Wieder bestimmte Gelbrost das Anbaujahr

Landessortenversuche Öko-Winterweizen

Die Öko-LSV zu Winterweizen litten auch in diesem Jahr unter massivem Gelbrost­befall. Was in der Praxis teilweise verheerende Folgen für den Ertrag einzelner Sorten zur Folge hatte, erlaubte im Versuchswesen eine Absicherung der Erkenntnisse zur Gelbrostanfälligkeit des geprüften Sortenspektrums aus dem letzten Jahr. Welche Schlüsse daraus für die Praxis gezogen werden können, erläutert Dr. Thorsten Haase vom Ökoteam des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH).

Die Öko-LSV Winterweizen werden an drei Orten durchgeführt.

Foto: agrar-press

Die Öko-LSV Winterweizen werden auf drei Standorten durchgeführt. Neben den bereits langjährigen Versuchsstandorten in Alsfeld-Liederbach (Vogelsberg; VB) und der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen (Kassel; FH) nördlich von Kassel, steht seit dem vergangenen Jahr mit dem Gladbacher Hof (Villmar; GH), einem Versuchsbetrieb der Universität Gießen, ein weiterer Standort für die Auswertung zur Verfügung. Die wichtigsten Angaben zu den einzelnen Versuchsstandorten und der Versuchsdurchführung sind Tabelle 1 zu entnehmen. Kriegerische Gelbrostrasse auf Expansionskurs Mittlerweile liegen gesicherte Erkenntnisse vor, dass das epidemische Auftreten des Gelbrostes nun bereits im zweiten Jahr in Folge auf das Auftreten einer neuen Gelbrostrasse zurückzuführen ist. Die sogenannte Warrior-Rasse (Warrior engl. Krieger) ist laut Julius-Kühn-Institut in 65 Prozent aller Gelbrostpoulationen vertreten, überwindet elf Resistenzgene und ist daher sehr aggressiv. Der milde Winter 2014/2015 war für den Gelbrost-Pilz sehr förderlich, sodass sich der Pilz gut vermehren konnte und viele Sporen ausgebildet hat.

Gelbrost kann sich nur auf lebenden Pflanzen ernähren und vermehren und ist das ganze Jahr über auf eine lebende Wirtspflanzenkette angewiesen. Die Überwinterung erfolgt als Mycel oder als Sporen in Ausfall- oder Wintergetreide. Für die Keimung der Gelbrostsporen ist Wasser nötig. In milden Wintern oder zeitigem Frühjahr können bei Temperaturen wenig über 0 °C bereits Infektionen stattfinden. Die Sporen werden durch den Wind verbreitet. Sie keimen in einem Wasserfilm auf den Blättern aus und dringen durch die Spaltöffnungen in das Blatt ein.

Der Pilz breitet sich anschließend halbsystemisch im Blatt aus und bildet neue Sporenlager, die auf der Blattoberseite als rostähnliche Pusteln zu erkennen sind. Im frühen Entwicklunsgstadium des Getreides sind diese Pusteln orangerot und auf der Blattspreite verteilt, ab dem Schossen erscheinen sie leuchtend gelb und sind perlschnurartig auf den Blättern angeordnet. Auch die Hitzeperioden im Frühsommer haben nicht zu einem Zusammenbruch der Population geführt, was auch auf das Auftreten neuer Gelbrostrassen zurückgeführt werden kann.

Um die Infektionskette zu unterbrechen, ist es von entscheidender Bedeutung, das Ausfallgetreide zu beseitigen. Da dies aber nie zu 100 Prozent möglich sein wird, sollte im Anbau auf resistente Sorten zurückgegriffen werden.

2015 wurde ein Sortiment von 19 (zwölf E-, fünf A- und zwei C-Weizen) auf allen drei Standorten geprüft, davon sechs Sorten erstmalig. Aus drei Jahren (2013 bis 2015) liegen von allen drei Standorten Ergebnisse von acht Sorten (fünf E- und drei A-Weizen) vor. Als einzige der derzeitigen Verrechnungssorten wurde Butaro in allen drei Jahren geprüft. Die Relativzahlen in den Tabellen 2 und 3 beziehen sich daher auf diese Sorte.

Die E-Weizen im LSV-Kurzporträt

Butaro wurde in den vorliegenden Versuchen als Verrechnungsorte verwendet. Er ist sehr langstrohig und lässt mit seiner planophilen (waagerechten) Blattstellung eine gute Beikrautunterdrückung erwarten. Die Sorte weist eine sehr ausgeprägte Winterhärte auf, neigt bei hoher N-Nachlieferung zum Lager, ist anfällig für Braunrost, jedoch gering bis mittel anfällig für Gelbrost. Im Vergleich mit anderen E-Weizen bringt Butaro eher niedrige Kornerträge bei hohem Proteingehalt.

Sorte Arktis ist mittelang und daher hinreichend stabil, recht winterhart, aber sehr anfällig für Blattseptoria und Braunrost; für Gelbrost besteht eine geringe Anfälligkeit. Aufgrund dessen erzielte die Sorte einen sehr hohen Relativertrag im Mittel der Jahre 2014 und 2015 und lag über alle drei Jahre bei 111 Prozent im Vergleich zu Butaro. Im Rohprotein schnitt Arktis deutlich unter Butaro ab.

Lukullus ist ein mittel bis langer Typ, der stark blattseptorianfällig ist. Bei mittlerer Gelbrostanfälligkeit drosch die Sorte im Kornertrag über Butaro (105 Prozent), während der Rohproteingehalt deutlich über Butaro lag.

Tobias ist eine sehr lange Sorte mit sehr rascher Jugendentwicklung und sehr hohem Proteingehalt. Die Sorte ist gering gelbrost- und braunrostanfällig und wies einen mittleren Kornertrag knapp über Butaro (103 Prozent) auf. Xerxes ist standfest, winterhart und hat eine gute Fusariumresistenz. Im Mittel drosch er etwas stärker als Butaro (105 Prozent).

Arnold ist eine Sorte, die 2015 bereits nicht mehr geprüft wurde. Gute Winterhärte, frühe Reife, ein mittellanger Wuchs bei guter Standfestigkeit sind Eigenschaften, die für diese Sorte sprechen. Sie ist allerdings anfällig für Braun- und Gelbrost. In den Versuchen war Arnold der E-Weizen mit dem höchsten Proteingehalt. Der Ertrag war auf niedrigem Niveau (unter Butaro) und im Gelbrostjahr 2014 sehr gering.

Capo ist eine altbekannte begrannte Sorte, die ebenfalls dieses Jahr nicht mehr im Sortiment stand, aber in der Praxis noch Relevanz hat. Sehr lang mit leichter Tendenz zum Lager weist sie eine geringe Anfälligkeit für Rostkrankheiten auf. Ihr Ertragsniveau lag deutlich über Butaro. Beim Rohprotein lagen die beiden Sorten gleichauf.

Energo ist ein begrannter, mittellanger standfester Typ mit einer guten Blattgesundheit bei geringer Rost- und Fusariumanfälligkeit. Der Kornertrag lag bei 107 Prozent, Protein auf Butaro-Niveau bei mittlerer Winterhärte. Famulus hat eine ausgeprägte Winterhärte, ist blattgesund, bis auf Mehltau und Braunrost, gleichzeitg erfreulich widerstandsfähig gegenüber Gelbrost. Der Ertrag lag wie bei Energo über Butaro, der Rohproteingehalt fiel etwas niedriger aus.

Gourmet, zugelassen seit 2013, ist ein relativ kurzer, sehr standfester E-Weizen, widerstandsfähig gegenüber Gelbrost und auch sonst sehr blattgesund (außer Braunrost). Im Proteingehalt lag er deutlich hinter Butaro, im Ertrag dagegen bei 117 Prozent. Kerubino ist sehr winterhart, mittellang, bei mittlerer Standfestigkeit. Die Sorte ist leider sehr gelbrostanfällig. Das Gelbrostjahr senkte daher den Durchschnittsertrag im Mittel der beiden Jahre (2013 und 2014) sehr deutlich.

KWS Milaneco ist ein sehr langer, aber sehr standfester E-Weizen. Er weist eine mittlere Blattgesundheit auf. Den Ertrag erzielt die Sorte eher über eine sehr hohe Tausendkornmasse als über eine hohe Bestandesdichte. Im Ertrag gleichauf mit Gourmet, also sehr deutlich über Butaro.

Midas hat eine gute Standfestigkeit, eine geringe Mehltau- und Ährenfusariumanfälligkeit, ist aber anfällig für Blattseptoria. Beim Protein lag er auf dem Niveau von Butaro, bei deutlich höherem Ertrag (108 Prozent). Akteur ist langstrohig und standfest. Die Blattgesundheit lässt zu wünschen übrig. Im bislang letzten gelbrostfreien Prüfjahr (2013) konnte sie höhere Erträge erzielen (107 Prozent) als Butaro. Der Proteingehalt lag niedriger als Butaro im Vergleichsjahr. Angesichts der aktuellen Gelbrostproblematik hat sie wohl ihre besten Tage hinter sich.

Genius ist mittellang und sehr tolerant gegenüber Mehltau und Gelbrost. Bei Blattseptoria hingegen zeigt die Sorte leichte Schwächen. Im Kornertrag war sie besser als Butaro, beim Rohprotein etwa auf demselben Niveau.

Florian ist eine winterharte, mittellange, standfeste Sorte mit guter Blattgesundheit (Ausnahme: Blattseptoria), bei erfreulich geringer Gelbrostanfälligkeit. Der Ertrag lag bei 106 Prozent, der Rohproteingehalt bewegte sich etwas unter Butaro-Niveau.

Die neue Sorte Angelus ist ein E-Weizen aus Österreich. Er ist mittellang und ausreichend standfest. Die Blattgesundheit ist ebenfalls durchschnittlich. Der Kornertrag im ersten Prüfjahr lag bei relativ 108, der Rohproteingehalt gut einen Prozentpunkt unter Butaro. Die neue E-Sorte Axioma ist eher kurz im Wuchs und daher sehr standfest. Sie erfreut durch eine ausgewogene Blattgesundheit, das gilt insbesondere für Mehltau und Gelbrost. Der Relativertrag lag 2015 bei 110 Prozent, der Rohproteingehalt knapp unter Butaro.

Bernstein ist ein weiterer neuer E-Weizen, der sehr lang und gleichzeitig sehr standfest ist. Er machte im Feldversuch eine ausgezeichnete Figur, was im Gelbrostjahr 2015 an seiner ausgeprägten Resistenz gegenüber Gelbrost lag. Ansonsten ist die Blattgesundheit zufriedenstellend. Der Ertrag lag bei relativ 113. Im Rohproteingehalt ist daher mit geringeren Gehalten zu rechnen, was die einjährigen Ergebnisse zu bestätigen scheinen.

Govelino ist eine neue Sorte der Getreidezüchtungsforschung Darzau. Dieser sehr lange E-Weizen mit Tendenz zum Lagern bei höherer Nährstoffversorgung weist eine ausgeprägte Fähigkeit zur Bodenbedeckung auf. Die Blattgesundheit ist bis auf die Gelbrostanfälligkeit sehr erfreulich. Der Gelbrost jedoch war es auch, der dazu führte, dass zwar die Proteinwerte 2015 die höchsten waren, der Ertrag jedoch enttäuschte (86 Prozent von Butaro).

Der ebenfalls neue E-Weizen Kobold ist hinsichtlich der hier diskutierten agronomischen Eigenschaften durchweg eine ausgeglichene Sorte. Das hohe Ertragspotenzial, das ihm zugeschrieben wird, hat er auch gezeigt. Vom Gelbrost im Feld völlig unbeeindruckt erzielte er in 2015 112 Prozent im Ertrag bei dafür weit unterdurchschnittlichem Rohproteingehalt.

Die A-Weizen LSV-Kurzporträt

Discus ist ein langstrohiger, mehrjährig geprüfter A-Weizen, der stets ein sehr hohes Ertragsniveau drosch bis der Gelbrost kam. Obwohl seine Anfälligkeit für diese Pilzkrankheit laut Bundessortenamt nur bei 5 liegt, waren die Ertragseinbußen in den zurückliegenden beiden Gelbrostjahren erheblich (86 Prozent im Verhältnis zum E-Weizen Butaro). Es gibt andere A-Weizen im Sortiment, die mit dem Gelbrost besser klar kamen.

Dazu gehört eindeutig die Sorte Estivus, die im Ertrag über alle drei hier dargestellten Prüfjahre absolut überzeugte. Sehr standfest und blattgesund kann sie ohne Wenn und Aber für den Anbau empfohlen werden. Die bekannte A-Sorte Naturastar hingegen hat ihre besten Zeiten wohl hinter sich. Aufgrund der verheerenden Gelbrostanfälligkeit wies sie im Mittel der beiden Jahre 2014 und 2015 die niedrigsten Erträge des gesamten Prüfsortimentes auf.

Das gleiche gilt für JB Asano, der in 2014 bundesweit durchs Raster fiel, weil auch im konventionellen Anbau die Ertragseinbußen durch Gelbrost so massiv waren. 2015 wurde er in den Öko-LSV bereits nicht mehr geprüft. Julius hingegen ist eine ganz ausgewogene Sorte, die mittlere A-Weizenerträge drosch, aber weder mit dem genannten Estivus noch mit der Sorte Pionier Schritt halten konnte. Letztere ist bis auf Braunrost sehr blattgesund, mittellang und sehr standfest.

Die C-Weizen LSV-Kurzporträt

Seit zwei Jahren werden auch C-Weizen im Ökolandbau geprüft. Elixer, bereits zweijährig geprüft, machte dabei einen hervorragenden Eindruck. Sein einziger augenscheinlicher Nachteil, die Lageranfälligkeit, sollte beim Anbau berücksichtigt werden. Erstmalig geprüft wurde die C-Sorte Manitou, die zwar etwas kurz im Wuchs ist, aber ansonsten ein sehr erfreuliches Profil aufweist. Es gab 2015 keinen A-Weizen, der ihr hinsichtlich des Kornertrages das Wasser reichen konnte.

Wer Bedarf an Öko-Saatgut hat, kann sich im Internet auf der Seite www.organicxseeds.com über verfügbare Sorten und deren Anbieter informieren. Die Ergebnisse der hessischen Öko-Landessortenversuche können auf http://www.llh.hessen.de/oekologi-scher-landbau/oekologischer-pflan-zenbau.html abgerufen werden.

Dr. Thorsten Haase, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) – LW 39/2015