Zuckersteuer versus Ernährungsbildung

Im Kampf gegen Übergewicht und Fettleibigkeit hat Großbritannien vergangene Woche eine schon länger angekündigte Steuer auf zuckerhaltige Getränke eingeführt und damit den Druck auf andere westliche Länder mit dem gleichen Problem verstärkt, nachzuziehen. In Frankreich liegen bereits fortgeschrittene Pläne dafür vor. Und auch in Deutschland gibt es viele Befürworter für eine Steuer. Sie hat den Vorteil, dass sie den Verbraucher sehr konkret konfrontiert. Ist er bereit, umgerechnet 20 Cent pro Liter mehr für Limonade mit hohem Zuckergehalt auszugeben wie im Falle Großbritanniens? Kauft er alternativ etwas „Gesünderes“? Und reagiert die Industrie mit veränderten Rezepturen? Die beiden ersten Fragen werden in der nächsten Zeit beantwortet werden, die Reaktion der Industrie ist schon teilweise eingetreten: Die Hälfte der Limonadenhersteller in Großbritannien soll bereits den Zuckergehalt in den Getränken reduziert haben und damit nebenbei auch die vom Staat erhofften Steuereinnahmen.

Die Entwicklung des Verbraucherverhaltens auf der Insel wird aus Sicht von Gesundheitspolitikern interessant sein. In Mexiko soll eine entsprechende Steuer, die vor einigen Jahren eingeführt wurde, zu einer Reduzierung des Zuckerkonsums geführt haben. Die Haltung von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, eine Besteuerung abzulehnen und auf Ernährungsbildung und Verbraucheraufklärung zu setzen, wie es im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, wird es deshalb schwer haben. Dennoch führt kein Weg an diesen Maßnahmen vorbei. Sie bestärken den mündigen Bürger und befähigen ihn, bewusste Entscheidungen zu treffen. Auch in Zukunft wird er das gleichwohl nicht immer vernunftgesteuert tun. Es ist aber besser, als ihn als Staat zu bevormunden, dessen Motivation wegen der zusätzlichen Steuereinnahmen nicht hundertprozentig glaubwürdig ist.

Das Problem einer Besteuerung ist aber auch, wo fängt man an, wo hört man auf? Zucker ist nur ein Nahrungsmittelbestandteil. Soll es demnächst auch zusätzliche Steuern auf Fett, auf Fleisch oder auf Fast Food geben, weil auch sie natürlich zum Übergewicht beitragen können?

Cornelius Mohr – LW 15/2018