Urlaub im „Bunten Kamel“

Deutschlands erstes Inklusionshotel eröffnet

Sabine Graf und Andreas Volkmar aus Lohra im Landkreis Marburg-Biedenkopf haben vor Kurzem ihre Heimatgemeinde verlassen. Von Hessen ging es mit Sack und Pack nach Schleswig-Holstein. Dort erfüllten die Eheleute sich einen Lebenstraum: In Hohwacht im Kreis Ostholstein eröffneten sie das erste Inklusionshotel Deutschlands. Im „Bunten Kamel“ können Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam den Urlaub genießen.

Viel Herzblut und Know-how stecken im Bunten Kamel: Sabine Graf und Andreas Volkmar mit Sohn Christoph und Familienhund Balu.

Foto: Bromm-Krieger

Als Eltern eines Kindes mit Down-Syndrom hatten sie zuvor jahrelang feststellen müssen, wie schwer es ist, ein geeignetes Feriendomizil zu finden. „Unser Sohn Christoph durfte meist nicht an der Kinderbetreuung im Hotel teilnehmen. Der Wunsch, es besser zu machen, hat uns jetzt selbst zu Hotelbesitzern gemacht“, erzählt Andreas Volkmar.

Dabei war es für das engagierte Betreiberehepaar nicht leicht, ein Haus zu finden, in dem der Traum vom eigenen Inklusionshotel Wirklichkeit werden konnte. „Erst das 21. Objekt, das wir besichtigten, war das richtige“, berichten sie. Im ehemaligen Hotel Tannenhof am Rande eines Waldes, nur wenige hundert Meter von der Ostsee entfernt, warten jetzt 60 Betten auf erholungssuchende Feriengäste mit oder ohne Handicaps. Einzelzimmer, Doppelzimmer, Vierbett-Zimmer und zwei Familienappartements für bis zu sechs Personen wurden renoviert und mit Dusche, WC, TV und Minibar ausgestattet. Das Erdgeschoss des Fachwerkgebäudes ist fast komplett barrierefrei. Zwei Appartements für Rollstuhlfahrer mit einem behindertengerechten Bad sollen hier in nächster Zeit noch entstehen.

Unbeschwerte Urlaubszeit

„Wir möchten Gruppen, Schulklassen, Familien und Senioren eine unbeschwerte Zeit schenken, in der sie sich so angenommen fühlen, wie sie sind“, betont Andreas Volkmar. „Ein Lächeln auf das Gesicht der Gäste zu zaubern, ist für uns das Schönste, was es gibt.“

Die Angebote des Hauses ruhen auf drei Säulen. Das Hotel wird privatwirtschaftlich geführt, die Be­treuungsleistungen bietet Ergo­therapeutin Sabine Graf über eine gemeinnützige GmbH mit dem Namen „Das Ergo-Kamel“ an.

Das Bunte Kamel ist nicht nur für Urlaubsgäste da, sondern gleichzeitig Außenarbeitsplatz der Preetzer und Oldenburger Werkstätten. So packen auch Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen im Hotel tatkräftig mit an. Sie sind für Hilfsarbeiten und die Gartenpflege des rund 5 500 Quadratmeter großen Außengeländes zuständig. Ein ambulanter Pflegedienst kommt bei Bedarf ins Haus. „Die Abrechnung der Betreuung und Pflege erfolgt über die Pflegekassen“, informiert Graf und erläutert das Konzept: „Während wir uns mit einem Team von qualifizierten Fachkräften um das Kind mit Behinderung kümmern, können Eltern mit den Geschwisterkindern etwas allein unternehmen oder sich zu zweit einen Spaziergang am Meer gönnen.

Es ist unser Ziel, Eltern, Betreuer und pflegende Angehörige zu entlasten. Sie sollen Kraft und Energie für den Pflegealltag tanken können.“ Dabei zeichnet Andreas Volkmar als gelernter Koch, der ebenfalls die Diätküche beherrscht, für das leibliche Wohl der Feriengäste verantwortlich. Sabine Graf hat vor ihrer Ausbildung zur Ergotherapeutin das Konditorhandwerk erlernt und bietet zum Nachmittagskaffee hausgebackene Kuchen und Torten an.

In einem zweiten Bauabschnitt ist auf dem weitläufigen Gelände des Inklusionshotels die Errichtung einer Halle für Freizeitaktivitäten und Beschäftigungstherapie geplant. „Hier wollen wir Seidenmalen, Serviettentechnik, Arbeiten mit Ton, Holz oder Speckstein anbieten. Schließlich trägt kreatives Tun maßgeblich zu einem gelungenen Erholungsurlaub bei“, wissen die Betreiber. Silke Bromm-Krieger