Der Schädlingsdruck nimmt weiterhin zu

Pflanzenschutztag an der Landwirtschaftlichen Woche Südhessen

Technik, Mittel und Vorschriften bei Maßnahmen zum Pflanzenschutz wurden im Rahmen der Landwirtschaftlichen Woche in Gernsheim vorgestellt und diskutiert. Die Tagung, die auch als Fortbildungsveranstaltung nach Pflanzenschutzgesetz anerkannt wurde, machte deutlich, dass eine laufende Weiterbildung in Sachen Pflanzenschutz heute unerlässlich ist.

Der Auftakt der Vortragsveranstaltung galt dem Thema Düsentechnik und Abdriftvermeidung. Referent Thomas Bickhardt stellte hierzu grundsätzlich fest, dass die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nur nach „Guter Fachlicher Praxis“ erfolgen darf und immer unterbleiben muss, wenn der Anwender mit schädlichen Auswirkungen dieses Einsatzes rechnen muss.

Flächen mit Behandlungsverbot so klein wie möglich halten

„Wenn Sie Abstände zu Saumstrukturen oder Gewässern einhalten müssen, prüfen Sie, ob diese Fläche nicht besser in das Greening einbezogen werden sollte,“ gab Bickhardt den Praktikern zu bedenken.

Außerdem empfahl er, bevorzugt in den Morgen- und Abendstunden zu behandeln, weil dann Temperatur, Luftfeuchte und Windverhältnisse am günstigsten seien. „Wenn dann noch Düsen mit hoher Abdriftminderung verwendet werden, können die Flächen, die nicht behandelt werden dürfen, so klein wie möglich gehalten werden.“ Zum Thema Fahrgeschwindigkeit bemerkte er, dass in kleinstrukturierten Gebieten langsamer gefahren werden müsse als etwa auf den großen Schlägen in Ostdeutschland, weil höheres Tempo auch immer mehr Abdrift bedeute.

Bienen schützen durch Kooperation

„Die Pflanzen und die Bienen schützen“ lautete das Thema von Stephan Brand, Pflanzenbauberater am LLH in Wächtersbach und selbst Hobby-Imker. Die Honigerzeugung in Deutschland liege bei rund 80 000 Tonnen pro Jahr, der Selbstversorgungsgrad bei gerade einmal 25 Prozent. In Hessen werden laut Brand etwa 50 000 Bienenvölker gehalten, die 1750 t Honig produzieren. „Etwa ein Drittel davon stammt aus dem Rapsanbau“, unterstrich der Berater und wies damit auf die gegenseitige Abhängigkeit von Imkern und Landwirten hin, denn die Bienen bestäuben im Gegenzug in großem Umfang die Rapspflanzen.

Brand appellierte an Landwirte und Bienenhalter, sich gegenseitig über ihre Aktivitäten zu unterrichten. Der Landwirt müsse wissen, wo Bienenstöcke in seinem Arbeitsbereich stehen und Imker sollten über geplante Pflanzenschutzmaßnahmen unterrichtet werden. „Das geht aber nur, wenn man sich kennt und in ständigem Kontakt steht“, betonte der Referent.

Dr. Ruben Gödecke riet Getreidebauern, sich bei Vorkontrakten die DON-Grenzwerte für Mahlweizen anzusehen.

Foto: Becker

Thomas Bickhardt bemerkte zum Thema Fahrgeschwindigkeit: „In kleinstrukturierten Gebieten muss langsamer gefahren werden, weil höheres Tempo auch immer mehr Abdrift bedeutet.“.

Foto: Becker

Stephan Brand appellierte an Landwirte und Bienenhalter, sich gegenseitig über ihre Aktivitäten zu unterrichten.

Foto: Becker

Fungizide alleine können Fusarien nicht immer in Schach halten

Dr. Ruben Gödecke vom Pflanzenschutzdienst Hessen warnte vor den gesundheitlichen Schäden, die Fusariumpilze über die von ihnen gebildeten Toxine bei Mensch und Tier hervorrufen können. Vor allem in der Schweinehaltung komme es beim Einsatz von nicht überprüftem Eigenfutter immer wieder zu Kümmerern, Fehlgeburten und Scheinrauschen, was bei Ferkelerzeugern Einbrüche um bis zu 50 Prozent zur Folge haben könne.

Risikofaktoren für eine Infektion mit Fusariumpilzen sei einerseits die Witterung, vor allem Regen kurz vor, während und direkt nach der Getreideblüte. Andererseits seien vor allem die Vorfrüchte Mais, Zuckerrüben und auch Weizen ein Risikofaktor; hier müsse über entsprechende Stoppel- und Bodenbearbeitung eine Reduzierung des Pilzdruckes erreicht werden. Gödecke machte klar: „Fungizide können den Gehalt am Leittoxin DON nur etwa um 50 Prozent senken. Wenn also eine für den Pilz günstige Witterung, entsprechende Vorfrüchte und eventuell noch eine anfällige Sorte zusammenkommen, werden Fungizidbehandlungen die Gehalte an schädlichen Toxinen nicht unter den Grenzwert drücken können.“

Diesbezüglich riet er Getreidebauern noch dazu, sich bei Vorkontrakten die „Landhandel-Grenzwerte“ für Mahlweizen anzusehen, denn diese lägen oftmals unter dem geforderten EU-Grenzwert von 1250 µg DON/kg Mehl. „Schöpfen Sie alle ackerbaulichen Maßnahmen zur Fusariumreduktion voll aus“, lautete das Fazit des Pflanzenschutzexperten.

Schädlingsbefall wird oft überschätzt

Ãœber das Auftreten tierischer Schad­erreger und deren Bekämpfung sprach Michael Lenz vom Pflanzenschutzdienst in Wetzlar. Er warb eindringlich dafür, Bekämpfungsmaßnahmen nur nach Ãœberschreitung der jeweiligen Schadschwellen vorzunehmen. Meist würden die Ertragsverluste, die ein Schädling tatsächlich verursache, deutlich überschätzt. Oft reiche auch eine nesterweise oder Behandlung am Feldrand aus. „Auch hier gilt, ackerbauliche Maßnahmen vor Chemie“, so Lenz.

Zur Drahtwurmbekämpfung im Mais wies der Pflanzenschützer darauf hin, dass es in Deutschland keine Zulassung für die Sonido-Beize gibt; in Frankreich und Österreich allerdings schon. Dieses gebeizte Saatgut dürfe in Deutschland verkauft und ausgesät werden. Die Aussaat solle aber auf Flächen mit starkem Befall begrenzt bleiben.

Bei allen Insektizidanwendungen nach Schadschwellen sollte man sich immer für die nützlingsschonende Variante entscheiden, keine Routinemaßnahmen vornehmen, nicht vorbeugend behandeln (außer Beizung) und immer bedenken, dass Insektizide nicht zu 100 Prozent wirken.

Hinweise zur Schadnagerbekämpfung und zum Pflanzenschutzmittel­einsatz im Frühjahr 2017 rundeten die Veranstaltung ab.

KB – LW 6/2017