Neue Verordnung könnte Ende März in Kraft treten
Neuregelungen im Pflanzenschutzrecht
Mit dem neuen Pflanzenschutzgesetz vom 14. Februar 2012 wurden wesentliche Vorgaben des EU-Pflanzenschutzrechts umgesetzt. Das PflSchG gibt aber lediglich den Rechtsrahmen vor. Details zum Pflanzenschutzrecht sind per Verordnung zu regeln. Teilweise existieren diese Verordnungen bereits und müssen vor dem Hintergrund der neuen Inhalte des PflSchG nur aktualisiert werden. Die wichtigsten Änderungen werden hier vorgestellt.
Andererseits müssen aber auch neue Verordnungen erlassen werden. Die Neuregelungen der wichtigsten untergesetzlichen Rechtsnormen sind in der „Artikelverordnung“ zusammengefasst, die als Entwurf vorliegt. „Artikel-VO“ bedeutet, dass die VO aus mehreren Abschnitten (=Artikeln) besteht, und jeder Abschnitt eine eigene Verordnung darstellt. Die wichtigsten Inhalte der Artikel-VO betreffen die Neuregelung der Pflanzenschutz-Sachkunde und zu den Pflanzenschutzgeräten. Auf die Regelungen zum Pflanzenschutzmitteleinsatz mit Luftfahrzeugen, die ebenfalls in der „Artikel – VO“ enthalten sind, wird an dieser Stelle nicht eingegangen. Nach optimistischer Einschätzung könnte die Artikel-VO Ende März in Kraft treten.Pflanzenschutz-Sachkunde umfassend neu geregelt
Die deutlichsten Änderungen sind bei der Pflanzenschutz-Sachkunde zu verzeichnen. So wurde verbindlich ein Sachkunde-Nachweis (SKN) eingeführt. Diese zusätzliche Bescheinigung berechtigt zum Erwerb von Pflanzenschutzmitteln (PSM), zur berufsmäßigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und zur Beratung zum Pflanzenschutzmitteleinsatz.
Der SKN muss bei der zuständigen Behörde (in Rheinland-Pfalz DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück und DLR Rheinpfalz) beantragt werden. Der SKN ist bundesweit einheitlich geregelt, hat die Form einer „Kreditkarte“ und enthält die folgenden Angaben wie Name des Nachweisinhabers mit Geburtsdatum und -ort, Tätigkeit, zu welcher der SKN berechtigt, ausstellende Behörde und Registriernummer. Letztere wird in einem elektronischen Speichermedium erfasst.
Der SKN darf nur ausgestellt werden, wenn der Antragsteller die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nachweist. Im Wesentlichen sind es dieselben wie bisher, wobei allerdings die Kenntnisse zu Eigenschaften und Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln einen Schwerpunkt bilden. Der Nachweis kann erfolgen durch Bestehen einer Prüfung, Vorlage eines Abschlusszeugnisses über eine anerkannte Berufsausbildung beziehungsweise eines Studienabschlusses in Verbindung mit einer Bescheinigung, dass im Studium Pflanzenschutz-Inhalte vermittelt wurden, und durch Bescheinigungen anderer EU-Staaten.
Ausländische Antragsteller müssen nachweisen, dass die deutsche Sprache ausreichend beherrscht wird. Die Anerkennung von Bescheinigungen aus Nicht-EU-Mitgliedstaaten ist möglich.
Bei Art und Durchführung der Sachkunde-Prüfungen hat sich nur Unwesentliches geändert.
Der Sachkundenachweis muss alle drei Jahre verlängert werden
Künftig werden nicht mehr alle in der alten Sachkunde-VO aufgeführten Berufsausbildungen anerkannt sein (zum Beispiel Drogisten, Floristen, Pharmazeutisch-technische Assistenten). Die erwähnte Bescheinigung zum Studienabschlusszeugnis wurde erforderlich, da nicht mehr alle Studiengänge des „grünen Bereiches“ in ausreichendem Maße den Pflanzenschutz lehren.
Der SKN kann unter bestimmten Umständen entzogen werden, zum Beispiel bei wiederholten oder sehr groben Verstößen gegen das Pflanzenschutzrecht. Zur Wiedererlangung muss erneut eine Prüfung abgelegt werden. Für Abgeber von PSM, denen der SKN entzogen wurde, ist das Ablegen der Prüfung erst ein halbes Jahr vor Ablauf der festgesetzten Sperrfrist, die bis zu fünf Jahren betragen kann, möglich.
Zur Aufrechterhaltung der Sachkunde ist der Nachweis der Teilnahme an einer behördlich anerkannten Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme in einem Zeitraum von drei Jahren nach Ausstellung des SKN erforderlich. Die Fortbildungsmaßnahmen müssen entweder den alleinigen Inhalt, mindestens jedoch den inhaltlichen Schwerpunkt der Maßnahme darstellen. Die Vermittlung der Inhalte muss durch geeignetes Fachpersonal in geeigneten Räumlichkeiten erfolgen. Die Anerkennung von Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen muss beantragt und von der zuständigen Behörde genehmigt werden.
Die einschlägigen Veranstaltungen der Pflanzenschutzdienste sind anerkannte Veranstaltungen im Sinne der Sachkunde-VO. Veranstalter von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen müssen Listen mit Teilnehmern (Name, Vorname, Unterschrift) an die zuständige Behörde übermitteln. Den Teilnehmern ist eine Bescheinigung über die Teilnahme an der Fort-/Weiterbildungsmaßnahme auszustellen. Zurzeit ist die Diskussion über die Mindestdauer und eine präzisere Ausgestaltung der Vorgaben zu den Inhalten (Anteile bestimmter Inhalte) noch nicht abgeschlossen.
Wichtig für die Sachkunde ist die Übergangsregelung im PflSchG:
Wer am 14. Februar 2012 sachkundig war, ist sachkundig bis 26. November 2015 und kann bis zum 26. Mai 2015 einen SKN beantragen. Für diesen Personenkreis beginnt der Drei-Jahres-Zeitraum zur Fort-/Weiterbildung am 1. Januar 2013. Wer sich am 14. Februar 2012 in Aus-, Fort- oder Weiterbildung befand, erhält den SKN nach alter VO. Personen, die nach dem 14. Februar 2012 ihre Aus-, Fort- oder Weiterbildung begonnen haben oder beginnen, erhalten ihren SKN nach aktuell gültiger Sachkunde VO. Für die „Neu-Sachkundigen“ beginnt der Zeitraum zur Fort- und Weiterbildung mit dem Tag der Ausstellung des SKN.
Die neue Sachkunde-VO wird aller Voraussicht nach frühestens erst ab Ende März 2013 in Kraft treten. Bis dahin sind die Bestimmungen der alten Sachkunde-VO in Verbindung mit § 9 PflSchG gültig.
Mit Kontrollplakette auf der sicheren Seite
Die umfangreichen Regelungen zu Pflanzenschutzneugeräten im alten PflSchG entfallen und werden durch die Regelungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ersetzt. Die Umsetzung der Vorschriften erfolgt durch das Produktsicherheitsgesetz und die Maschinenverordnung. Dort sind allgemeine und für PS-Geräte spezielle Voraussetzungen für die Erteilung des CE-Kennzeichens, das Voraussetzung für den Verkauf von Geräten ist, aufgeführt.
Künftig ist es nicht mehr erforderlich, dass ein neues PS-Gerät beim Julius-Kühn-Institut (ehemalige BBA) registriert werden muss. Der Gerätehersteller ist verpflichtet auf seinem Neugerät die CE-Kennzeichnung anzubringen. Trägt ein PS-Gerät die CE-Kennzeichnung, so wird vermutet, dass es die Vorgaben der Maschinenrichtlinie erfüllt und somit in Verkehr gebracht werden darf.
PS-Gerätehersteller können aber auch künftig freiwillig beim JKI oder bei anerkannten Prüfstellen ihre Neugeräte daraufhin prüfen lassen, ob bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen auftreten beziehungsweise ob sie zusätzliche Anforderungen erfüllen (Abdriftreduzierung, Minderung des Verbrauchs beim PSM - Ausbringen). Zuständig für die Überwachung des Inverkehrbringens von Neugeräten sind die Gewerbeaufsichtsbehörden, wobei die PS-Behörden mitwirken können.
Der Praxis ist dringend anzuraten, sich vor einem Neukauf entsprechend von unabhängiger Seite beraten zu lassen beziehungsweise neue Geräte nur geprüft (mit Kontrollplakette) zu kaufen, um unliebsame Überraschungen beim späteren Einsatz zu vermeiden!
Pflanzenschutzgerätekontrolle nur noch alle drei Jahre
Größere Änderungen sieht die neue Pflanzenschutzgeräte-VO bei der Gerätekontrolle in Gebrauch befindlicher PS-Geräte vor. So ist vorgesehen, dass der Kontrollrhythmus in Deutschland auf drei Jahre ausgedehnt wird. Die Geräte müssen von amtlichen beziehungsweise amtlich anerkannten Werkstätten kontrolliert werden. Bei der Kontrolle muss überprüft werden, ob die Anforderungen erfüllt sind. Aspekte des Anwenderschutzes und der Verkehrssicherheit können in die Kontrolle mit einbezogen werden.
Im Drei-Jahres-Turnus kontrolliert werden müssen alle bisher schon prüfpflichtigen Geräte sowie Karrenspritzen in Gewächshäusern, Luftfahrzeuge und Schienenfahrzeuge. Nicht kontrolliert werden müssen handgehaltene sowie schulter- und rückentragbare Pflanzenschutzgeräte, insbesondere Sprühflaschen, Druckspeicherspritzen, Streichgeräte oder Spritzgeräte mit Rotationszerstäuber, handbetätigte Rückenspritzgeräte, motorbetriebene Rückenspritzgeräte oder motorbetriebene Rückensprühgeräte.
Erstmals bis zum 31. Dezember 2020 und dann nach jeweils sechs Kalenderhalbjahren kontrolliert werden müssen stationäre und mobile Beizgeräte (auch für Kartoffeln), Schlepper-getragene oder von einer Person geschobene oder gezogene Streich- und Bodenentseuchungsgeräte sowie Granulatstreuer. Erstmals bis zum 26. November 2016 und dann nach jeweils sechs Kalenderhalbjahren kontrolliert werden müssen Nebelgeräte. Erfolgreich kontrollierte Geräte müssen wie bisher mittels Kontrollplakette gekennzeichnet werden.
PS-Geräte, die vor dem Inkrafttreten der neuen VO geprüft wurden, müssen spätestens ein Jahr nach dem auf der Prüfplakette angegebenen Datum kontrolliert worden sein. Neugeräte sind erstmals nach sechs Monaten kontrollpflichtig. Gerätekontrollen in einem anderen Mitgliedsstaat werden für drei Jahre anerkannt.
Das Verwenden von Pflanzenschutzgeräten, die keiner vorgeschriebenen Kontrolle unterzogen worden oder nicht mit einer gültigen Plakette versehen worden sind, ist verboten.
Inkrafttreten schließt die Reform des Pflanzenschutzrechtes ab
Mit dem Inkrafttreten der Artikelverordnung wird die Reform des Pflanzenschutzrechtes abgeschlossen. Besonders in den Bereichen Sachkunde und Pflanzenschutzgeräte haben sich größere Veränderungen ergeben.
Eine zusätzliche Bescheinigung, der Sachkundenachweis, wurde eingeführt, ebenso die Verpflichtung zur Fort- und Weiterbildung im Pflanzenschutz, um die Sachkunde aufrecht zu erhalten. Auch wenn die Agrarverwaltung dadurch in erheblichem Maße zusätzlich belastet wird, so ist diese Maßnahme zu begrüßen.
Für Betriebsleiter, die bisher schon mit der Pflanzenschutzberatung eng kooperierten, bedeutet die Neuregelung keine zusätzliche Belastung. Beratungsferne Betriebe werden verpflichtet sich fortzubilden, ihr Wissen zu aktualisieren und die Regeln der Guten fachlichen Praxis einzuhalten. Der Berufsstand und sein Image in der Gesellschaft werden mittel- bis langfristig hiervon profitieren.
Bei den Pflanzenschutzgeräten ist einerseits zu bedauern, dass die bisher vorgeschriebene Geräteprüfung für Neugeräte beim JKI entfallen ist, da hierdurch Sicherheit für den Käufer verloren geht. Beim Kauf neuer Pflanzenschutzgeräte sollte daher unbedingt Beratung eingeholt und auch auf einem „Kauf mit Kontrollplakette“ bestanden werden. Andererseits wäre die Ausdehnung des Kontrollrhythmus von zwei auf drei Jahre für die eher kleineren bis mittleren Betriebe im Südwesten eine gewisse Erleichterung und Kostenersparnis.
Dr. Erich Jörg, Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz, Mainz – LW 9/2013