger an Mastitis erkrankt. Die Zahlen der Erkrankungen haben sich nicht geändert, die Milchleistung dagegen sei um rund 5 000 kg im Schnitt gestiegen. „Die Leistung eines Tieres hängt vom Mana­ge­ment ab“, erklärte der Wissenschaftler. Ist das Management schlecht, werden die Tiere krank und die Leistung fällt ab.

Prof. Dr. Steffen Hoy hielt den Gastvortrag beim Kreisbauernverband Kassel.

Foto: Dsc

Auch bei der Ferkelaufzucht steht die Landwirtschaft oft in der Kritik, vor allem wegen der Kastenstände, welche die Ferkel schützen sollen. Diese seien vor allem in Zeiten guter Genetik mit hohen Ferkelzahlen pro Wurf fast uner­setzlich. „Man muss abwägen, was einem wichtiger ist, dass die Sau umherlaufen kann, oder dass möglichst viele Ferkel aus dem Wurf überleben“, sagte Dr. Hoy. „Dieser Diskussion wollen sich Kritiker meist nicht stellen. Dabei ist der Ferkelschutzkorb absolut keine Erfindung der Moderne. In Lehrbüchern aus den 50-iger Jahren wird schon von der Praxis berichtet, die Sau von den Ferkeln abzusperren. Bereits damals hat man sich mit dem Thema Tierschutz sowie Ferkelschutz kritisch beschäftigt. Das hört sich meiner Meinung sehr modern an“, schloss Prof. Hoy den Vortrag der mit viel Applaus bedacht wurde.

F. Wollandt KBV Kassel  – LW 17/2016