Ursachen des Insektensterbens ermitteln

Die Untersuchungsergebnisse des Krefelder Entomologenvereins zum Insektensterben waren bereits im Juli von den Medien aufgegriffen worden. Es sind die einzigen vorhandenen Zahlen, mit denen sich der allseits gefühlte Rückgang der Insektenpopulationen in Deutschland belegen lässt. Doch die Zahlen des Vereins stießen schon damals, insbesondere bei der Wissenschaft, auf Kritik, insbesondere, weil nur wenige identische Standorte, und auch nur in Schutzgebieten, über mehrere Jahre hinweg beobachtet wurden.

Die Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift vor einigen Tagen hat an der dürftigen Datengrundlage nichts geändert. Und dennoch wird in den Medien die Publikation der Studie in neuer Form als deren Bekräftigung dargestellt. Die Schlussfolgerung: Jetzt kann man die Ergebnisse nicht mehr als unseriös abtun. Noch schlimmer ist, dass es aufgrund einer unsicheren Datenlage Schuldzuweisungen gibt und einige die Landwirtschaft als Haupttäter hinstellen. Der Grünen-Fraktionschef Hofreiter, promovierter Biologe, hat bereits die eigentliche Ursache herausgefunden: Der Einsatz von Pestiziden und die „leichtfertige“ Zulassung von Neonikotinoiden durch die deutschen und europäischen Behörden. Umweltverbände nehmen die Studie zum Anlass, ihre Forderung nach einer Agrarwende zu bekräftigen.

Das alles ist nicht seriös. Denn richtig ist: Eine umfangreiche Untersuchung des zahlenmäßigen Vorkommens von Insekten an identischen Standorten in mehreren Habitaten, über viele Jahre hinweg, und vor allem eine Ergründung der Einflussfaktoren stehen nach wie vor aus. Dass die Insektenpopulationen geschrumpft sind, ist wahrscheinlich. Jeder, der durch die Natur streift, macht die Erfahrung. Klar ist auch, dass die Landwirtschaft, die erzwungenermaßen in die Natur eingreift, um Nahrungsmittel zu erzeugen, dabei eine Rolle spielt. Die Bauern nehmen das Phänomen des Insektensterbens ernst und legen beispielsweise Blühstreifen an oder nehmen an Naturschutzmaßnahmen teil. Es ist ein gutes Recht des Berufsstandes, auf belastbare Daten zu pochen. Ohne die Ermittlung der Ursachen sind keine zielgerichteten Maßnahmen möglich.

Cornelius Mohr – LW 43/2017