Transition Cow Index auch für deutsche Kühe?

Mit dem TCI Mängel bei den Frischabkalbern aufspüren

Dass frischlaktierende Kühe nicht so in die Laktation starten wie gewünscht, kann viele Ursachen haben. Der Transition Cow Index, kurz TCI genannt, kann helfen, Mängel im Management der Frischabkalber in Milchviehbetrieben frühzeitig zu erkennen und abzustellen. Der Erfinder des Index, Prof. Dr. Kenneth Nordlund von der Universität Wisconsin, USA, stellte ihn vergangene Woche auf der Lehr- und Versuchsanstalt Neumühle vor.

In der Transitphase sind Kühe besonders anfällig für Erkrankungen. Die Tiere benötigen eine hervorragende Haltung, sonst leidet auch die Milchleistung.

Foto: Schlag

Die Transitphase, also der Zeitraum drei Wochen vor bis drei Wochen nach dem Kalben, gehört zu den sensibelsten Phasen im Leben einer Kuh. Sie soll ein gesundes Kalb zur Welt bringen und danach ohne gesundheitliche Probleme in die neue Laktation starten. Doch häufig starten die Kühe nur verhalten oder leiden an Stoffwechselerkrankungen, nicht selten subklinisch. „75 Prozent aller Erkrankungen finden in diesem Zeitraum statt, und sie haben den größten ökonomischen Effekt“ erklärte Nordlund. Allerdings werden die Erkrankungen von den Milchviehhaltern weder einheitlich dokumentiert noch immer behandelt, sodass die meisten Betriebe nicht die nötigen Daten haben, um abzuleiten, wie gesund ihre Kühe sind.

Ken Nordlund suchte nach einem Modell, die gesundheitliche Situation in den Betrieben auf Herdenniveau abzubilden und zu verbessern. Er entwickelte vor rund zehn Jahren den Transition Cow Indix (TCI). Der TCI bildet ab, inwieweit die aktuell erbrachte Milchleistung der Frischabkalber der erwarteten Milchleistung entspricht. In die Berechnung fließt nicht nur die aktuelle Milchleistung zum Zeitpunkt der ersten Milchkontrolle mit ein, sondern auch etliche Leistungsdaten aus der vergangenen Laktation wie 305-Tage-Leistung, Zellzahl, Angaben zur Kalbung, Laktationsnummer, Trockenstehzeit oder auch die Rasse. Für die Entwicklung der Schätzformel nutze Nordlund die Daten von 500 000 Kühen aus insgesamt über 4 000 Herden, die aus Programmen zur Verbesserung des Herdenmanagements zur Verfügung standen. Wichtig war ihm dabei, verfügbare Daten zu verwenden, die nicht extra von den Betriebsleitern erhoben werden müssen.

Gutes Werkzeug zur Beurteilung des Herdenmanagements

Der TCI bezieht alle Kühe der Herde ein. Ist er positiv, stimmen die Haltungs- und Fütterungsbedingungen im Betrieb. Ist er negativ, geben die Kühe also weniger Milch als erwartet, deutet dies auf kranke Kühe im Bestand hin. „Der TCI ist ein gutes Werkzeug zur Beurteilung des Herdenmanagements“, erklärte Nordlund. In den USA ist der TCI ein beliebtes Instrument, das viele Betriebe nutzen, um zu sehen, wo sie mit der Tiergesundheit ihrer Herde stehen. Zudem wurde ein Programm entwickelt, dass Risikofaktoren bei den Haltungsbedingungen der Frischabkalber erfasst. Für die Beratung wurden Formblätter entwickelt, anhand dieser alle sensiblen Bereiche im Stall durchgegangen werden und mit Risikofaktoren bewertet werden.„Denn die Haltungsbedingungen in der Transitphase haben einen größeren Einfluss auf die Leistung als die Fütterung“, machte Nordlund deutlich. Vor allem die Stallarchitektur und die Maße von Fressplatz und Liegeboxen sind entscheidend. „Transitkühe brauchen deutlich mehr Platz beim Fressen“, sagte der amerikanische Tierarzt. 75 cm breit sollte ein Fressplatz in der Anfütterungsgruppe und auch bei den Frischabkalbern sein. Liegeflächen mit Sandeinstreu oder tiefer Stroheinstreu sind deutlich positiver zu bewerten als Hochboxen mit Gummibelag. Sind die Liegeboxen zu schmal und die Ställe zu klein, kommen die Kühe nicht ausreichend zur Ruhe. Auch ein zu frühes Umstallen in den Abkalbebereich erhöht das Risiko, optimal sind 1 bis 2 Tage, am besten in sozialen Gruppen. Wenn ein neuer Stall für die Special-Needs-Kühe gebaut wird, sollten auf jeden Fall genügend Plätze vorhanden sein, sodass es nie zu einer Überbelegung kommt. Denn das hat nach Nordlunds Erfahrungen deutlich negative Auswirkungen auf die Gesundheit und damit die Leistung der Kühe. Werden verschiedene Risikofaktoren im Betrieb ermittelt, können diese benannt und abgestellt werden. „Das Transitmanagement lässt sich dadurch beurteilen und verbessern“, fasste Ken Nordlund die Vorteile des Systems, das in den USA patentiert ist, zusammen.

Bachelorarbeit in RLP durchgeführt

Dass dieses System zur Beurteilung der Herdengesundheit auch für deutsche Kühe funktioniert, zeigte Dr. Christian Koch von der Lehr- und Versuchsanstalt Neumühle auf. Im Rahmen einer Bachelorarbeit wurde der TCI für 61 Betriebe in Rheinland-Pfalz, die mehr als 80 Kühe halten und über ein konventionelles Melksystem verfügen, ermittelt. Als Datengrundlage dienten die erfassten Werte aus der Milchkontrolle. „Wir konnten damit abbilden, dass der TCI-Wert negativ mit dem Zellgehalt der Milch zusammenhängt, ebenso mit dem Fett-Eiweiß-Quotienten“, sagte Koch. In den betrachteten Betrieben schwankte der TCI über die Monate. „Daraus kann man ableiten, dass sich in dem Zeitraum etwas geändert hat, etwa durch eine Futterumstellung. Er lässt aber auch den Vergleich zu anderen Betrieben zu“, erklärte Koch.

Im Verbundprojekt Opti-Kuh, an dem alle deutschen Forschungsanstalten und das Bundeslandwirtschaftsministerium beteiligt sind, ist geplant, den TCI für Milchviehherden zu berechnen. „Wir wollen dabei auch die Futteraufnahme einbeziehen“, sagte Koch. Damit wäre der TCI in Zukunft auch in Deutschland nutzbar. Das geht im Moment noch nicht, da sich die Lizenzen in den USA befinden. „Sicher ist auch eine Schulung nötig, um den TCI richtig interüretieren zu können“, so Koch.

ibs – LW 49/2015