Die Eichenschädlinge stehen vor der Tür
Die Waldschutzsituation 2012/13 in Rheinland-Pfalz
Im Jahr 2012 traten überregional keine Stürme oder Schneebruchereignisse auf. Die Witterung verlief eher ausgeglichen, Frühjahr und Frühsommer verzeichneten ausreichende Niederschläge. Daher blieben Massenvermehrungen von schädlichen Waldschadinsekten weitgehend aus, erwähnenswert sind aber Ausfälle in der Oberrheinebene durch Waldmaikäfer und Kiefermistel. Die Mitglieder der EichenfraßÂgesellschaft, wie großer und kleiner Frostspanner, Grüner Eichenwickler, Eichenprozessionsspinner und Schwammspinner, werden in den Laubholzbeständen in eine Gradation eintreten, deren Ausmaß derzeit nicht absehbar ist.
Vor allem aber bereiten pilzliche Erreger den Waldbesitzern große Sorgen: das sind vor allem die Rußige Douglasienschütte und der Eßkastanienrindenkrebs. Nicht neu, aber weiterhin sehr bedeutsam ist das Eschentriebsterben, das auch zu Ausfällen in Althölzern führt.Konform mit diesem ausgeglichenen Witterungsverlauf verändert sich die Zahl der durch die Forstämter übermittelten Schadmeldungen nur geringfügig, auffällig ist die deutliche Abnahme „bestandesbedrohender“ Flächen. Folgend werden die wichtigsten SchadÂerreger des vergangenen Jahres baumÂartenweise berücksichtigt. An der Fichte nahm der Befall durch die bedeutenden Borkenkäfer „Buchdrucker“ und „Kupferstecher“ beträchtlich ab, gleichwohl aus allen Landesteilen Borkenkäferbefall gemeldet wurde. Schwerpunkte der gemeldeten Befallsflächen lagen im Norden in der Eifel, im Hunsrück und im Westerwald. Damit einhergehend sank auch die „Käferholzmenge“ bei Fichte im Staats- und Körperschaftswald auf rund 95 000 Fm. Pheromonfallen und überwachte Brutbäume in den Forstämtern Kaiserslautern (Pfälzerwald) und Hochwald (Hunsrück) bilden die Flugaktivität des wichtigsten Fichtenborkenkäfers ab, des „Buchdruckers“.
Durchschnittliches Borkenkäferjahr erwartet
Der Flug des Buchdruckers setzte 2012 erst Ende April ein und hatte im Mai seinen Höhepunkt. Der neue Buchdruckerjahrgang 2012 schwärmte erst im Juli und legte demnach erst im Hochsommer die neuen Bruten an. Danach hat die hochsommerliche Witterung der ersten drei Augustwochen die Entwicklung noch einmal erheblich beschleunigt; die Fangzahlen im August sind um ein Vielfaches höher als im Vorjahr. Trotzdem ging vom Buchdrucker durch seinen schlechten Start im Frühjahr keine außergewöhnlich hohe Gefahr aus, das Jahr 2012 war demnach eher ein „durchschnittliches Borkenkäferjahr“. Das Jahr 2013 beginnt sehr ähnlich: Der Buchdruckerflug begann erst Ende April ganz zögerlich, derHöhepunkt des Ausflugs der Elterngeneration wird in der ersten Maihälfte erwartet. In Abhängigkeit von den Witterungsverhältnissen kann es durchaus wieder zur Massenvermehrung von Fichtenborkenkäfern kommen. Daher sollten entsprechende Fichtenbestände regelmäßig überwacht werden, um dann mit den bekannten Methoden die Populationen der Borkenkäfer zu regulieren.
An der Kiefer wurden vor allem im Bereich der Forstämter Pfälzer RheinÂauen und Bienwald Pracht- und Bockkäfer schädlich. Auch ein weiterer Borkenkäfer, der Waldgärtner, wurde im Jahr 2012 vermehrt an der Kiefer registriert. Die Larven fressen im Bast- und Rindengewebe fast ausschließlich in frisch gefällten, beziehungsweise absterbenden Stämmen, sind also ausgesprochen sekundär. Die Altkäfer dringen nach beendetem Brutgeschäft ab Mitte Mai zum Regenerationsfraß, die Jungkäfer ab August zum Reifungsfraß in die ein-, zwei-, seltener dreijährigen Triebe der Kiefer ein und höhlen diese aus. Das Schadbild ist damit sehr auffällig. An pilzlichen Erregern traten vor allem Stockfäule und Strobenblasenrost auf.
Ein gravierendes Problem in der Rheinebene aber auch zum Teil bereits im Pfälzerwald bleibt der Befall vieler Kiefern durch die Mistel. Dies führt vor allem im Zusammenhang mit Trockenstress zu einer erhöhten Absterberate, so wurden zirka 2 500 ha Befallsfläche gemeldet. Wie einleitend angeführt waren im Jahr 213 vor allem pilzliche Erreger prägend, so wie an der Douglasie die Rußige Douglasienschütte: hier sind die Rheinebene, der Pfälzerwald und die Nordpfalz besonders betroffen, das Schadbild fällt vor allem nach Frostereignissen auf, wenn die durch den Pilzbefall frostempfindlichen Nadeln in großem Umfang abfallen.
Frostspanner schwächen die Eichen im Bienwald
Die Eichenschad- und Fraßgesellschaft, in der Regel durch Frostspanner, Grüner Eichenwickler und verschiedener Eulenarten geprägt, wurde vor allem aus den nördlichen Landesteilen gemeldet. Auch wenn sich die Populationsdichte landesweit verbreitet noch auf Latenzniveau befindet, wurden bei den Außenaufnahmen der Waldzustandserhebung 2012 bereits verbreitet Hinweise auf Licht- und auch Kahlfraß in den Eichenkronen gefunden. Dies schlug sich trotz Regeneration der Belaubung durch Ersatztriebe in einer merklichen Verschlechterung des Kronenzustandes der Eiche nieder. Darüber hinaus weisen die Befunde der Leimringkontrollen im Bienwald daÂrauf hin, dass sich die Frostspanner-Populationen offenbar auch in den südlichen Landesteilen wieder in der Progradation befinden. Somit ist dort im Frühjahr 2013 nach etwa acht Jahren wieder mit erstem Raupenfraß zu rechnen. In Folge dieser Schädigung durch die Eichenfraßgesellschaft tritt oft Eichenmehltau auf, dies verstärkt die Schwächung der Eiche oft erheblich.Der Schwammspinner ist 2012 in Rheinland-Pfalz nicht auffällig in Erscheinung getreten, auch für das aktuelle Jahr ist kein stärkerer Raupenfraß zu erwarten. Der Eichenprozessionsspinner tritt nach wie vor nur in den südlichen Landesteilen in nennenswertem Ausmaß in Erscheinung. Bislang ist das Auftreten des Eichenprozessionsspinners vor allem in den Ballungsgebieten der Rheinebene und um den Pfälzerwald aufgrund der Gefahren für die menschliche Gesundheit besonders problematisch. Ältere Raupen verfügen über spezielle Brennhaare mit dem Nesselgift Thaumetopoein, das Haut- und Augenreizungen bis hin zu schweren Allergien auslösen kann. Im letzten Jahr sind in Waldgebieten nur vergleichsweise wenige gravierende ProbÂleme bekannt geworden. Trotzdem ist nach wie vor zumindest lokal auch im Jahr 2013 von anhaltenden Gesundheitsgefahren durch diesen Schmetterling auszugehen. An der Eiche wurden ferner Eichenprachtkäfer, Holz entwertende Käfer und die „Eichen-Komplexkrankheit“ beobachtet, die auch im Jahr 2013 lokal von Bedeutung sein können.
Buchen-Komplexkrankheit hat weiterhin eine Bedeutung
Die Buche scheint sich durch mehrere ausgeglichene Jahre ohne Wetterextreme zunehmend stabilisiert zu
haben, lediglich der Buchen-Komplexkrankheit kam im Jahr 2012 eine Bedeutung zu. Die Symptome sind rasche Blattwelke und absterbende Äste im unteren Stamm- und Kronenbereich. Es folgen Schleimfluss und sich ablösende Rindenpartien, schlussendlich erscheinen holzbrütende Käfer und holzerstörende Pilze.
Das Eschentriebsterben, erstmals im Jahr 2009 in Rheinland-Pfalz nachgewiesen, hat sich mittlerweile über das ganze Land verbreitet. Es ist davon auszugehen, dass es zu einer Zunahme in Stangen-, Baum- und AlthölÂzern kommen wird. Es wird derzeit empfohlen, weiterhin keine Eschen-AnÂpflanzungen vorzunehmen. Bei anÂstehenden Eingriffen sind bevorzugt befallene Eschen zu entnehmen. MischbaumarÂten sollten unbedingt belassen werden. Bisher befallsfreie Eschen können möglicherweise zum Aufbau einer gesunden Eschengeneration beitragen. Direkt wirksame GegenmaßÂnahmen sind allerdings nicht möglich.
In der südlichen Oberrheinebene sind auf trockenen Sandstandorten zahlreiche Waldbestände von einer ausgedehnten Gradation des Waldmaikäfers betroffen. Schäden durch Engerlinge an Verjüngungen wurden vom FA Bienwald auf 1 000 ha gemeldet, wovon 150 ha als „bestandesbedrohend“ eingeschätzt sind. Im Frühjahr 2012 fand im Forstamt Pfälzer Rheinauen (Nordstamm) zwischen Germersheim und Bellheim ein intensiver und ausgedehnter Käferflug statt. Der Reifefraß der Waldmaikäfer führte dort vielerorts zu starken Fraßschäden, das Befallsgebiet scheint sich nördlich zu erweitern.
In Kulturen war auch 2012 der Große braune Rüsselkäfer von Bedeutung. Überall da, wo nach Sturm in Nadelholzflächen wieder mit Nadelbäumen bestockt wird, ist diese Gefahr gegeben.
Der Esskastanienrindenkrebs stellt als pilzlicher Krankheitserreger und Quarantäne-Schadorganismus weiterhin eine gravierende Gefahr für die Esskastanienwälder am Ostrand des Pfälzerwaldes dar, hier ist vor allem das FA Haardt betroffen. Als GegenÂmaßnahme ist in Beständen, die nur einen Befall von Einzelbäumen aufweisen, deren zügige und saubere Beseitigung eine Maßnahme zur Eindämmung der Krankheit. Bestände mit stärkerem Befall können jedoch so nicht mehr saniert werden. Die Verbreitung von hypovirulenten Pilzstämmen, derzeit in einem Forschungsprojekt, hat eine Verlangsamung der Ausbreitung dieser Krankheit zum Ziel. Ãœber die Erfolge wird hier im nächsten Jahr berichtet.
Es gab 2012 keine weiteren Hinweise auf das Auftreten weiterer in der PflanzenÂbeschauverordnung aufgelisteter Schadorganismen; das Monitoring zum Auftreten von Kiefernholznematoden und Asiatischem Laubholzbockkäfer wird fortgeführt.
Reinhold John und Horst Delb – LW 20/2013