Agrarscouts als Botschafter der modernen Landwirtschaft

Grüne Woche ist wichtige Kommunikationsplattform

Viele Städter wissen heute nicht mehr, wie es auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aussieht. Der Erlebnisbauernhof auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin gibt ihnen die Gelegenheit, sich über die moderne Landwirtschaft zu informieren. Über 100 Agrar­scouts haben an den zehn Messetagen in diesem Jahr ganz persönliche Einblicke in ihren Alltag auf dem landwirtschaftlichen Betrieb gewährt und mit den Besuchern diskutiert.

Max Ballatz arbeitet bei der RWZ Rhein-Main in Friedberg. Er berät Ackerbauern und kümmert sich um die Getreidevermarktung. Öffentlichkeitsarbeit liegt ihm auch in seinem Beruf am Herzen. Er hat mit einigen Landwirten gemeinsam die Aktion „Schau ins Feld“ im Rhein-Main-Gebiet durchgeführt.

Foto: privat

Max Ballatz aus Friedberg und Mark Döhring aus Bad Wildungen waren als Agrarscouts in Berlin dabei. Es war nicht ihr erster Einsatz als Agrarscout. Döhring war bereits letztes Jahr in Berlin und auf der Norla in Rendsburg dabei, Ballatz bei der Ausstellung Land & Genuss in Frankfurt. In Berlin standen sie auf dem Erlebnisbauernhof nicht nur den Besuchern Rede und Antwort, sondern gaben auch Volontären verschiedener Tageszeitungen aus ganz Deutschland Einblicke in die moderne Landwirtschaft.

LW: Sie waren als Agrarscouts in Berlin. Was war Ihre Motivation, sich für den Einsatz zu bewerben?

Max Ballatz: Ich möchte, dass nicht nur über unsere Landwirtschaft, sondern mit den Landwirten geredet wird. Schön, dass das Forum Moderne Landwirtschaft uns dabei unterstützt, in Berlin mit den Menschen in den Dialog zu kommen und ein gutes Stück über unsere Arbeit aufzuklären. Ich freue mich aber auch darauf, besser zu verstehen, was den Verbrauchern in den Städten auf dem Herzen liegt und was sie sich von der modernen Landwirtschaft wünschen.

Mark Döhring: Viele Verbraucher haben keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft. Als Agrarscout hat man die Möglichkeit, im persönlichen Gespräch viele Vorurteile auszuräumen. Es sind interessante Gespräche mit den Verbrauchern, und man lernt, die Landwirtschaft aus dem Blickwinkel der Verbraucher zu sehen.

LW: Wie wurden Sie auf den Einsatz vorbereitet, welches Rüstzeug haben Sie für die Diskussion mit den Verbrauchern an die Hand bekommen?

Döhring: Vor dem ersten Einsatz als Agrarscout haben wir eine Schulung bekommen, bei der wir den Dialog mit den Verbrauchern geübt haben. Es ist gar nicht so einfach, in einfachen Worten und Bildern zu erklären, was wir auf dem Acker oder im Stall machen. Wir haben aber auch gelernt, wie wir uns nicht mit Fragen in die Ecke drängen lassen.

Ballatz: Die Schulung hat uns gut auf den Einsatz als Agrarscout vorbereitet. Wir haben geübt, worauf wir im Dialog mit den Verbrauchern achten sollen, zum Beispiel auf die Körperhaltung, und wie man sachlich argumentiert. Die Erfahrung, die man bei dem Messeauftritt als Agrarscout macht, schult ungemein.

LW: Sie haben auch Volontäre von verschiedenen Tageszeitungen über den Erlebnisbauernhof geführt, unter anderem auch vom Gießener Anzeiger und von der Nassauischen Neuen Presse. Wie war das Interesse der angehenden Redakteure an landwirtschaftlichen Themen?

Ballatz: Die meisten Volontäre hatten keine landwirtschaftliche Vorbildung. Der Erlebnisbauernhof bietet eine gute Plattform, um zu erklären, wie Raps und Getreide aussehen und wie es in modernen Schweine- und Kuhställen aussieht. Die Digitalisierung fanden die Volontäre interessant und auch die Möglichkeiten, mit dem IPad in der Hand die moderne Landwirtschaft auf dem Erlebnisbauernhof zu erkunden und dabei die Perspektiven zu wechseln. So konnten sie die Sicht des Landwirts, des Verbrauchers und der Industrie wahrnehmen. Die Volontäre waren erstaunt darüber, dass die Landwirte so moderne Techniken einsetzen wie den Melkroboter oder GPS-basierte Lenksysteme.

Mark Döhring kommt von einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchviehhaltung, Ackerbau und Legehennenhaltung. Er absolviert zurzeit in Dresden das duale Studium Agrarmanagement. Er war schon drei Mal als Agrarscout im Einsatz.

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Döhring: Ich habe die Volontäre als sehr aufgeschlossen gegenüber landwirtschaftlichen Themen erlebt. Sie haben viele Fragen gestellt, die von uns beantwortet werden konnten. Die Themen wurden in lockerer Runde erörtert, ohne dass den Volontären vorgefertigte Botschaften aufgedrängt wurden. Sie konnten sich informieren und Fragen stellen. Ich denke, die Volontäre haben Ideen bekommen, worüber sie berichten können – und in uns und in den Mitarbeitern des Forums Moderne Landwirtschaft auch Ansprechpartner für Fragen und Themen, die ihnen gerne weiterhelfen.

LW: Wie haben Sie Ihren Einsatz empfunden, welches Fazit ziehen Sie?

Döhring: Ich habe die Resonanz der Besucher auf dem Erlebnisbauernhof in diesem Jahr positiver empfunden als im letzten Jahr. Die emotionale Bewertung mancher Themen wie zum Beispiel Glyphosat war nicht mehr so hoch, es tut sich was. Es ist sehr wichtig, dass wir als landwirtschaftliche Berufsgruppe an der öffentlichen Wahrnehmung arbeiten. Mit den Leuten reden hilft. Ich habe mich auf dem Erlebnisbauernhof bei den Rindern postiert und viele Gespräche geführt. Dabei habe ich manchmal ganz einfache Fragen der Besucher beantwortet, aber auch tiefgreifende Diskussionen geführt. Als Landwirte müssen wir heute unser Tun und unsere Arbeit erklären. Das gelingt als Agrarscout auf der Grünen Woche sehr gut, weil man über die eigene Arbeit, aus der Ich-Perspektive, berichtet und dadurch sehr glaubwürdig ist.

Ballatz: Das kann ich nur bestätigen. Viele Besucher kommen und sagen, dass die Landwirtschaft, wie sie auf dem Erlebnisbauernhof gezeigt wird, nicht der Wirklichkeit entspricht. Denen kann ich dann sagen: Guckt euch in der Nachbarschaft um, fragt die Landwirte, was sie machen. Besonders spannend finde ich zu beobachten, wie Messebesucher ins Grübeln kommen, wenn sie mich mit negativen Berichten beispielsweise über Pflanzenschutz konfrontieren und ich ihnen von meinen eigenen Erfahrungen berichten kann. Bei diesem Thema greife ich gerne den Vergleich auf, dass bei modernem Pflanzenschutz ein Schnapsglas voll Wirkstoff auf die Größe eines Fußballfeldes ausgebracht wird oder wir den Maiszünsler durch die Schlupfwespen eindämmen. Bei diesen Beispielen kommen die meisten schon zum Nachdenken und verstehen ein bisschen besser, was es alles bedeutet, Ackerbau zu betreiben. Deshalb werde ich auch dieses Jahr wieder als Agrarscout den Besuchern der Land & Genuss-Messe Ende Februar in Frankfurt Rede und Antwort für aktuelle Themen aus der Landwirtschaft stehen.

Die Fragen stellte Imke Brammert-Schröder – LW 7/2018