Welche Sorten eignen sich als Stoppelweizen?

Weizen nach Getreidevorfrucht – Chancen und Risiken abwägen

Der Winterweizen ist die mit Abstand wichtigste Getreideart, und der Anbau wurde in den vergangenen Jahren immer weiter ausgedehnt. Inzwischen liegt die Anbaufläche in Hessen bei rund 161 000 Hektar, und fast 25 Prozent der Weizenfläche stehen nicht nach Blattfrüchten, sondern werden in Hessen als Stoppelweizen bestellt. Das Anbausystem Stoppelweizen stellt erhöhte Anforderungen an die Sorten und an die Bestandesführung als der Anbau nach Blattfrucht, wie auch der Blick auf die Versuchsergebnisse zeigt.

Der Stoppelweizen ist eine Risikokultur, deren Gelingen mit höherem produktionstechnischem Aufwand erkauft werden muss.

Foto: agrar-press

In den Landessortenversuchen (LSV) werden die Winterweizen-Sorten normalerweise nach Blattfrüchten geprüft. Ergänzend dazu werden vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) Sortenprüfungen nach Getreidevorfrucht an mehreren Standorten angelegt.

Stoppelweizen drischt im Durchschnitt deutlich schwächer

Hier wird geprüft, wie sich die Sorten unter diesen spezifischen Bedingungen verhalten und wo es Schwächen gibt. Auf Basis dieser mehrjährigen Versuche wird die Eignung und Ertragssicherheit einer Sorte für den Stoppelweizenanbau beurteilt.

Vergleicht man die Ertragsergebnisse der Weizen-Sortenversuche nach unterschiedlichen Vorfrüchten miteinander, dann zeigt sich, dass die Sorten im Stoppelweizenanbau im langjährigen Durchschnitt (2011 bis 2015) ertraglich um mehr als 10 dt/ha schwächer abschneiden als im Anbau nach Blattfrucht. In Einzeljahren liegt der Unterschiede bei bis zu 20 dt/ha.

Höhere Intensität beim Pflanzenschutz erforderlich

Gleichzeitig wird im Stoppelweizenanbau regelmäßig eine höhere Pflanzenschutzintensität erforderlich, was die Kosten deutlich erhöht. Blatt- und Ährenerkrankungen, die sich regelmäßig in der Weizenvorfrucht aufbauen, können erhebliche Ertragsverluste auslösen. Hier sind beispielsweise Septoria und DTR, aber auch die Fusariosen zu nennen. Insbesondere die Ährenfusariosen erhöhen außerdem das Risiko von Qualitätsbeeinträchtigungen durch schwächere Kornausbildung und/oder erhöhte Mykotoxingehalte im Erntegut.

Die sogenannten Fruchtfolgekrankheiten, insbesondere die Halmbasiserkrankungen (Halmbruch, Rhizoctonia, Fusarien), können die Weizenpflanzen über einen sehr langen Zeitraum infizieren. Die Bekämpfung dieser Erreger gelingt nicht immer sicher, denn die Terminierung von Pflanzenschutzmaßnahmen ist schwierig. Gegen Schwarzbeinigkeit kann über eine Wurzelschutzbeizung vorbeugend behandelt werden. In dreijährigen Versuchen des LLH brachte die Wurzelschutzbeizung jedoch nur 1,5 dt/ha Mehrertrag. Die Kosten dieser Maßnahme waren somit im Mittel der Jahre und Standorte nicht gedeckt.

Die Voraussetzungen müssen stimmen

Welche Sorten eignen sich als Stoppelweizen? Wie kann der Praktiker das Anbaurisiko reduzieren? Das sind Fragen, die in Beratungsgesprächen immer wieder aufkommen. Dazu im Folgenden einige Hinweise: Zunächst muss neben dem bereits erwähnten gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln schon bei der Standortauswahl auf gute Bedingungen geachtet werden. Eingeschränkt weizenfähige Standorte mit suboptimaler Wasser- und Nährstoffversorgung sollten nicht zum Anbau von Stoppelweizen genutzt werden. Böden mit Strukturproblemen sind ebenfalls nicht zu empfehlen.

Bereits bei der Vorfruchternte ist auf gute Stroh- und Spreuverteilung zu achten, wenn möglich, sollte das Stroh abgefahren werden. Eine gute Zerkleinerung der Ernterückstände fördert die schnelle Strohrotte und reduziert somit Krankheitserreger, die auf Stroh- und Stoppelresten überdauern. Insbesondere im pfluglosen Anbau sind diese Maßnahmen von hoher Priorität.

Generell ist der Feldhygiene Aufmerksamkeit zu schenken, und das Ausfallgetreide sollte frühzeitig beseitigt werden. Damit reduziert sich auch das Risiko von vektorübertragenen Virus-Infektionen wie etwa dem Gelbverzwergungsvirus. Die Wahl eines späteren Aussaattermins ist angeraten, um sowohl Virusübertragung als auch Herbstinfektionen mit Septoria oder Rostkrankheiten zu begrenzen.

Nachteile müssen kompensiert werden

Im Vergleich zu Blattfruchtweizen trifft Stoppelweizen meist auf schlechtere Bodenvoraussetzungen sowohl was die Bodenstruktur als auch was die Nährstoffnachlieferung betrifft. Pflanzenbaulich muss daher eine möglichst gute Wurzelentwicklung sichergestellt werden um diese Nachteile zu kompensieren. Nur ein leistungsfähiges Wurzelsystem ermöglicht den Pflanzen eine kontinuierliche Nährstoff- und Wasseraufnahme. Gute Nährstoffversorgung insbesondere mit Grundnährstoffen verbessert die Vitalität der Bestände.

Auf Standorten mit niedriger Versorgung sollte daher der Stoppelweizen gezielt gedüngt werden. Kalium ist wichtig für den Zellwasserhaushalt und die Bildung von Zuckern, während Phosphor eine bedeutende Rolle im Energiehaushalt der Pflanzen spielt. Es empfiehlt sich, die N-Düngung zur spezifischen Förderung der Bestände in Abhängigkeit von der Ertragserwartung anzupassen und den N-Sollwert standortangepasst um etwa 20 kg/ha zu erhöhen.

Stoppelweizeneignung wird in den LSV überprüft

In einem gesonderten Prüfsortiment werden Weizensorten an drei hessischen Standorten auf ihre Stoppelweizeneignung getestet. Einige Sorten haben sich mehrjährig bewährt, wie der Vergleich mit den Ergebnissen in den LSV zeigt. Mit guten Erträgen über dem Versuchsmittel fallen Edgar, JB Asano, Julius, Kerubino, Kometus sowie der leider sehr fusariumanfällige Tobak auf.

Gleiches gilt für die ebenfalls nach Blattfrucht im Orientierungssortiment geprüften Sorten Linus, Matrix, Potenzial, Primus, Smaragd. Auch der Grannenweizen Arezzo hat einen positiven Eindruck hinterlassen. Bisher zweijährig geprüft fallen Rebell und Rumor mit guten Ergebnissen auf. Diese Sorten lassen sich aber noch nicht abschließend bewerten.

Viele Kriterien bestimmen einen guten Stoppelweizen

Meist sind es Sorten mit guter Anpassungsfähigkeit, Wurzelvitalität und schneller Regeneration, die sich unter den erschwerten Bedingungen im Stoppelweizenanbau gut behaupten. Kompensationstypen sowie Sorten, die ihren Ertrag über gute Ähren- beziehungsweise Kornausbildung machen, tragen ein geringeres Risiko als Bestandesdichtetypen. Weitere ertragssichernde Eigenschaften wie zum Beispiel Winterhärte und Standfestigkeit und insbesondere die Krankheitstoleranz der in Frage kommenden Sorten sollten ebenfalls als Auswahlkriterien herangezogen werden.

Dazu kommen die Qualitätsmerkmale. Fallzahlstabile Sorten wie zum Beispiel Julius, Kometus und Potenzial sichern bei verzögerter Ernte die Qualität ab. Im Hinblick auf die Vermarktung beziehungsweise den Einsatz in der Fütterung ist die höhere Ährenfusariumanfälligkeit von Sorten wie zum Beispiel Primus, Smaragd und insbesondere Tobak ein Ausschlusskriterium für den pfluglosen Anbau.

Wirtschaftlichkeit bestimmt den Anbau

Der Stoppelweizen bleibt eine Ri-sikokultur, deren Gelingen mit hö-herem produktionstechnischem Aufwand erkauft werden muss. Trotz erhöhter Intensität bleiben die Erträge im Schnitt der Jahre deutlich unter dem Niveau des Blattfruchtweizens. Durch die Wahl einer gesunden Sorte sowie durch entsprechende Feldhygiene kann das Anbaurisiko reduziert werden.

Betrachtet man die Wirtschaftlichkeit des Stoppelweizenanbaues, dann muss dieser mit anderen an abtragender Stelle stehenden Getreidearten wie beispielsweise Winterroggen, Triticale oder Wintergerste konkurrieren. Diese Arten tolerieren den höheren Krankheitsdruck meist besser als der Winterweizen.

Insbesondere auf Standorten mit schwächerer Bonität sind Triticale oder Winterroggen oft leistungsfähiger als Stoppelweizen, und diese Arten benötigen eine weniger intensive Bestandesführung, sodass ihre relative Vorzüglichkeit steigt.

Gabriele Käufler, Fachreferentin Marktfruchtbau Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Landwirtschaftszentrum Eichhof, Bad Hersfeld – LW 40/2015