Der Standort bestimmt den Stickstoffhaushalt

Einsatz und Effizienz verschiedener N-Mineraldünger

Der Inlandabsatz synthetisch hergestellter Stickstoffdünger in Deutschland liegt in einem Bereich zwischen 1,6 und 1,8 Millionen Tonnen pro Jahr. Wie stark die verschiedenen Düngerformen zu Verlusten in die Atmosphäre und in das Grundwasser neigen, soll in diesem Artikel nachvollzogen werden; ebenso die unterschiedlichen Bedingungen, welche diese Prozesse beeinflussen.

Sowohl gasförmigen Stickstoffverlusten als auch der Auswaschung von Nitrat aus dem Boden kann durch geeignete Bewirtschaftungsmaßnahmen entgegengewirkt werden.

Foto: landpixel

Von den verwendeten Düngerformen hatte der in Deutschland traditionell eingesetzte Kalkammonsalpeter im Jahre 2014/2015 mit zirka 35 Prozent den größten Anteil, gefolgt von Harnstoff und Ammonnitrat-Harnstoff-Lösung mit Anteilen von zirka 25 Prozent und knapp 10 Prozent. Andere Einnährstoffdünger wie Ammoniumsulfat, Ammonsulfatsalpeter, Calciumnitrat oder Kalkstickstoff hatten einen Anteil am Inlandabsatz von insgesamt 21, Mehrnährstoffdünger (NP, NK, NPK) von 9 Prozent.

Unabhängig von der eingesetzten Form, kann die Ausnutzung des Düngerstickstoffs durch die Pflanze je nach Versuch sehr stark variieren. So bewegt sich die N-Ausnutzung je nach Versuch in einem sehr weiten Bereich zwischen 25 und 85 Prozent. Ein Vergleich verschiedener N-Düngerformen ergibt häufig, dass die Ausnutzung von Ammoniumnitratdüngern besser ist als die Ausnutzung von Harnstoff, Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösungen oder Ammoniumsulfatdüngern.

Verbesserungen der Ausbringungstechnik wie die Einarbeitung von Harnstoff oder Düngerzusätze wie Urease- oder Nitrifikationshemmstoffe wirken sich jedoch modifizierend auf die relative Vorzüglichkeit verschiedener N-Formen aus. Da zielge­richtete Maßnahmen zur Erhöhung der N-Effizienz bestimmter N-Düngerformen die Kenntnis der Umsetzung dieser N-Dünger im Boden erfordern, sollen diese im Folgenden kurz umrissen werden.

Pflanzenverfügbarkeit und N-Verluste

Auf den meisten landwirtschaftlich genutzten Böden sind Harnstoff- oder Ammoniumdünger nach ihrer Ausbringung einer schnellen Umsetzung unterworfen. So wird Harnstoff durch das Enzym Urease zu Ammoniumcarbonat hydrolysiert, welches in NH3/NH4+ und verschiedene anorganische Carbonat-Spezies zerfällt. Die Hydrolyse von breitflächig ausgebrachtem Harnstoff kann innerhalb weniger Tage abgeschlossen sein. Der mit der Hydrolyse verbundene vorübergehende Anstieg des Boden-pH-Werts und das NH3/NH4+-Verhältnis hängen vom Ausgangs-pH-Wert im Boden und dessen H+-Pufferkapazität ab. In verschiedenen Arbeiten konnte nach einer Harnstoffdüngung ein pH-Anstieg im Boden von etwa 6 bis 7 auf rund 8 bis 9 ermittelt werden. Ähnliche Erhöhungen des pH-Werts wie nach Harnstoffdüngung wurden auch nach der Ausbringung Diammoniumphosphat ermittelt.

Ammonium-Dünger wirken bodenversauernd

Das aus Ammonium (NH4+) enthaltenden beziehungsweise Ammonium bildenden Düngern entstandene NH4+ unterliegt einer schnellen mikrobiellen Umsetzung und wird über Nitrit zu Nitrat (NO3-) oxidiert, wobei zwei Protonen freigesetzt werden, das heißt eine Bodenversauerung stattfindet. Dies trifft auch auf die Düngung mit Harnstoff zu, sobald dieser bis zum NO3- umgesetzt ist.

Normalerweise findet die Nitrifi­kation in allen landwirtschaftlich genutzten Böden statt, in denen eine ausreichende Belüftung sowie günstige pH- und Temperaturbedingungen gewährleistet sind. Die höchsten Nitrifikationsraten wurden zwischen 20 und 40 °C und bei pH-Werten zwischen 6 und 8 ermittelt.

Bei N-Effizienz der Düngerformen auch Umweltwirkungen beachten

Die skizzierte Umsetzung der verschiedenen N-Formen im Boden hat vielfältige Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit des Bodens sowie den Schutz von Wasser und Luft, so in Zusammenhang mit der Versauerung des Bodens als Folge von Nitrifikation und Nitratauswaschung und der durch pH-Wert-Veränderungen beeinflussten Mineralstoffverfügbarkeit (insbesondere Phosphat und Mikronährstoffe.

Sowohl aus Sicht der Landwirtschaft als auch des Umweltschutzes ist eine Abschätzung der Bedeutung von verschiedenen N-Verlustpfaden, insbesondere der Emission von Ammoniak, der Emission von N2 und Stickoxiden sowie der Nitratauswaschung von besonderem Interesse, wenn die Effizienz von verschiedenen N-Düngerformen verglichen werden soll. Im Zusammenhang mit der Pflanzenverfügbarkeit des Düngerstickstoffs interessiert schließlich auch, welche Bedeutung der biologischen N-Immobilisierung und der Ammonium-Fixierung bei der Verwendung von verschiedenen N-Formen zukommen kann.

Emission von Ammoniak vor allem aus der Tierhaltung

Die Emission von Ammoniak (NH3) wird in Deutschland zu über 90 Prozent von der Landwirtschaft verursacht, wobei der Mineraldüngung im Vergleich zur Tierproduktion ein Anteil von höchstens 15 Prozent der Emissionen zukommt. Abgesehen von dem durch die Emissionen bedingten ökonomischen Verlust für den Landwirt, trägt die Re-Deposition von Ammonium zur Bodenversauerung, zu einem Ungleichgewicht des Nährstoffangebots und zu einer Verschiebung der Artenzusammensetzung in naturnahen Ökosystemen bei.

Ammoniak-Emissionen im Feld können grundsätzlich bei der Ausbringung von allen Düngern entstehen, die Ammoniak enthalten beziehungsweise bei deren Umsetzung Ammoniak entsteht, also neben „organischen“ Düngern wie Rinder- und Schweinegülle sowie Gärrückständen auch aus Mineraldüngern wie Harnstoff, Ammonnitrat-Harnstoff-Lösung, Ammoniumsulfat oder Ammoniumnitrat. In der Literatur berichtete Ammoniakverluste (Prozent der ausgebrachten N-Menge) in Abhängigkeit von der Düngerform variieren von 5 bis 60 Prozent bei Gülle, 3 bis 36 Prozent bei Harnstoff, 9 bis 16 Prozent bei Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösung, 1 bis 43 Prozent bei Ammoniumsufat und 0 bis 7 Prozent bei Ammoniumnitrat. Insgesamt weist unter den synthetischen Düngern Harnstoff also das höchste Verlustpotenzial auf.

Prof. Franz Wiesler, Dr. Martin Armbruster, LUFA Speyer – LW 19/2016