Das Anbaujahr 2015 war kein Haferjahr

Anbausituation und Landessortenversuche Sommerhafer 2015

Die Sommerhafer-Anbauflächen haben sich 2015 wieder etwas erholt und liegen in Hessen nun bei 9700 ha. Bei der Standortwahl werden dem Hafer aber oft nicht die geeigneten Flächen zugewiesen. Zu oft steht er auf Grenzstandorten, wo er sein Potenzial nicht ausschöpfen kann. Das Ertragsniveau aus der Besonderen Ernteermittlung des BMEL liegt für Hessen bei mageren 44,1 dt/ha, aber auch bundesweit konnten die Erträge mit durchschnittlich 46,4 dt/ha nicht überzeugen.

Geringere Bestandesdichten, aber sehr gute Kornausbildung kennzeichnen die Landessortenversuche in Hessen.

Foto: Käufler 2015

Hafer stellt hohe Ansprüchen an die Bodenfeuchte und tat sich in der Jugendentwicklung unter dem Einfluss der Frühjahrs- und Frühsommertrockenheit schwer. Zwar kamen die Pflanzen nach einer zügigen Keimung und Auflaufphase zunächst gut in Gang und profitierten von den guten Aussaatbedingungen, dann wurde das Wasser allerdings schnell knapp. Somit blieben die Bestände schwach bestockt und es fehlte die für hohe Erträge notwendige Anzahl rispentragenden Halme.

Landessortenversuche 2015 mit neun Sorten

Nachdem 2014 in den hessischen Landessortenversuchen (LSV) die besten Sorten über 90 dt/ha erreicht hatten, blieben die Durchschnittserträge 2015 mit 66,8 dt/ha witterungsbedingt deutlich darunter. Die beiden hessischen Standorte Korbach (Hof Lauterbach) und Bad Hersfeld (Eichhof) repräsentieren die Hauptanbauregionen für Sommerhafer, der überwiegend in den feucht-kühleren Mittelgebirgsregionen seinen Platz findet. Das Prüfsortiment 2015 bestand aus neun Sorten, davon ein Weißhafer. Die Sorte Tim konnte wegen Abweichungen in der Saatgutqualität nicht ausgewertet werden. Die beiden Qualitätssorten Scorpion und Ivory standen nur am Eichhof als Qualitätsstandards zusätzlich in der Prüfung. Die drei neuen Gelbhafer des Bundessortenamtes (BSA), Apollon, Bison und Yukon, wurden erstmals geprüft.

Die Aussaat erfolgte in Bad Hersfeld Mitte März, in Korbach erst Mitte April. Wegen der Trockenheit blieben die Bestockungsraten gering. Nennenswerte Niederschläge traten erst in der zweiten Junihälfte auf. Davon konnten die Pflanzen für die Kornfüllung noch profitieren, was sich in der sehr guten Kornausbildung widerspiegelt. In Korbach wurden im Durchschnitt in „unbehandelt“ nur 58,2 dt/ha, und damit 30 dt/ha weniger geerntet als im Vorjahr. Trotz insgesamt nur geringem Krankheitsbefall (spät trat etwas Mehltau auf), erzielte die Pflanzenschutz- und Wachstumsreglerbehandlung einen Mehrertrag von 3,6 dt/ha, bei einzelnen Sorten sogar über 6 dt/ha, und war in diesen Fällen wirtschaftlich.

Etwas anders war das Bild am Eichhof, wo die Erträge in Stufe 1 rund 14 dt/ha höher ausfielen als in Korbach. Durch die höhere Intensität konnte der Ertrag dort aber nicht mehr gesteigert werden. Im Gegenteil, die Wachstumsreglermaßnahme hatte wegen Trockenheit bei vielen Sorten negative Effekte. Letztendlich konnte bei der Auswertung für den Standort Bad Hersfeld aber kein gesicherter Unterschied zwischen den Sortenerträgen ermittelt werden. Auch in Korbach schwankten die Erträge innerhalb des Versuchs stark.

Deutliche Unterschiede einzelner Sorten zum Vorjahr

Der langjährig empfohlene Max streute ertraglich in diesem Jahr erneut stärker. Während er in Bad Hersfeld in beiden Intensitätsstufen nur durchschnittlich erntete, erreichte er in Korbach in beiden Stufen Erträge deutlich über dem Versuchsmittel und war dort die beste Sorte. Ozon erzielte in seinem dritten Prüfjahr auf beiden Standorten ausgewogene und überdurchschnittliche Erträge. Mit 76 dt/ha war er die ertragsstärkste Sorte in der Stufe 1 am Standort Bad Hersfeld. Poseidon, die Spitzensorte in Stufe 2 am Standort Korbach aus dem Vorjahr brach dort in diesem Jahr deutlich ein, während sie in Bad Hersfeld den höchsten Ertrag erzielte. Anhand dieser Jahresschwankungen zeigt sich wie wichtig es ist, Sorten mehrjährig unter verschiedenen Witterungsbedingungen zu testen.

Bei der Betrachtung der Qualitätsdaten zeigt sich, dass sich die Niederschläge in der Phase der Kornfüllung sehr positiv ausgewirkt haben. Die Sortierung der Stufe 2 brachte mit 99,6 Prozent Marktwareanteil (>2,0 mm) das beste Ergebnis der letzten vier Jahre. Auch die hl-Gewichte lagen mit 54,5 kg/hl auf gutem Niveau und deutlich über den Werten des Vorjahres. Das TKG erreichte mit 41,2 g ebenfalls einen mehrjährigen Spitzenwert. Dass in der Phase der Kornfüllung genügend Stickstoff zur Verfügung stand und auch ins Korn umgelagert werden konnte zeigte sich an den hohen Rohproteingehalten von im Durchschnitt 13,5 Prozent in der Trockenmasse.

Die qualitätsstarke Sorte Max lag beim hl-Gewicht mit 57,6 kg/hl an der Spitze, dicht gefolgt von der nur am Standort Bad Hersfeld als Vergleichssorte geprüften Schälhafersorte Ivory. Auch die erstjährige geprüften Apollon und Bison erreichten in Bad Hersfeld eine gute Kornausbildung, fielen aber in Korbach etwas ab. Beide Sorten sind vom BSA in ihren Qualitätseigenschaften wie Ivory eingestuft, und vor allem Bison zeichnet sich durch sehr gute Strohstabilität und Blattgesundheit aus.

Wenn Hafer vermarktet werden soll, muss zur Erreichung der nötigen hl-Gewichte auf qualitätsstarke Sorten gesetzt werden. Darüber hinaus sind hohe Qualitäten nur unter günstigen Witterungsbedingungen bis hin zur Abreife möglich. Trockene Standorte sind für den Qualitätshaferanbau immer ein Risiko. Trockenperioden, die eine vorzeitige Abreife auslösen, führen dann zu unzureichender Kornausbildung.

Gabriele Käufler, Fachreferentin Marktfruchtbau, LLH, Eichhof – LW 4/2016