Anbau von Sonnenblumen und Sommerraps rückläufig
LSV Sommerölfrüchte und Sortenempfehlungen für 2015
Der Anbau von Sonnenblumen bewegte sich mit bundesweit insgesamt rund 19 900 ha im Jahr 2014 um etwa 2000 ha unter dem Niveau des Vorjahres. Ein nennenswerter Anbau von Sommerraps fand im Vegetationsjahr 2014 noch in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt statt. Über die aktuelle Sortenempfehlung zu den Sommerölfrüchten berichten Dr. Stefan Weimar, Dr. Albert Anderl und Marko Goetz vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Bad Kreuznach.

Im LW-Gebiet konzentriert sich der Anbau von Sonnenblumen auf die klimatisch begünstigten Regionen des Rheingrabens, die eine zeitige Abreife unter möglichst trockenen Erntebedingungen im Frühherbst gewährleisten.
Foto: agrarfoto
Sonnenblumen brauchen es warm
Ein erfolgreicher Anbau von Sonnenblumen setzt eine Temperatursumme von mindestens 1450 °C auf der Basis von 6 °C zwischen April und September voraus. Für die Sortenwahl sind neben dem Korn- beziehungsweise Ölertrag eine sichere Abreife, eine ausreichende Standfestigkeit sowie eine ausgeprägte Toleranz gegenüber Botrytis, Sclerotinia und Phomopsis entscheidend.
Jüngere Untersuchungen der landwirtschaftlichen Koordinationsstelle für Bildung und Forschung Tulln belegen für Bestandesdichten zwischen fünf bis acht Pflanzen/m2 einen im Mittel um 12 Prozent höheren Kornertrag, wenn der Reihenabstand von 75 cm auf 50 cm verringert wurde. Bei vergleichbarer Kornfeuchte konnte der Ölgehalt tendenziell noch verbessert werden.
Um Ertragsausfälle durch Taubenfraß nach der Aussaat und während der Abreife vorbeugend abzuwehren, sollte die einzelbetriebliche Anbaufläche zu größeren Feldblöcken zusammengefasst werden.
Für den praktischen Anbau stehen konventionelle Sorten zur Verfügung, deren Fettsäuremuster durch einen Anteil an ungesättigten Fettsäuren in Höhe von 15 bis 20 Prozent Ölsäure und bis zu 70 Prozent Linolsäure gekennzeichnet ist. Als Mindestanforderung bei der Vermarktung gilt ein Ölgehalt von mehr als 44 Prozent auf der Basis von maximal 9 Prozent Kornfeuchte und 2 Prozent Fremdbesatz.
Aufgrund der wirtschaftlichen Vorzüglichkeit konzentriert sich die landwirtschaftliche Praxis in Rheinland-Pfalz derzeit auf den Anbau von gestreiftsamigen konventionellen Sorten oder von „High-Oleic“- (HO-) Sorten. Die Mehrzahl der Anbauflächen befindet sich in den Landkreisen Mainz-Bingen und Alzey-Worms sowie im südöstlichen Landkreis Bad Kreuznach.
Konventionelle Sonnenblumen
Der Landessortenversuch 2014 am Standort Speyer knüpfte mit einem Kornertrag in Höhe von insgesamt 35,0 dt/ha an das Niveau des Versuchsjahres 2012 an. Unter den mehrjährig geprüften Züchtungen erreichten die langjährige Empfehlungs-sorte NK Delfi sowie die Sorte Vellox einen überdurchschnittlichen Korn- und Ölertrag.
Die gestreiftsamigen Sorten Olibird und Perceval platzierten sich nach zwei beziehungsweise drei Prüfjahren ertraglich zwischen 13 und 21 Prozent unter dem Verrechnungsmittel. Die gestreiftsamige Sorte B 24 BB 01 lieferte im ersten Prüfjahr mit relativ 117 Prozent einen überragenden Kornertrag.
Anhand des Überblicks zu den mehrjährigen Landessortenversuchen der Löss-Standorte Mitteldeutschlands bestätigte die Sorte NK Delfi auch im Vegetationsjahr 2014 ihre konstant hohen Korn- und Ölerträge. Dagegen platzierten sich die Sorten Alisson, NK Dolbi, P 63 LE 10 und Vellox ertraglich unter dem Mittel der Verrechnungssorten.
Nach den bereits vorliegenden Qualitätsuntersuchungen erreichten die Sorten NK Delfi und P 63 LE 10 eine überdurchschnittlich hohe Tausendkornmasse. Positiv fiel der hohe Ölgehalt der Sorte Vellox auf, der das Verrechnungsmittels noch um rund 2 Prozent übertraf.
Die bundesweiten EU-Sortenprüfungen
Im bundesweiten EU-Sortenversuch 2014 an insgesamt neun ausgewerteten Stand-orten bestätigte die Verrechnungssorte NK Delfi mit einem überdurchschnittlich hohen Korn- und Ölertrag ihre langjährige konstante Ertragsleistung. Die Sorten NK Dolbi und Vellox platzierten sich trotz ihres ausgesprochen hohen Ölgehalts beim Ölertrag unterhalb des Verrechnungsmittels.
Die zweijährig geprüften Sorten P 63 LL 06, ES Bella und ES Violetta lieferten jeweils einen unterdurchschnittlichen Korn- und Ölertrag sowie Ölgehalt. Unter den einjährig geprüften Züchtungen erzielte die großkörnige Sorte ES Columbella einen leicht überdurchschnittlichen Kornertrag und durchschnittlichen Ölertrag, während die Tribenuron-tolerante Sorte P 64 LE 25 ertraglich unter dem Mittel der Verrechnungssorten abschloss.
Die geprüften Sorten zeigten unabhängig von der bonitierten Wuchslänge eine insgesamt hohe Standfestigkeit. Die Sorten ES Bella, ES Violetta und ES Columbella tendierten zu einer leicht höheren Lagerneigung. Innerhalb der ein- und zweijährig geprüften Züchtungen zeichnete sich die Sorte P 64 LE 25 durch die geringste Anfälligkeit gegenüber Botrytis, Sclerotinia und Echtem Mehltau aus. Bei den Krankheitsbonituren wurden nur die Versuchsstandorte berücksichtigt, an denen eine Differenzierung zwischen den Sorten vorhanden war.
Sortenempfehlung konventionelle Sonnenblumen
Unter Berücksichtigung der mehrjährigen Landessortenversuche, des EU-Sortenversuchs sowie der Sortenbeschreibung 2014 des Bundessortenamtes wird die konventionelle Sorte NK Delfi (Reife mittel) zum Konsumanbau 2015 empfohlen.
Bei den konventionellen Sonnenblumen werden die gestreiftsamigen Sorten vorrangig als Vogelfutter verwertet. Erfahrungsgemäß realisieren diese bislang einen leicht geringeren Kornertrag als die übrigen konventionellen Züchtungen. Sie verfügen über einen niedrigeren Ölgehalt im Vergleich zu den Sorten, die zur Herstellung von Speiseöl geeignet sind. Aktuelle Ergebnisse zu Kornerträgen liegen aus Sortenversuchen des Landes Rheinland-Pfalz und der landwirtschaftlichen Koordinationsstelle für Bildung und Forschung Tulln in Österreich vor.
Angesichts des derzeit hohen Besatzes von osteuropäischer Importware mit Samen der Beifuß-Ambrosie versorgen sich die Verpackungsbetriebe vorzugsweise mit Partien an gestreiftsamigen Sonnenblumenkernen aus einheimischer Produktion. Die bestehende Nachfrage wirkte bereits im zurückliegenden Anbaujahr auf eine insgesamt attraktive Preisgestaltung hin, wobei Kontraktware zu Markterlösen etwas über 400 Euro/t Erntegut frei Erfassungsstelle gehandelt wurde.
Sortenempfehlung zum Konsumanbau gestreiftsamige Sonnenblumen (nur im Vertragsanbau): Perceval, P 64 BB 01 (früh); ES Royal (mittel).
High-Oleic- Sonnenblumen
High-Oleic-Züchtungen zeichnen sich durch einen Gehalt an Ölsäure zwischen 80 und 90 Prozent des Fettsäuremusters aus. Das aus HO-Sonnenblumen gewonnene Öl wird aufgrund seiner höheren Hitze- und Oxydationsstabilität als Brat- und Frittierfett aber auch als Salatöl bevorzugt. Außerdem findet es als Rohstoff von Polyadditiven, Tensiden, Schmierstoffen sowie pharmazeutischen und kosmetischen Artikeln vielseitige Verwendung. Das Erntegut von HO-Sonnenblumen muss einen Ölgehalt von mehr als 44 Prozent aufweisen. Beim „90plus“-Typ wird von der Oleochemie ein Gehalt an Ölsäure von mindestens 91 bis 92 Prozent und beim „80plus“-Typ von mindestens 81 bis 82 Prozent gefordert.
Für die mit höheren Marktpreisen bewerteten High-Oleic-SonnenÂblumen stehen der Praxis mehrjährig geprüfte Sorten aus unterschiedli-
chen Reifesegmenten zur Verfügung, deren Ertragsniveau mit den konventionellen Züchtungen zwischenzeitlich durchaus vergleichbar ist. Für die Sortenwahl sind eine frühe bis mittlere Abreife, eine ausgeprägte Standfestigkeit und ein hoher Ölsäuregehalt in Verbindung mit einem genetisch stabilen Fettsäuremuster entscheidend.
High-Oleic-Sorten stellen aufgrund der erfahrungsgemäß bis zu fünf Tage späteren Abreife einen höheren Anspruch an die Wasserversorgung während der Kornbildungsphase. Gleichzeitig sollte die N-Düngung verhalten bemessen werden, damit die Bestände rechtzeitig abreifen können.
Zur Absicherung eines hohen Ölsäuregehalts ist der isolierte Anbau der High-Oleic-Sorten in einem Abstand von mindestens 300 m zu den konventionellen Sorten anzustreben, um eine Pollenübertragung durch Insekten zwischen den beiden Formen zu verhindern. Eine geregelte Fruchtfolge mit mindestens vierjährigen Anbauabständen reduziert den Befall mit der durch Sclerotinia sclerotiorum verursachten Weißstängeligkeit. Sie wirkt gleichzeitig dem unerwünschten Durchwuchs von konventionellen Sonnenblumen entgegen, der zu einer Verminderung des Ölsäuregehalts beitragen kann. Die Einhaltung der qualitativen Mindestanforderungen setzen eine absolut sortenreine Ernte, Erfassung und spätere Verarbeitung der Ware voraus.
– LW 7/2015