Ziele von Landwirtschaft und Naturschutz – eine Annäherung

Naturschutz zu Gast bei der Landwirtschaftsammer

Die Diskussionen um Biodiversität, Bienenschutz, Massentierhaltung und Klimawandel hat die Landwirtschaft erreicht. Gerade die Naturschutzverbände stellen die Landwirtschaft dabei immer wieder in ein kritisches Licht, obwohl gerade in Rheinland-Pfalz der Erhalt einer bäuerlichen Landwirtschaft von allen Seiten erwünscht ist.

In der Ausschusssitzung Raumordnung, Regionalentwicklung und Naturschutz der Landwirtschaftskammer zeigte sich, dass Naturschutz und Landwirtschaft oft auch gemeinsame Ziele verfolgen.

Foto: lwk rlp

Der Ausschussvorsitzende des Ausschusses Raumordnung, Regionalentwicklung, Naturschutz, Ludwig Schmitt aus Finthen, war mit dem Geschäftsführer des Ausschusses, Ralph Gockel, daher zu dem Ergebnis gekommen, gerade in der heutigen Zeit das Gespräch mit dem Naturschutz zu suchen. Aus diesem Grund wurde zur letzten Ausschusssitzung die Vorsitzende des Naturschutzbundes Rheinland-Pfalz (NABU RLP) Cosima Lindemann eingeladen.

Neben den 25 Ausschussmitgliedern waren auch zahlreiche Vorstandsmitglieder der Landwirtschaftskammer (LWK) der Einladung gefolgt. Rita Lanius Heck, Walter Clüsserath, Ökonomierat Heribert Metternich und im Verlauf der Sitzung auch Eberhard Hartelt sowie Kammerpräsident Ökonomierat Norbert Schindler waren auf das Thema Naturschutz aber auch auf weitere Tagesordnungspunkte gespannt. Neben der AktionGrün standen auch die Düngeverordnung und die Ausweisung der roten Grundwasserkörper sowie die Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete in Rheinland-Pfalz auf der Tagesordnung.

Oft liegen die Ziele nicht weit auseinander

Das Gespräch mit Cosima Lindemann vom NABU war offen und konstruktiv. Im Laufe der Diskussion zeigten sich eine ganze Reihe von Punkten, in denen die Ziele von Landwirtschaft und Naturschutz nicht weit auseinander liegen. Moderne Landwirtschaft und Biodiversität seien keine Gegensätze, man nehme deutlich wahr, wie viel Landwirte und Winzer für den Naturschutz heute schon tun. Für beide Seiten ist aber klar, dass Maßnahmen für den Artenschutz und die Biodiversität auch einkommenswirksam sein müssen und die Gesellschaft (und der Lebensmittelhandel) nicht aus der Verantwortung gelassen werden dürfen.

Gemeinsam gegen den Flächenverbrauch vorgehen

Dass Naturschutz in den Betrieben flexibel umgesetzt werden kann und muss, sah Cosima Lindemann am Beispiel des F. R. A. N. Z.-Projektes, das sie gerne unterstützt und zu einer weiteren Verbreitung beitragen möchte. Auch beim Thema Flächenverbrauch liegen die Ziele eng beieinander. Hier gilt es gemeinsame Wege zu bestreiten und sich mit Kommunen und Planungsträgern auch zu streiten. Das Gleiche gilt auch für die gemeinsame Kritik an den Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen.

Aber es gab auch offene Fragen, nämlich wie der NABU zur Nutztierhaltung in konventionellen Betrieben steht, wie wir in Zukunft mit dem Wolf umgehen und welche Bekämpfungsmöglichkeiten wir auf extensiven Standorten für das Jakobskreuzkraut zulassen wollen. Betont wurde, dass es auf regionaler Ebene eigentlich schon ganz gute Kontakte der Landwirtschaft zum Naturschutz gibt. Dies sollte intensiviert werden, indem man Vertreter des Naturschutzes zu den Bauernverbänden einlädt und umgekehrt. Rita Lanius Heck schlug konkret vor, dass die NABU-Jugendorganisation NAJU gezielt eingeladen werden solle, Betriebe zu besuchen. Möglicherweise, so Matthias Müller, am gleichen Tag in einen konventionellen und einen ökologisch wirtschaftenden Betrieb, um aufzuzeigen, dass es bei der Tierhaltung kaum Unterschiede gibt. Der Vorschlag wurde von Lindemann dankbar angenommen, Gockel wird sich diesbezüglich mit ihr in Verbindung setzen.

Der besseren Kommunikation könnte auch die Idee dienen, dass sich die Landwirtschaftskammer bei einer der nächsten Kreisbereisungen von Präsident Schindler mit dem NABU zwecks gemeinsamer Betriebsbesuche kurzschließt. Der Ausschussvorsitzende Ludwig Schmitt begrüßte die Diskussion mit dem NABU und sah dies als den Anfang eines Prozesses, der weiterentwickelt werden muss.

Aktion Grün wenig attraktiv für Landwirtschaft

In einem weiteren Tagesordnungspunkt referierte Brigitte Leicht vom Umweltministerium über die Aktion Grün. Das Land stellt dem Umweltministerium pro Jahr 2,5 Mio. Euro für die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie des Landes zu Verfügung. Die Ausschussmitglieder wollten gerne erfahren, inwieweit die von der Landwirtschaft geforderten Beiträge zu Biodiversität über diese Aktion mitfinanziert werden können. Zwar gibt es in Rheinhessen ein Projekt des BUND, der mit Landwirten und Winzern zusammenarbeitet, aber ansonsten hat es in den letzten drei Jahren nicht viele landwirtschaftliche Projekte gegeben, die aus dem Topf Aktion Grün finanzierten werden konnten.

Die Diskussion der Ausschussmitglieder führte zu dem Eindruck, dass das Konzept der Aktion Grün nur sehr wenig auf den Partner Landwirtschaft zugeschnitten ist, es werden eher Naturschutzorganisationen bedient. Bei Beweidungsprojekten wünschten sich die Ausschussmitglieder, dass auch normale Rassen berücksichtigt werden und nicht nur Extensivrassen. Auch wünschten sich die Betriebe kompetente Berater aus dem Bereich Naturschutz. Die Biotopbetreuer sind vielfach nicht bekannt. Der Ausschussvorsitzende Schmitt sah in der Aktion Grün zusammenfassend im Moment nur wenige Ansatzpunkte für eine Erweiterung der Kooperation der Landwirtschaft mit dem Naturschutz.

Und noch ein weiteres Naturschutzthema war Gegenstand der Sitzung der Ausschusssitzung. Sarah Wirtz vom Landesjagdverband stellte das Projekt Wildschutzprogramm Feld und Wiese vor, bei dem es um die Lebensraumverbesserung für Niederwild, das Anlegen von Beetle-Banks und den Schutz vor Prädatoren geht. Gezielt sollen Landwirte und Jäger in der Beratung angesprochen werden, was auch sehr gut gelingt. So konnten in 2018 42 ha Blühmischungen angelegt werden, in 2019 schon 464 ha. Außerhalb des Greenings werden vom Landesjagdverband 80 Prozent der Saatgutkosten erstattet und 200 Euro zusätzliche Aufwand­erstattung gewährt.

Eine weitere Aktivität liegt in der Vermittlung, Information und Beratung von und zu Fanggeräten für Wild, was von den Jägern sehr gut angenommen wird. In Ausnahmefällen können in ausgewählten Räumen die Fallen bezuschusst werden.

Für die weitere Entwicklung der Kooperation von Jägern, Landwirten und Naturschützern sah Wirtz eine flexiblere Ausgestaltung der Mulchverpflichtungen und eine Intensivierung der betriebsintegrierten Beratung. Ob es immer autochthones Saatgut sein muss, das verwendet wird, wurde von ihr nach Rückfrage von Dieter Feldner, dem Geschäftsführer der Stiftung Kulturlandschaft RLP auch kritisch gesehen.

Dr. Dieter Reinecke aus dem Wirtschaftsministerium ging in einem weiteren Tagesordnungspunkt auf die Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete in Rheinland-Pfalz ein. Von bislang 538 646 ha verbleiben nun nur noch 412 632 ha. Das Ministerium arbeitet aber zusammen mit dem Statistischen Landesamt und nach Rücksprache mit der Landwirtschaftskammer und den Bauernverbänden an weiteren Kriterien (unterschwellige Merkmale), damit weitere spezifische Gebiete als sogenannte benachteiligte Gebiete ausgewiesen werden können.

Sehr lebhaft wurde die Diskussion beim letzten Tagesordnungspunkt der Ausschusssitzung. Unter reger Beteiligung von Kammerpräsident Schindler, Vorstandsmitglied Hartelt und allen Ausschussmitgliedern wurde deutlich, wie unsinnig die Umsetzung der Düngeverordnung auf der Basis der sogenannten roten Grundwasserkörper ist. Jürgen Stein aus der Abteilung Wasserwirtschaft im Umweltministerium machte deutlich, dass die Abgrenzung der Grundwasserkörper nach einem EU-weiten und bundesweit vereinbarten Verfahren gelaufen ist und seit fast 20 Jahren Bestand hat.

Rote Grundwasserkörper – wenig sinnvolle Abgrenzung

Die Definition „rot“ haben die Grundwasserkörper aufgrund hydrologischer Eigenschaften und der anzutreffenden Nutzung und einiger weniger Messwerte erhalten. Dies ist aber nur die Berichtspflicht des Landes und des Bundes gegenüber der EU, wenn man von gefährdeten Grundwasserkörpern spricht, in denen möglicherweise ein besonderer Handlungsbedarf besteht. Präsident Schindler sah es als Missbrauch an, wenn alle Landwirte in diesen Gebieten nun pauschal zusätzliche Bewirtschaftungsauflagen erfüllen müssen. Die neue Düngeverordnung verlangt von den Ländern zusätzliche Maßnahmen in diesen Gebieten, die im Rahmen einer Verordnung umgesetzt werden sollen.

Die Landwirtschaftskammer hat nach Beratung in der Ausschusssitzung beschlossen, diese Maßnahmen nicht zu akzeptieren und vom Wirtschaftsministerium eine Aussetzung zu verlangen, bis eine tragbare Verantwortlichkeit geklärt ist. Vorstandsmitglied Hartelt wies darauf hin, dass es zweifellos auch Verursacher in den Reihen der Landwirtschaft gibt, die für Nitratüberschüsse im Grundwasser verantwortlich sind, mit den derzeitigen Vorschlägen der Umsetzung werden aber alle Landwirte in einem roten Grundwasserkörper pauschal bestraft, ohne in der Verantwortung zu stehen. Leider steht die Antwort aus dem Wirtschaftsministerium noch aus.

Zum Abschluss der Sitzung informierte Geschäftsführer Ralph Gockel die Mitglieder über die Geobox des Landes und das Projekt der Berechnung einzelbetrieblicher Treibhausgasbilanzen in landwirtschaftlichen Unternehmen. An dem Projekt werden sich sechs Mitglieder aus dem Ausschuss beteiligen.

Es war eine intensive Sitzung, so der Ausschussvorsitzende Ludwig Schmitt, aber bei den Diskussionen um Wasserschutz, um Klimaschutz und um Biodiversität müssen Landwirte und Winzer mehr Führung übernehmen, um aus der defensiven Haltung heraus zu kommen.

Das ist mit der Sitzung hervorragend gelungen und muss fortgesetzt werden, so Ludwig Schmitt bei der Verabschiedung der Mitglieder und Gäste des Ausschusses Raumordnung der Landwirtschaftskammer.

R. Gockel – LW 30/2019