Warmes Frühjahr 2014 begünstigte Buchdrucker

Waldschutzlage in Hessen

Das Jahr 2013 war geprägt von einer entspannten Waldschutzlage, vor allem bei den Borkenkäfern. Witterung und Blattfresser begünstigten allerdings Schäden beim Laubholz. Aktuell wird zu erhöhter Aufmerksamkeit in der Fichte geraten, ebenso wie zur Dokumentation des Fraßgeschehens in der Eiche.

Stark besiedelter Kronenbruch, der massiv Käfer anlockt (Pheromone im Bohrmehl!), aber im Nahbereich wegen Überbesiedelung repellent wirkt, anfliegende Käfer ablenkt und dadurch Befall im Stehenden induziert.

Foto: Habermann

Borkenkäfer: Nachdem bereits in den Vorjahren kaum Schäden durch Borkenkäfer auftraten, setzte sich dieser Trend bis zum Frühsommer 2013 fort. Insbesondere die nasskalte Witterung dürfte dafür verantwortlich gewesen sein. Lokal traten Besiedlungen einzelner Fichten oder kleiner Fichtengruppen auf, deren Brut dann die ab Juli 2013 einsetzende sehr warme Sommerwitterung nutzen konnte. Für einige Regionen, insbesondere in Berglandbereichen, zeichnet sich ab, dass sich die zweite Buchdruckergeneration relativ gut etablieren konnte. Daher wurde der Forstpraxis ab August empfohlen, zeitnah Gegenmaßnahmen zu ergreifen und wenige Borkenkäfer in die Überwinterung entkommen zu lassen. Die Wintermonate sollten dazu genutzt werden, einen Überblick über die Befallslage zu gewinnen und rechtzeitig vor dem Frühjahr Bekämpfungsstrategien zu entwickeln.

Das Frühjahr 2014 war ungewöhnlich warm und trocken, was außerordentlich günstig für Buchdrucker und Kupferstecher war. Intensive Flugaktivität und Besiedelung liegenden Brutmaterials konnte vielerorts bereits Anfang April beobachtet werden. Aber auch in höheren Lagen sind die Käfer bereits im April aktiv geworden. Daraus ergibt sich bei anhaltend warmer Witterung ein bedeutender Entwicklungsvorsprung der ersten Generation. In tieferen Lagen muss ab Ende Mai/Anfang Juni mit dem Flugbeginn der Bruten und damit mit erhöhtem Befallsdruck auch im Bestandesinneren gerechnet werden. Fichtenbetriebe sollten unbedingt die Brutentwicklung am liegenden Material beobachten und gegebenenfalls entsprechende Bekämpfungsmaßnahmen vorbereiten.

Waldmaikäfer: Im Sommer 2013 wurde im Hessischen Ried auf etwa 30 000 Hektar Waldfläche zum zweiten Mal auf einem dauerhaften Raster die systematische Grabung nach Waldmaikäfern durchgeführt (1 392 Rasterpunkte, insgesamt 5 544 Grabungen). Durch die Wiederholungsaufnahme sind neben Aussagen zur aktuellen Befallslage erstmals auch dynamische Auswertungen bezüglich der räumlichen und zeitlichen Veränderungen lokaler Dichten sowie potentieller Ausbreitungen durchführbar. Als wichtigstes Ergebnis konnte für viele Regionen des Hessischen Ried ein deutlicher Dichterückgang an Waldmaikäfern festgestellt werden. Nur in wenigen Regionen kam es zu Ausbreitungen oder Dichteanstiegen. Ursachen für den Dichterückgang konnten bisher nicht gesichert ermittelt werden. Äußerliche Anzeichen für eine zunehmende Parasitierung der Engerlinge waren nicht erkennbar, die Ergebnisse der gesundheitlichen Untersuchungen stehen noch aus. Für das hessische Maikäfervorkommen im Raum Hanau ergaben Probegrabungen nach Engerlingen auf mehreren hundert Hektar sehr hohe, teilweise weiter steigende Maikäferdichten.

Typischer Kronenbruch nach Winterstürmen: günstiger Brutraum für Buchdrucker & Co, der sicher gefunden und genutzt wird.

Foto: Habermann

Eichenfraßgesellschaft: Ältere Eichen zeigen zunehmend Vitalitätseinbußen. Witterungsextreme in Kombination mit wiederholtem, starkem Blattfraß sowie Befall durch Eichenmehltau verstärken die Schäden, sodass viele betroffene Eichen nur wenige Wochen im Jahr eine intakte Belaubung aufweisen. Sekundärschädlinge, wie Prachtkäfer und Wurzelfäulen, können solche vorgeschädigten Eichen zum Absterben bringen. Trotz allgemein rückläufiger Populationsdichten vor allem beim Kleinen und Großen Frostspanner kam es in den vergangenen Jahren lokal zu Licht- und Kahlfraßereignissen. Viele Eichenbestände wurden daher intensiv überwacht. Neben den Frostspannern trat der Eichenprozessionsspinner im Frühjahr 2013 lokal mit hohen Dichten auf.

Fraß auf Beobachtungsflächen

Auf Beobachtungsflächen der NW-FVA war der Blattfraß der Eichenfraßgesellschaft im Frühjahr 2013 insgesamt rückläufig. Anfang Juni 2013 wurden im Reinhardswald auf 11 Flächen Fraßgrade von 0 bis 26 Prozent, im übrigen Hessen auf acht Flächen Fraß von 2 bis 9 Prozent ermittelt. Auch wenn auf den Flächen die durchschnittlichen Blattverluste durch Fraß relativ gering sind, kommen immer einzelne Eichen vor, die deutlich höhere Fraßprozente aufweisen – teils mehr als 65 Prozent.

Frostspanner: In der aktuellen Lage ist überwiegend von einer Retrogradation bei den Frostspannerarten auszugehen, insbesondere weil die Eizahlen der stichprobenartig untersuchten Weibchen deutlich unter 200 Eiern pro Tier lagen. Eine allgemeingültige Aussage über die Fraßdichte und Populationsdynamik der Frostspanner ist selbst für ein räumlich enges und zusammenhängendes Eichenwaldgebiet wie den Reinhardswald schwierig. Das zeigen die Ergebnisse der Überwachung mit Leimringen für das Frühjahr 2014 im Hessischen Forstamt Reinhardshagen. Nachdem hier die Leimringfänge von 2011 auf 2012 in allen Dauer­beobachtungsflächen eine Abnahme der Populationsdichte des Frostspanners anzeigten, stiegen die Weibchenzahlen im Herbst 2013 auf allen sechs Beobachtungsflächen an. Während sie in fünf Beständen unter der Warnschwelle von einem weiblichen Tier/cm-Stammumfang blieben, erhöhten sie sich in einem Alteichenbestand extrem stark von 0,1 weiblichen Tier/cm-Stammumfang auf 2,1 weibliche Tiere/cm-Stammumfang. Ein ähnlich explosionsartiger Anstieg war auch im Stadtwald Frankfurt zu beobachten.

Schwammspinner: Der Schwammspinner wird in einigen hessischen Forstämtern mit Pheromonfallen überwacht. Der Maximalfang pro Falle im Jahr 2013 wurde im Hessischen Forstamt Königstein mit 605 Falter/Falle erreicht, dies ist aber von der Warnschwelle (1 500 Falter/Falle) weit entfernt. Die Ergebnisse der Überwachung mit Pheromonfallen zeigten im Vergleich zu den Fangzahlen der letzten Jahre keine bedeutsamen Veränderungen der Populationsdichten.

Neuartige Blattschäden an Eichen

Im Juni 2013 sind im nordwestdeutschen Raum Schäden an der Belaubung von Eichen aufgefallen, deren Untersuchung ergeben hat, dass sie maßgeblich auf Witterung und Pilze zurückzuführen waren. Die Blattflecken wurden durch Schlauchpilze wie Tubakia dryina oder Apiognomonia quercina verursacht. Diese Pilze sind oft nur im Pflanzengewebe vorhanden, ohne eine Erkrankung hervorzurufen (endophytische Lebensweise). Außergewöhnliche Witterungsverhältnisse stören jedoch die Wirt-Pilz-Interaktion, wobei der Pilz von einer symbiontischen oder endophytischen in eine parasitische oder pathogene Lebensphase übergehen kann.

Eschentriebsterben: Es ist bisher keine Abschwächung des Krankheitsgeschehens zu verzeichnen; auf vielen Flächen wird sogar eine Verstärkung und Ausweitung der Schäden beobachtet. In älteren Beständen führt das Eschentriebsterben bei hohem Infektionsdruck zu einem auffälligen Zurücksterben der Kronen und oft auch zur Bildung sogenannter „Stammfußnekrosen“. Der Befall geht mit weiteren pilzlichen Schaderregern, wie Hallimasch, Samtfußrübling oder Insekten, wie dem Eschenbastkäfer einher. Letztlich kann das Absterben der Bäume Stammentwertungen nach sich ziehen. Bislang gesunde oder nahezu gesunde Eschen sollten in den Beständen auf jeden Fall erhalten werden. Es wird nach wie vor von der Begründung neuer Eschenkulturen abgeraten. Bei hohem Infektionsdruck, zum Beispiel durch Aufforstung in direkter Nachbarschaft von infizierten Eschen, können Infektionsraten bis zu 80 Prozent innerhalb des ersten Standjahres auftreten.

Mehrfacher Kahlfraß schädigt die Eiche und führt zunächst zum Absterben von Zweigen und Ästen in der Krone bis hin zum Absterben von Bäumen und Beständen.

Foto: Habermann

Wurzelpathogene Pilze: In Nordhessen sind schlechte Vitalitätszustände und teilweise Absterbeerscheinungen an mittelalten Douglasien beobachtet worden, die vom Kiefernwurzelschwamm befallen waren und infolge vielfältiger Schwächungen vermehrt Rußige Douglasienschütte aufwiesen. Außerdem wurde das Diplodia-Triebsterben endophytisch in grünen Zweigen nachgewiesen. Bei Stress auslösenden Witterungsbedingungen oder einer weiteren Schwächung der Bäume, wie durch Wurzelschwamm-Angriffe, muss dann mit einem Ausbruch des Diplodia-Triebsterbens gerechnet werden. Absterbeerscheinungen durch Hallimaschbefall traten in Zusammenhang mit dem Eichensterben und dem Eschentriebsterben auf.

Schäden in Douglasien: Im Frühjahr 2013 fielen in Nord- und Mittelhessen an jüngeren Douglasien abgestorbene braune Äste bis hin zu abgestorbenen Kronenteilen auf. Die Untersuchung des Schadgeschehens ergab, dass wahrscheinlich eine Vorschädigung der Douglasien durch die tiefen Temperaturen im März/April 2013 vorlag. Der Furchenflüglige Fichtenborkenkäfer (Pityophthorus pityographus; Größe: 1,1 bis 1,5 mm) nutzte anschließend die Möglichkeit, geschwächte Douglasien vornehmlich an den Zweigansätzen zu besiedeln. Vereinzelt kamen auch Kupferstecher und Gekörnter Fichtenborkenkäfer (Cryphalus abietis) vor. Der Borkenkäferbefall an Zweigansätzen und an den Douglasienstämmen führte zum Absterben von Ästen und Kronenteilen.

Dr. Michael Habermann – LW 20/2014