Ist Erfolg planbar? 16 000 kg fest im Blick

Kappelman am 11. Februar beim Rindergesundheitstag in Gießen

Die Meadowbrook Dairy ist in den USA eine sehr bekannte Adresse unter Milchviehhaltern. Dahinter steht ein Familienbetrieb in fünfter Generation, der mit seinem Management das Optimum anstrebt – und erreicht. Pete Kappelman ist einer der erfolgreichsten Milchviehhalter der USA. Er führt den Betrieb mit 20 Mitarbeitern. Mit sehr hohen Milchleistungen erreicht er dennoch sehr niedrige Zellzahlen. Damit das gelingt, hat er den gesamten Betriebsablauf optimiert. Besonderen Wert legt er auf die Trockenstellperiode. Hier erhalten die Tiere besondere Pflege. Auch der Kälberstall genügt höchsten Ansprüchen. Dr. Peter Zieger vom Innovationsteam Milch Hessen berichtet über den erfolgreichen Betriebsleiter, der beim Rindergesundheitstag am 11. Februar in Gießen referieren wird.

Die Meadowbrook Dairy ist in den USA für besonders hohe Milchleistungen, niedrige Zellzahlen und langlebige Kühe bekannt. Auf dem Betrieb mit 450 Kühen arbeiten 20 Angestellte.

Foto: Zieger

Die Meadowbrook Dairy unterscheidet sich in angenehmer Weise von vielen noch größeren Betrieben durch ein ausgefeiltes Betriebskonzept. Von der Kälberaufzucht bis zu den Altkühen ist alles nahezu perfekt durchorganisiert. Pete Kappelman, der Betriebsleiter und Besitzer der Farm, ist ein vielgefragter Mann: Er sitzt in den Vorständen von Molkereien, Bauernverbänden und Advisory Boards, so genannten Beraterzirkeln der Industrie. Warum ist der Mann so gefragt und warum hat seine Meinung einen so hohen Stellenwert innerhalb und zunehmend auch außerhalb der Branche?

450 Kühe und 20 Angestellte

Pete Kappelman hält 450 Kühe, die er gemeinsam mit 20 Angestellten bewirtschaftet. Auf dem Betrieb wird nahezu alles in Eigenregie erledigt, vom Acker- und Futterbau bis hin zur kompletten Viehwirtschaft. Für jeden Bereich hat er einen Bereichsleiter. Die Kappelmann-Familie ist mehr oder weniger komplett in den Betrieb eingestiegen. Neben Pete und seiner Frau Shelley, die 2009 jeweils die Hälfte des Betriebs von Pete's Bruder John kauften und damit zu Alleineigentümern der Farm wurden, sind es die Kinder und Schwiegersöhne, die als Angestellte dabei sind. Tochter Erin ist für die Jungviehaufzucht zuständig, deren Ehemann A.J. kümmert sich um den Acker- und Futterbau. Sohn Mitchell zeichnet sich für die Genetik verantwortlich und dem zweiten Schwiegersohn Greg obliegt die Fütterung der Tiere. Arbeitskräfte sind für Pete Kappelmann das wichtigste Gut. Sie zu motivieren, ist eine seiner Stärken. Nicht umsonst hat die Familie zum zehnten Mal hintereinander den National Milk Award für Qualitätsmilch erhalten. Die durchschnittliche Milchleistung beträgt derzeit rund 15 000 kg. Ziel sind aber 16 000 kg. Und dabei schafft es der Betrieb, dauerhaft unter 100 000 Zellen in der Tankmilch zu bleiben. Im Schnitt liegen sie um die 70 000 somatischen Zellen, und das bei fast 500 Kühen.

Vorreiter in der Milchviehhaltung

Die Kappelmans sind dafür bekannt, neue Wege zu gehen und Dinge vor allen anderen auszuprobieren. So war es der Vater von Pete, der Anfang der 50er Jahre in Nordamerika als erster einen Melkstand errichtete. Davor hatte nur die Universität von Wisconsin einen Melkstand installiert. Auch beim Design der Liegeboxen waren die Kappelmans Vorreiter. Sie gehörten zu den ersten, die Sandboxen ausprobierten, dann aber wieder davon abkamen. Sie entwickelten sie weiter, so dass ein Boxentyp entstand, der bei geringeren Mengen Sand und geringeren Austragsverlusten ein Maximum an Liegekomfort bietet. Speziell in der Transitgruppe legt Kappelman Wert auf maximalen Kuhkomfort. Während Trockensteher und Closeup-Kühe auf einer Tiefstrohmatte stehen und liegen, marschieren die Frischabkalber direkt in ein „Fünf-Sterne-Hotel“. Dabei ist nicht das Design gemeint, sondern der Komfort. Der Kappelman-Stall wurde in den 80er Jahren gebaut, den Frischabkalberbereich hat er als Einreiher in den 90er Jahren gebaut. Dort hat jede Kuh in der Sandbox 1,30 m Liegebreite bei einer Länge von 2,90 m. Jedem Tier steht außerdem ein Fressplatz zur Verfügung. Die liegenden Kühe haben permanent Nase und Augen im Freien, denn an der Stirnseite befindet sich statt einer Wand nur eine Querstange. „Aus Versehen stand einmal das Gatter offen. Ein Großteil der Kühe lief nachts nach draußen. Aber morgens lagen alle wieder friedlich in ihren Boxen“, erläutert der Betriebsleiter. Das zeigt, welche Qualität der Kuhkomfort im Stall haben muss. Die Frischabkalber erhalten zweimal am Tag frisches Futter, werden viermal gemolken und verbleiben die ersten sechs Wochen im sogenannten Post-Fresh-Bereich, ehe sie in die melkende Herde gehen. Der maximale Komfort im Abkalbebereich ist einer der Hauptgründe, warum die Milchleistung auf einem so hohen Niveau ist. Und die Kühe danken es ihm mit einer langen Lebensdauer. Im Schnitt gehen sie nach 3,5 Laktationen ab, das ist fast eine ganze Laktation länger als sonst in den USA üblich.

Zuchtarbeit spielt eine große Rolle

Neben dem Transitkuhmanagement spielt die Zuchtarbeit eine wichtige Rolle. So wird jede Färse auf dem Betrieb genomisch getestet. Außerdem setzt der Milchviehhalter vorwiegend gesextes Sperma ein, um mehr weibliche Nachzucht zu erhalten. Embryotransfer ist bei seinen Spitzenkühen gang und gäbe. 85 Prozent der Herde liegt beim Zuchtwert über den amerikanischen Spitzenwerten (262 gegenüber 260). Jedes Jahr stellen die Kappelmans als aktive Beschicker und Aussteller ihre Tiere auf der World Dairy Expo vor. Die Fütterung ist sehr ausgefeilt, neben bester Silagequalitäten (Brown-Rip-Mais und Luzerne) kommen auch Spezialitäten zum Einsatz wie spezielle Aminosäuren, Probiotika oder Hefekulturen.

Neuer Kälberstall mit vier eigenständigen Gruppenställen

Rund 236 000 Euro hat der Landwirt vor zwei Jahren in den neuen Kälberstall investiert. „Da schon viele Ställe in der Umgebung standen, hatte ich die Möglichkeit, mir viele Systeme anzusehen. Wir hatten keine Probleme mit den Kälberiglus, wollten jedoch in der Kälberhaltung Entscheidendes ändern und außerdem die Arbeitsbedingungen für unser Personal verbessern.“ Daher entschied er sich zum Neubau eines Kälberstalls in Form eines großen „H“. Der Stall besteht aus zwei Flügeln, die mittig wieder durch eine geschlossene Trennwand geteilt sind. So erhält er vier eigenständige Gruppenställe. Verbunden werden die Ställe durch einen Mitteltrakt, in dem die Wasserversorgung und Stromanschlüsse untergebracht sind sowie Futtermittel und andere Dinge gelagert werden können. Hier befindet sich auch der zentrale Tränkeautomat, der die Kälber in allen vier Abteilen mit Tränkemilch versorgt. Jedes Stallabteil ist durch eine Tür verschlossen und kann nur nach Durchwaten einer Desinfektionswanne betreten werden. Alle vier Ställe werden eigenständig gemanagt. „Wir füllen jedes Abteil bis zur maximalen Kapazität von 21 Kälbern auf, dann wechseln wir in den nächsten Stall. Nachdem die Kälber entwöhnt sind, wird der Stall komplett leergeräumt, entmistet, gründlich gereinigt und desinfiziert. Je nach Abkalbeintensität steht das Abteil ein bis zwei Wochen leer, ehe die neuen Kälber eingestallt werden“, erklärt Kappelman.

Die Lüftung funktioniert mittels Luftschläuchen. Auch hier ging der Landwirt eigene Wege. So befinden sich drei Lüftungsschläuche in jedem Stall. Ein zentraler Schlauch sorgt dabei für einen viermaligen Luftaustausch je Stunde. Dieser bringt ohne Unterbrechung an 365 Tagen Luft in die Ställe. Die beiden anderen Außenschläuche werden ab einer Temperatur von 20°C automatisch hinzugeschaltet. Auf diese Weise erhöht sich die Luftwechselrate auf 40 in der Stunde. Werden bei wärmeren Temperaturen zusätzlich die Curtains geöffnet, kommt noch weitere Frischluft hinzu. Die Kälber erhalten direkt nach dem Kalben vier Liter kontrollierte Biestmilch (getestet mit dem Refraktometer). Dabei verfüttert er Kolostrum mit einem Brixwert von unter 22 Prozent ausschließlich an die Bullenkälber. Auch bei der zweiten und dritten Mahlzeit erhalten die weiblichen Kälber Biestmilch. Erst danach folgt die Umstellung auf pasteuristierte Vollmilch. Diese wertet er mit einem speziellen Milchaustauscher auf (30g je Liter Milch). Ab dem 60. Lebenstag entwöhnt er die Tiere von der Milch. Das zugefütterte Kraftfutter ist mit Luzernepellets versetzt. Es wird bis zum 90. Tag gefüttert, danach erhalten sie außerdem Raufutter. „Durch die besseren Aufzuchtbedingungen und die intensivere, mehrmalige Fütterung mittels Computertränke erhoffe ich mir noch frohwüchsigere Kälber.“

Möglichst wenig Stress für die Kälber

Das Konzept scheint aufzugehen, durch intensivere Fütterung, Lichtprogramm und den neuen Stall haben sich die Tageszunahmen während der Tränkeperiode von etwa 750 auf etwa 950 Gramm gesteigert. Zufrieden? „Ja wir sind derzeit sehr zufrieden. Beim Betreten der Stallabteile riecht es nicht typisch nach Stall, die Schläuche blasen die mit Stallkeimen belastete Luft einfach weg. Zudem scheinen die Kälber die intensivere Fütterung gut zu vertragen, auch der Gesundheitsstatus ist sehr zufriedenstellend. Zudem blöken keine Kälber mehr, wann immer ich den Stall betrete. Das ist für mich ein Zeichen, dass sie keinen Stress haben“, so Kappelman. Pete Kappelman wird neben weiteren interessanten Referenten (siehe Anzeige) am 11. Februar zum Rindergesundheitstag an die Universität Gießen kommen.

 – LW 3/2017