Wildschadensersatz auch für „Bioenergiemais“

Aktuelles Urteil des Amtsgerichts Rockenhausen

Von Zeit zu Zeit bewegt die Gemüter und beschäftigt die Gerichte die Frage, ob Wildschaden, der an Bioenergiemais verursacht wird, ersatzpflichtig ist. Nach erbitterten Auseinandersetzungen war lange Zeit weitgehend Konsens, dass Bioenergiemais grundsätzlich ersatzpflichtig ist, auch wenn er nicht vom Landwirt eingezäunt wird. Nahezu einhellige Meinung war, dass es sich bei Bioenergiemais nicht um eine „Sonderkultur“ im Sinne des § 32 Absatz 2 Bundesjagdgesetz handelt.

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Rockenhausen muss Scha­­den im Mais, auch wenn der in einer Biogas­an­lage gewerblich verwertet wird, ersetzt werden.

Foto: Michael Breuer

Entsprechend war der Bioenergiemais genau so wie der „normale“ Mais zu behandeln, der an Kühe verfüttert wird. Neuerlicher Schwung, ob Wildscha­den an Bioenergiemais zu ersetzen ist oder nicht, brachte ein Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 15. Dezember 2014, das mit Schlagzeilen wie „kein Wildschadensersatz für Biogas-Mais“, „Urteil mit Signalwirkung? Kein Schadensersatz für Biogas-Mais“ oder „Wildschaden an Biogas-Mais – Sauen naschen zum Nulltarif“ durch die Jagdpresse einher ging. Dies verwunderte insbesondere, als das Landgericht Hildesheim erst kurz zuvor mit Urteil vom 4. Juli 2014 sehr gut begründet ausgeführt hatte, dass Bioenergiemais kein hochwertiges Handelsgewächs und damit nicht als sogenannte Sonderkultur vom Landwirt einzuzäunen ist.

Das Amtsgericht Plettenberg hatte allerdings insofern einen Sonderfall zu beurteilen, als sich der Jagdpächter vertraglich nur verpflichtet hatte, für auf landwirtschaftlich genutzten Flächen entstehenden Wildschaden aufzukommen. Das Amtsgericht war dann zu der Auffassung gelangt, dass der Anbau von Bioenergiemais keine landwirtschaftliche, sondern gewerbliche Nutzung darstelle und hatte mit dieser Begründung Ansprüche des Landwirtes gegen den Jagdpächter verneint. Das Gericht hatte nicht zu entscheiden, ob im konkreten Fall der Eigenjagdbesitzer oder im Falle der Verpachtung durch eine Jagdgenossenschaft diese den Wildscha­den hätte ersetzen müssen.

Das Amtsgericht Rockenhausen hat nun mit Urteil vom 2. August 2016 mit wünschenswerter Klarheit unter Verweis auf das vorgenannte Urteil des Landgerichts Hildesheim zunächst bestätigt, dass Bioenergiemais keine Sonderkultur ist. Es hat sich weiter mit dem oben genannten Urteil des Amtsgerichtes Plettenberg auseinandergesetzt und im Wesentlichen festgestellt, dass Maisanbau sehr wohl eine landwirtschaftliche (und keine gewerbliche) Nutzung ist. Es komme insoweit nicht darauf an, zu welchem Zweck die Pflanzen später möglicherweise verwendet werden.

Späterer Verwendungszweck muss vorher nicht definiert sein

Das Gericht hatte sich weiter mit der Frage des Mitverschuldens zu beschäftigen und hat auch in diesem Zusammenhang unter Bezugnahme auf das Ur­teil des Landgerichts Trier vom 3. April 2012 sowie oben genanntes Urteil des Landgerichts Hildesheim mit deutlichen Worten festgestellt, dass der Landwirt grundsätzlich nicht verpflichtet ist, von sich aus Schutzvorrichtungen zu errichten. Der Landwirt sei auch nicht gehindert, wildgefährdeten Anbau in Waldrandnähe zu betreiben. Schließlich sei er nicht verpflichtet, von vornherein auf seinen bewirtschafteten Feldern Sicht- oder Bejagungsschneisen anzulegen. Die Frage, ob der Landwirt hierzu verpflichtet ist, wenn der Jagdpächter entsprechende Forderungen aufstellt (so wohl das Landgericht Trier in oben genannten Urteil), hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Das lesenswerte Urteil ist bisher nicht rechtskräftig. Mit Spannung kann die Entscheidung des Berufungsgerichtes erwartet werden, das zu einigen ak­tu­­ell im Bereich des Wildschadenser­satz­­rechts diskutierten Fragen Stel­lung nehmen darf.

RA Björn Schöbel – LW 14/2017