Winterweizen bleibt die bedeutendste Frucht
LSV Winterweizen in Rheinland-Pfalz 2017
Auch in diesem Jahr werden Erträge und Qualitäten als sehr heterogen eingestuft, je nach Standort und örtlichen Witterungsverhältnissen. Dr. Albert Anderl und Marko Goetz vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach berichten über die Erfahrungen und Ergebnisse aus den Landessortenversuchen in Rheinland-Pfalz.
Das erste Halbjahr 2017 war geprägt von Trockenheit. Bereits ab Februar/März entwickelten sich die Wasserbilanzen in weiten Teilen des Landes negativ, was bedeutet: Die Niederschläge konnten den Wasserverbrauch auf den Flächen nicht mehr ausgleichen. Mit Beginn der Erntearbeiten wurde das Wetter sehr wechselhaft mit häufigen Niederschlägen, teilweise auch Starkregen mit den bekannten Ertrags- und Qualitätsschwankungen. Betrachtet man die Anbauflächen, so ist Winterweizen eindeutig der „König“ unter den Ackerbaukulturen. Nach 114 800 ha im Vorjahr wird der Anbau diesjährig auf etwa 113 400 ha geschätzt. Damit bleibt sein Anteil bei etwa 30 Prozent der rheinland-pfälzischen Ackerfläche und Winterweizen ist damit mit großem Abstand die bedeutendste Frucht im Land. Es folgen Winterraps als zweitwichtigste Ackerkultur mit 42 400 ha und Wintergerste mit 38 000 ha. Der hohe Anteil an Winterungen und hier vor allem der Winterweizen bringt aber auch zwangsläufig Fruchtfolge- und Resistenzprobleme mit sich, die zunehmend schwerer zu bewältigen sind.Sortenwahl unter der neuen Düngeverordnung
Die Qualitätsbeurteilung von Winterweizen dürfte unter dem Regime der neuen Düngeverordnung heftig diskutiert werden. Bislang ist der Rohproteingehalt meist das Maß aller Dinge, wenn es um die schnelle Beurteilung der Qualität geht. Nach der neuen Düngeverordnung gelten je nach Qualitätsgruppe unterschiedliche N-Bedarfswerte, wobei die N-Bedarfswerte auch den Nmin-Gehalt des Bodens beinhalten.
Folgende N-Bedarfswerte als kg N je ha gelten für ein Ertragsniveau von 80 dt/ha:
E-Sorten: 260 kg N A- und B-Sorten: 230 kg N
C-Sorten: 210 kg N
Soviel zur Planung der N-Düngung. Letztendlich entscheidend ist allerdings der tatsächlich erzielte Ertrag und der dazugehörige Rohproteingehalt, denn daraus errechnet sich der tatsächliche N-Verbrauch je ha. Bildet man nun die Differenz aus N-Düngung und N-Verbrauch, so muss die Bilanz im dreijährigen Mittel unter 50 kg N je ha liegen.Die interessante Frage in Zusammenhang mit der Sortenwahl lautet: Mit welcher Sorte kann ich gute Erträge mit guter (ausreichender) Qualität erzielen und gleichzeitig meinen N-Bilanzwert einhalten? Eine weitere Frage, die sich immer dringender stellt, lautet: Ist für eine gute Backqualität immer auch ein hoher Rohproteingehalt nötig? Es ist zu vermuten, dass durch den Druck der neuen Düngeverordnung hier intensiver geforscht wird und hoffentlich auch Alternativen aufgezeigt werden.
LSV 2017: Erst Sonne, dann Regen
Wie bereits erwähnt, waren von Ausgang Winter bis in den Juni fehlende Niederschläge das Hauptthema. In der Konsequenz entwickelten sich kaum Krankheiten in den Beständen und auch die Standfestigkeit der Sorten wurde in diesem Zeitraum nicht getestet. Auch der in Jahren 2015 und 2016 stark auftretende Gelbrost war diesjährig in unseren Versuchen kein Thema, während Braunrost, der Wärme bevorzugt, an zwei Standorten relevant wurde. Fasst man die Versuche grob zusammen, so kann man sagen: Tausendkornmasse und Hektolitergewichte liegen unter den Werten der Vorjahre, während für Rohprotein teilweise höhere Gehalte als in den Jahren 2015 und 2016 gemessen wurden. Zur Ernte 2017 wurden in Rheinland-Pfalz sechs Landessortenversuche zu Winterweizen angelegt. Für die Serienauswertung wurden letztendlich fünf Versuche gewertet. Üblicherweise erfolgen die Prüfungen in zwei Intensitätsstufen, wobei die Sorten in der ersten Stufe ohne Fungizidbehandlung und ohne beziehungsweise mit reduziertem Wachstumsreglereinsatz geprüft werden. In der zweiten Stufe werden in Abhängigkeit von der Befallssituation Fungizide zur Behandlung von Blattkrankheiten beziehungsweise Wachstumsregler zur Absicherung der Standfestigkeit eingesetzt.
Kaum Mehrertrag durch Behandlung
Tabelle 1 stellt zunächst die relativen Ertragsergebnisse der rheinland-pfälzischen Standorte des Jahres 2017 dar. Betrachtet man das Mittel der Verrechnungssorten (VRS) Elixer, RGT Reform und Bonanza in der intensiven Behandlungsstufe 2, so erkennt man die deutlichen Ertragsunterschiede zwischen den Standorten, die von 76,9 dt/ha in Ober-Flörsheim bis 100,0 dt/ha in Kümbdchen schwanken. Lenkt man nun den Blick auf die Unterschiede zwischen Stufe 1 und Stufe 2, so wird deutlich, dass der wesentlich geringere Befallsdruck durch Krankheiten und durch Lager dazu geführt hat, dass die Ertragsunterschiede eher gering ausfallen. Lediglich am Westerwaldstandort Nomborn beträgt der Ertragsvorteil von Stufe 2 gegenüber Stufe 1 im Mittel der Verrechnungssorten17 Prozent. Im Gegensatz dazu liefern beide Stufen am Eifelstandort Wiersdorf in etwa gleich Erträge. Das ist auch der Standort, der am meisten unter den trockenen Verhältnissen gelitten hat. In Tabelle 1 sind die Sorten gemäß Qualitätsgruppe, und innerhalb der Quaitätsgruppe nach dem Ertrag in Stufe 2 sortiert, da es kaum Sinn macht, die Erträge von E-Sorten direkt mit denen von B- oder C-Sorten zu vergleichen. Innerhalb der E-Sorten liefert Barranco die höchsten Erträge und erreicht mit 102 Prozent diesjährig das Niveau von A- und B-Sorten. Bei den A-Sorten bilden die Sorten Hyvento (Hybride), Apostel und Kashmir eine gewisse Spitzengruppe, die nachfolgenden Sorten liegen allerdings dicht auf. RGT Aktion weist jedoch deutlich geringere Erträge auf. Bei den B-Sorten reicht die Spanne von 102 Prozent für Bonanza, Porthus und Bergamo bis zu 98 Prozent für Benchmark, Kamerad, KWS Talent und Partner. Dies zeigt, wie hoch die Leistungsdichte ist. Bei den C-Sorten liegen Sheriff und Elixer deutlich vor Bruce.
Ein Jahr ist kein Jahr
Die Sorten müssen sich über die Standorte und die Jahre hinweg als ertragsstabil erweisen. Und welche Anforderungen das nächste Jahr an die Sorten stellt, weiß heute noch niemand. Auskunft darüber geben mehrjährige Ertragsauswertungen wie sie in Tabelle 2 dargestellt sind. Hier sind die Mittelwerte der Relativerträge der Jahre 2013 bis 2017 (rechte Spalten) nach Qualitätsgruppen getrennt für Rheinland-Pfalz aufgeführt. Mehrjährige Auswertungen führen in der Regel dazu, dass sich die Erträge der Sorte annähern. Zu beachten ist auch die Anzahl Orte, die in die jeweilige Auswertung eingeflossen sind. Je mehr Standorte eine Sorte aufweisen kann, desto stabiler ist der ermittelte Ertragswert. Bei den E-Sorten bleibt es dabei, dass Barranco die höchsten Erträge erzielen kann. Jedoch muss gerade in diesem Segment die Qualität und die Akzeptanz der Sorte bei den Verarbeitern beachtet werden. Bei den A-Sorten liegen Apostel, RGT Reform und Kashmir (noch relativ wenig Ergebnisse) etwas vor den übrigen Sorten. Auch die Sorte Chiron ist noch recht neu. Die besten B-Sorten starten mit Benchmark, Porthus und Bergamo bei 103 Prozent, aber der Abstand der folgenden Sorten ist gering. Die Sorte Bosporus liegt nur 5 Prozent unter den Spitzensorten. Im Vergleich mit den A-Sorten kann man etwa 2 bis 3 Prozent Ertragsvorteil der B-Sorten erkennen. Die C-Sorten Sheriff und Elixer liegen mit 104 und 102 Prozent in etwa gleichauf, und nur wenig über den B-Sorten. Die vorangegangenen Bewertungen haben sich auf die Stufe 2 bezogen. Ein Blick auf Stufe 1 macht deutlich, welche Sorten auch mit einer etwas extensiveren Bestandesführung (weniger Fungizide und/oder Wachstumsregler) auskommen. Zu erwähnen sind Sorten, die über 90 Prozent in Stufe 1 liegen wie Apostel, Porthus, Desamo, Sheriff und Elixer.
Überregionale Ertragsauswertungen
Eine weitere, sehr aussagekräftige Entscheidungshilfe ermöglichen die mehrjährigen, überregionalen Ertragsauswertungen für bestimmte Anbauregionen. In Tabelle 3 sind am Beispiel der A- und B-Sorten die mehrjährigen Ergebnisse aus Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz in den jeweiligen Anbaugebieten aufgelistet. Das Anbaugebiet „Wärmelagen Südwest“ umfasst in Rheinland-Pfalz Rheinhessen, Teile des Donnersbergkreises und die Vorderpfalz, die „Mittellagen Südwest“ die Voreifel und die Westpfalz und schließlich die „Höhenlagen Südwest“ den Westerwald, den Hunsrück und die Hocheifel. Auch hier sollte man auf die Anzahl der Standorte, an denen eine Sorte geprüft wurde, achten. Die schon sehr breit geprüfte und im Anbau verbreitete Sorte RGT Reform kann bei den A-Sorten als Anhaltspunkt dienen, da sie auch sehr nah an der 100 Prozent Marke liegt. Die neuere Hybridsorte Hyvento kann sich in den Höhenlagen etwas absetzen, aber auch Apostel kann sich bei oder vor RGT Reform einordnen. Nordkap erzielt in den LSV Erträge, die etwas unter denen von RGT Reform, aber über Pionier und Patras liegen. Im B-Segment können die breit geprüften Sorten Rumor und Desamo als Referenz dienen, wobei Desamo ertraglich deutlich unterdurchschnittlich abschneidet, aber durchaus andere Vorteile wie Winterhärte und Gesundheit aufweisen kann. Benchmark und Porthus landen in allen Anbaugebieten unter den Top 3, allerdings sei hier schon darauf hingewiesen, dass die Winterfestigkeit bei diesen Sorten problematisch werden kann. Zu dieser Gruppe gehört auch Bergamo. LG Imposanto muss sich erst noch weiter bewähren, da hier noch zu wenige Ergebnisse vorliegen.
Fusarium ist auch eine Sortenfrage
Die Landessortenversuche werden auch dieses Jahr auf DON-Gehalte untersucht. Die zurzeit vorliegenden Ergebnisse zeigen deutlich, dass bei einer rechtzeitigen Ernte keine DON-Probleme auftraten, dagegen auf Standorten mit Niederschlägen zur Ernte deutlich erhöhte DON-Werte ermittelt wurden. Das Thema Fusarium muss also immer im Auge behalten werden, zumal das Infektionsrisiko beim Anbau von Weizen nach Mais mit nicht wendender Bodenbearbeitung und bei anfälligen Weizensorten zusätzlich erhöht wird. Ein wesentlicher Faktor, das Fusariumrisiko abzumildern, ist und bleibt die Sortenwahl. In der Übersicht werden die Sorten aufgelistet, die vom Bundessortenamt aufgrund spezieller Versuche mit den Noten „2“ oder „3“ in der Anfälligkeit für Ährenfusarium eingestuft sind.
– LW 36/2017