Auch frühe Weizen haben nicht enttäuscht

Früh dreschen, aber nicht früh säen – LSV frühe Winterweizen

In Jahren wie 2015 mit langer Trockenheit und Hitze im Juli erwartet man von frühen Weizensorten höhere Erträge als von den normal oder spät abreifenden Typen. Sagt man doch den „Frühen“ nach, dass sie besser mit solchen Phasen zurechtkommen. Da aber die Frühreife in der Regel mit einer kürzeren Vegetationszeit verbunden ist, geht dies meist auch auf Kosten des Ertrages. Außerdem ist zu berücksichtigen, zu welchem Entwicklungsstadium Trocken- und Hitzestress auftritt. Das Thema „frühe Sorten“ ist also durchaus differenziert zu betrachten. Ferdinand Hoffmann, Dr. Albert Anderl und Marko Goetz vom DLR in Bad Kreuznach berichten über die diesjährigen Ergebnisse im frühen Weizensortiment.

Die Vorzüge der frühen Sorten haben dazu geführt, dass ihr Anteil Weizenanbau in Rheinland-Pfalz bei etwa 30 Prozent liegt.

Foto: agrar-press

Um es gleich vorwegzunehmen, die frühen Winterweizen haben in diesem außergewöhnlichen Jahr nicht enttäuscht. Im Mittel der Prüforte brachten gleich einige Sorten mehr als 100 dt/ha. Ganz an die überragenden Leistungen im normal abreifenden Sortiment konnten die Frühen im Landesmittel aber nicht heranreichen. An einzelnen Standorten waren vor allem bei ertragsstarken Sorten dagegen kaum Ertragsunterschiede nachweisbar.

Dass in diesem Jahr eigentlich recht spät abreifende Sorten mit unerwartet hohen Erträgen aufwarten konnten, liegt in den regional unterschiedlich verteilten Niederschlägen im Juni begründet. Befanden sich diese Bestände zum Zeitpunkt, als der Regen kam, erst in der beginnenden Kornfüllung und waren Blatt- und Wurzelwerk weitgehend intakt, konnten die Niederschläge noch voll in Ertrag umgesetzt werden. Frühe Sorten hatten dagegen auf vielen Standorten die Kornfüllung bereits abgeschlossen, so dass für diese Weizen das Wasser zu spät kam.

Was versteht man unter „frühen Weizensorten“?

Im frühen Weizensortiment werden Sorten geprüft, deren Reife mit der BSA-Note „4“ eingestuft sind. Diese Reifezeit haben beispielsweise die „frühesten“ in Deutschland zugelassenen Sorten. Hierzu zählen Cubus, Faustus, JB Asano, KWS Ferrum oder Rumor. Von wirklich frühen Weizen kann man aber erst bei Reifeeinstufungen von kleiner als „3“ sprechen. Solch frühe Sorten werden hauptsächlich in Frankreich oder Österreich angebaut.

Bei der Reifeeinstufung ist zu beachten, dass die tatsächliche Reifezeit selbst unter vergleichbaren Anbaubedingungen je nach Standort, Jahreswitterung und Gesundheitszustand größeren Schwankungen unterliegen kann. In den bisherigen Anbauversuchen lagen zwischen frühen und normal abreifenden Sorten meist nur wenige Tage, in manchen Jahren aber auch weit mehr als eine Woche.

Ein zuverlässiger Vergleich der Eigenschaften von Züchtungen des frühen Sortiments gestaltete sich bis vor wenigen Jahren recht schwierig. Denn die meisten Prüfsorten waren in einem anderen EU-Land zugelassen, so dass deren Anbau- und Qualitätseigenschaften nicht ohne weiteres auf die hiesigen Verhältnisse übertragen werden konnten. Neuerdings werden nur noch solche Sorten in die frühen LSV aufgenommen, die die offiziellen EU-Prüfungen in Deutschland durchlaufen haben und entsprechend beschrieben sind.

Der Ertrag allein ist nicht alles

Die Entscheidung, eine frühreife Sorte anzubauen, wird sicherlich in erster Linie von der Ertragsleistung abhängen. Bei den frühen Weizen ist der Ertrag aber nicht das alles entscheidende Kriterium. Vielmehr spielen Hitzetoleranz, schnellere und vor allem sicherere Kornfüllung vor allem im Hinblick auf den Klimawandel eine zunehmend gewichtigere Rolle. Auch traut man diesen Sorten auf ertragsschwächeren, vor allem trockeneren Standorten mehr zu als den normal abreifenden Sorten.

Außerdem können vor allem in größeren Betrieben mit sehr hohem Weizenanteil Arbeitsspitzen entzerrt und die Anbaumaßnahmen, vor allem auch die Ernte, über ein wesentlich breiteres Zeitfenster durchgeführt werden. Davon abgesehen gewinnt man nach einer frühen Ernte mehr Zeit für die Strohrotte, sodass beispielsweise Winterraps oder Zwischenfrüchte rechtzeitig und unter trockenen Bodenverhältnissen bestellt werden können.

Bei einigen der geprüften frühen Sorten kommt ein weiterer, nicht unwichtiger Vorzug zum Tragen. Es handelt sich nämlich bei ihnen um Grannenweizen. Diese werden vorzugsweise dort angebaut, wo es um Schutz vor Wildverbiss und Vogelfraß geht. Begrannte Weizen gelten als besonders trockenheitstolerant, weil die Grannen eine geringere Verdunstung aufweisen und selbst dann noch assimilieren können, wenn die Blätter aufgrund von Trockenheit bereits abgestorben sind.

Frühzeitiges Dreschen sichert die Qualität

Die Fallzahlstabilität einiger früher Sorten ist häufig nur mäßig ausgeprägt, so dass die Fallzahlen bei unbeständiger Erntewitterung, wie von Cubus oder JB Asano bekannt, schneller abfallen und damit die Gefahr von Qualitätsverlusten besteht. Deshalb muss die Ernte dem Reifezustand angepasst und eine eventuell höhere Kornfeuchte in Kauf genommen werden. Ein rechtzeitiger Drusch kann auch das Einbrechen der vollreifen Bestände vermindern.

Bei der Winterhärte besteht eine große Spannbreite zwischen den frühen Sorten. Je nach Herkunft neigen einige Sorten leichter zur Auswinterung, was bei der Standortwahl zu berücksichtigen ist. Auch muss die teilweise höhere Anfälligkeit gegenüber Ährenfusarium beachtet werden.

Im Übrigen darf der Anbau früher Weizensorten nicht gleich gesetzt werden mit Frühsaat. Vielmehr sind ortsübliche Saattermine einzuhalten. Auch sollte man beachten, dass die Vegetationsabschnitte im frühen Weizen eben auch früher erfolgen. Darauf sind die Anbaumaßnahmen wie N-Düngung, Wachstumsreglereinsatz und Pflanzenschutz auszurichten. Dies gilt in besonderem Maße für die Ernte. Die Vorzüge der frühen Sorten haben jedenfalls dazu geführt, dass ihr Anbauanteil in Rheinland-Pfalz beachtlich ist. Nach aktuellen Schätzungen dürfte ihr Anteil am hiesigen Weizenanbau bei etwa 30 Prozent liegen.

Ergebnisse der Landessortenversuche

Im Jahr 2015 wurden in Rheinland-Pfalz vier Landessortenversuche mit zwölf frühen und mittelfrühen Winterweizen angelegt. Üblicherweise werden die Sorten in zwei Intensitäten geprüft, einer extensiven und einer intensiven Stufe. Im Mittel der Standorte brachten es die Verrechnungssorten Cubus, KWS Ferrum und Rumor auf 86,4 dt/ha in der unbehandelten und 100,1 dt/ha in der behandelten Variante. Damit wurden im Versuchsdurchschnitt trotz der schwierigen Witterung gegenüber dem Vorjahr knapp 18 beziehungsweise 14 dt/ha höhere Erträge erzielt.

Bemerkenswert ist das gute Abschneiden der frühen Sorten im Vergleich zum normalen Sortiment. Hier lagen die frühen Weizen im Versuchsmittel der Orte Nomborn, Herxheim und Biedesheim sogar leicht über den schon sehr guten mittel bis später abreifenden Sorten. Die Ertragsunterschiede zwischen den führenden, ertragsstärksten frühen Sorten konnten in den behandelten Stufen nicht abgesichert werden. Im Landesmittel lagen in beiden Stufen die B-Sorte Faustus und Rubisko (A) an der Spitze des Sortiments. In Anbetracht der hohen Erträge fielen vor allem in den intensiven Varianten die hl- und Tausendkorn-Gewichte recht ordentlich aus. Die Proteinwerte bewegten sich zwischen 11 und 12 Prozent.

Leichtes Lager trat an den Standorten in Rheinhessen und dem vorderen Donnersberg auf. Bei den Blattkrankheiten dominierte im frühen Sortiment auch in diesem Jahr der Gelbrost, wobei erneut eine deutliche Sortendifferenzierung zu beobachten war. Daneben wurde mit Ausnahme des Westerwaldstandorts ein leichter bis mittlerer Braunrostbefall festgestellt.

Recht unterschiedlich fielen im Versuchsdurchschnitt die Mehrerträge durch die Behandlungsmaßnahmen aus. Weniger gegen Gelbrost anfällige Sorten wie Premio oder Rubisko reagierten kaum auf Fungizidbehandlungen, so dass die Maßnahmen bei diesen Sorten selten wirtschaftlich waren. Dagegen führten intensive Behandlungen beispielsweise bei KWS Ferrum oder Allez y zu einem Ertragsplus von bis zu 18 dt/ha im Landesmittel. An einzelnen Prüforten konnten es aber auch über 26 dt/ha sein.

Im mehrjährigen, überregionalen Ertragsvergleich, in den auch die Ergebnisse aus Baden-Württemberg und Hessen einfließen, liegen in beiden Stufen die neuen Sorten Rubisko und Faustus an der Spitze des Sortiments. In den unbehandelten Stufen fallen vor allem die gelbrostanfälligen Sorten stärker in ihren mehrjährigen Leistungen ab.

Viele frühreife Winterweizensorten sind begrannt und gelten daher als besonders trockenheitstolerant. Denn die Grannen weisen eine geringe Verdunstung auf und können noch assimilieren, wenn die Blätter bereits abgestorben sind.

Sortenempfehlungen für Rheinland-Pfalz und Hessen

Für die Herbstaussaat 2015 werden die frühen bis mittelfrühen Sorten Kerubino (E, auslaufend), Cubus (A, auslaufend), Rubisko (A), Rumor (B) sowie Premio (B, auslaufend) empfohlen. Soweit vorhanden sind in Tabelle 3 die Eigenschaften der Sorten dargestellt.

Kerubino (zugelassen 2004) ist eine EU-Sorte mit E-Einstufung. Allerdings erreichen die Proteinwerte vor allem bei hohen Erträgen häufig nur A-Qualität, weshalb sie dann nur als solche vermarktet werden kann. Die mehrjährigen Ertragsleistungen liegen mittlerweile unter dem Sortimentsmittel. Dies und die hohe Gelbrostanfälligkeit hat zum Vermerk „auslaufend“ geführt. Die eher der mittel bis frühen Reifegruppe zuzuordnende Sorte verfügt über eine mittlere Standfestigkeit und bei Blattseptoria und Ährenfusarium über eine geringe bis mittlere Anfälligkeit (BSA-Noten 4). In den beiden letzten Prüfjahren fiel sie durch hohen Gelbrostbefall auf, den es unter Kontrolle zu halten gilt, sonst fallen die Erträge sehr stark ab. Seine gute Winterhärte konnte Kerubino im Auswinterungsjahr 2012 unter Beweis stellen. Die hohen Fallzahlen können, wie bei anderen frühen Sorten auch, nicht stabil gehalten werden. Deshalb ist eine rechtzeitige Ernte einzuplanen. TKG und hl-Gewicht bewegen sich auf einem guten mittleren Niveau.

Cubus (Zulassungsjahr 2002) zeichnet sich trotz seines Alters durch eine bemerkenswerte Beständigkeit und Ertragsstabilität aus. So rangiert er von den mehrjährig geprüften Kandidaten immer noch auf den vorderen Plätzen. Dass die Eiweißgehalte insbesondere bei hohen Erträgen schwächer ausfallen, ist bekannt. Ebenso die geringere Fallzahlstabilität, was eine zeitgerechte Ernte erforderlich macht. Die geringere Standfestigkeit sowie die höhere Anfälligkeit gegenüber Blattseptoria und Braunrost müssen in der Bestandesführung beachtet werden. Pluspunkte kann die mittelfrühe Sorte mit der sehr guten Resistenz gegen Gelbrost sammeln (BSA-Note 2). Die Anfälligkeit für Ährenfusarium ist gering bis mittel (BSA-Note 4). Die Empfehlung von Cubus ist ebenfalls mit dem Hinweis „auslaufend“ versehen.

Rubisko hat die EU-Prüfung im letzten Jahr als eine der besten A-Sorten abgeschlossen. Auch in seinem ersten LSV-Jahr zeigte er sehr gute Leistungen, die auch durch die Ergebnisse aus den Nachbarbundesländern bestätigt werden. Nach den bisherigen Erfahrungen ist die Qualität von Rubisko eher im unteren A-Bereich angesiedelt, was in erster Linie an den schwächeren Fallzahlen liegt. Bei der Anbau- und Ernteplanung ist dies unbedingt zu berücksichtigen. Der frühreife Grannenweizen verfügt über eine gute Standfestigkeit und ein ordentliches TKG. Über die Winterhärte liegen noch keine Angaben vor. Im Blattbereich zeigten sich in den Prüfungen bisher keine Schwächen, was auch durch das gute Abschneiden in den unbehandelten Stufen bestätigt wird. Die geringe Anfälligkeit für Ährenfusarium lässt eine gute Einstufung für dieses Merkmal erwarten.

Premio (Zulassungsjahr 2007) ist ein begrannter B-Weizen, dessen Leistungen nunmehr unter dem Sortimentsmittel angesiedelt sind. Da die Sorte zudem eine geringere Winterfestigkeit besitzt, hat die diesjährige Empfehlung den Zusatz „auslaufend“ erhalten. Nach wie vor punkten kann die EU-Sorte mit für eine B-Sorte guten Eiweißwerten und sehr hohen und stabilen Fallzahlen. Ihre wildabweisende Begrannung ist ebenfalls positiv zu werten. Bei kurzem Wuchs stellt sich die Standfestigkeit sehr gut dar. Ausgesprochen gut kam Premio in den beiden letzten Jahren mit dem starken Gelbrostdruck zurecht, weshalb sich die Sorte in den unbehandelten Stufen deutlich verbessern konnte. Insgesamt ist die Blattgesundheit jedoch eher knapp durchschnittlich. Die Anfälligkeit für Ährenfusarium wird gering eingestuft (BSA-Note 4). In unseren Versuchen war die Reifezeit mit derjenigen von Cubus vergleichbar.

Rumor (Zulassung 2013) wird seit zwei Jahren im frühen Sortiment geprüft. Seine Ertragsleistungen lagen dabei in etwa auf dem Niveau von Cubus. In beiden Jahren machte ihm seine höhere Gelbrostanfälligkeit (BSA-Note 6) sehr zu schaffen, wie aus den hohen Ertragszuwächsen in den Behandlungsstufen hervorgeht. Dagegen liegen bei Mehltau, Blattseptoria und Braunrost recht gute Resistenzen vor. Dies gilt auch für für Ährenfusarium (BSA-Note 4). Die B-Sorte ist früh abreifend und muss rechtzeitig geerntet werden, da die Fallzahlen und deren Stabilität nur in einem mittleren Bereich liegen. Rumor verfügt über eine ähnlich gute Winterhärte wie Kerubino. Ebenfalls recht ordentlich ist die Standfestigkeit (BSA-Note 4). Bei hohen Erträgen fällt das TKG etwas knapp aus. Nach den bisher vorliegenden Untersuchungen liegen die Eiweißgehalte im Bereich des Sortimentsmittels.

Weitere Sorten: In seinem ersten Prüfjahr hinterließ die Neuzulassung Faustus in beiden Behandlungsstufen einen recht positiven Eindruck. Die mittellange, mittelfrühe Sorte ist standfest und vor allem wenig anfällig für Gelbrost.

Nicht ganz so überzeugend waren in diesem Jahr die Leistungen der EU-Sorte Barok (B). Sie bringt mehrjährig durchschnittliche Erträge. Die frühreife B-Sorte KWS Ferrum überzeugte in den bisherigen Versuchsjahren in den Behandlungsstufen durch hohe Erträge. Aufgrund der nur mittleren Blattgesundheit werden dagegen in den Stufen 1 schwächere Ergebnisse erzielt. Hervorzuheben ist die geringe Anfälligkeit für Ährenfusarium (BSA-Note 3). In qualitativer Hinsicht bemängeln die Mühlen die niedrigen Rohproteingehalte und Wasseraufnahmen.

Auf einem ähnlichen Leistungsniveau in den Stufen 2 liegt die recht frühe EU-Sorte Solehio. In den unbehandelten Stufen dagegen zählt sie mehrjährig zu den Ertragsstärksten im Sortiment, was wohl durch die geringe Gelbrostanfälligkeit bedingt ist. Die Sorte hat Schwächen bei Mehltau und Braunrost.

 – LW 39/2015