Bäuerliche Gastronomie in der Pandemie

Anpassungen und Herausforderungen

Während Lebensmittelgeschäfte in der Pandemie geöffnet bleiben durften, mussten Gastronomen ihren Bewirtungsbetrieb – abgesehen von kurzen Unterbrechungen – einstellen. Das Ausliefern von Speisen und Getränken sowie Mitnahme-Angebote (to go) stellten für einige Gastronomen zwar eine Möglichkeit dar, die Verluste etwas abzumildern, brachte jedoch auch Herausforderungen mit sich. Luisa Rademann vom Fachgebiet Erwerbskombinationen beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) gibt nachfolgend einen Überblick, wie es bäuerlichen Gastronomen in der Pandemie erging, wie sie ihr Angebot angepasst haben und welche Probleme auf den Betrieben entstanden sind.

Viele Betriebe mit Hofgastronomie stehen aktueller denn je vor dem Problem des Fachkräftemangels.

Foto: imago/Ralph Peters

Da im Sommer 2020 kurzzeitige Öffnungen – vorwiegend im Außenbereich – möglich waren, wurden in Hofcafés und -restaurants kleinere Investitionen in Heizpilze, Zelte und die Ausweitung der Außenbestuhlung getätigt. Frühstücksbuffets wurden auf Servierwägen platziert und von Tisch zu Tisch gefahren, um Kontakte zu vermeiden. Für wen sich dies nicht rentiert hat, oder wessen Produkte nicht to-go-geeignet waren, dessen Türen blieben geschlossen.

Nach eigener Recherche haben sich viele Betriebe von Woche zu Woche vertrösten lassen, in der Hoffnung, die Infektionszahlen würden bald und rasch sinken und es könnte wieder geöffnet werden. Für andere lohnte es sich nicht, zwischen dem Wechsel von Lockerungen und Schließungen ihr Angebot anzupassen.

Etliche landwirtschaftliche Betriebe konnten ihre Produkte über ein To-go-Angebot vertreiben. So wurde zum Beispiel statt des Erdbeer-Saison-Cafés ein Waffel-to-go-Stand am Erdbeerfeld eröffnet. Hofcafés mit verkehrsgünstigen Standorten verzeichneten einen guten Absatz im Kuchenstück-Verkauf, während andere Cafés häufiger Bestellungen für ganze Kuchen und Torten entgegengenommen haben. Bei den Kuchen-to-go-Angeboten zeigte sich, dass Blechkuchen und kleinere Torten mit weniger Sahne für den Kunden einfacher zu transportieren sind und daher bevorzugt ausgewählt wurden. Um den Personalaufwand möglichst gering zu halten, wurden To-go-Angebote auf bestimmte Uhrzeiten beschränkt.

Um vor allem Konditor- und Bäckermeister an den Betrieb zu binden, schickte so mancher Betrieb seine Fachkräfte nicht in Kurzarbeit, mit den Bedenken, nach dem Lockdown keine neuen Fachkräfte gewinnen zu können.

Einen regelrechten Boom erlebten Fertiggerichte. Ob im Glas eingekochte Suppen, Gulasch, Currys und Rouladen aus dem Warenautomaten oder ofenfertig portionierte Menüschalen zum Abholen – die bäuerlichen Gastronomen haben sich dem neuen Lebensstil „Home-Office“ kreativ und rasch angepasst. Da 2020 vielerorts die Sommerferien in den eigenen vier Wänden verbracht wurden, konnten mancherorts auch 24-Stunden-Grillfleisch-Automaten erfolgreich etabliert werden.

Andere bäuerliche Gastronomen konnten die Verluste durch das Haupteinkommen aus der Landwirtschaft abfedern oder haben zwar das gastronomische Angebot eingestellt, dafür jedoch das Angebot im Hofladen erweitert oder die Zeit genutzt, um andere Bereiche aus- oder umzubauen.

Probleme, welche durch die Pandemie entstanden sind

Das Beantragen der Überbrückungshilfen stellte landwirtschaftliche Betriebe mit einer Erwerbskombination vor immense Herausforderungen. Zum einen sind die staatlichen Hilfspakete nicht auf landwirtschaftliche Betriebe angepasst, zum anderen muss(te) der gesamte landwirtschaftliche Betrieb, also Landwirtschaft und Erwerbskombination, einen Umsatzrückgang von 30 Prozent verzeichnen. Auf den meisten Betrieben sind die Umsätze der bäuerlichen Gastronomie im Vergleich zum landwirtschaftlichen Umsatz vergleichsweise gering. Dadurch verfällt für viele Hofgastronomen, aber auch Urlaubsbauernhofanbieter, der Anspruch auf Überbrückungshilfen. Nach Angaben einiger Betriebe forderte die Beantragung für Hilfspakete, aber auch die Beantragung von Kurzarbeit sehr viel Zeit. Steuerberater mussten eingeschalten werden und kämpften sich durch den Antragsdschungel.

Aktuell haben Cafés wieder geöffnet, doch nun stehen Gastronomen vor den nächsten Problemen. Personal, welches zu 100 Prozent in Kurzarbeit war, hat sich während der Pandemie eine neue Arbeitsstelle suchen müssen. Nun füllen sich die Cafés wieder und viele Betriebe stehen aktueller denn je vor dem Problem des Fachkräftemangels. Aber auch Aushilfskräfte müssen neu gefunden, eingestellt und eingearbeitet werden. Und weitere Zwickmühlen tun sich auf: Bestandspersonal wird Urlaubsansprüche im Sommer einfordern, genau zu dem Zeitpunkt, wenn Cafés ihre Hochsaison haben. Manche Betriebe stellen Überlegungen an, den Urlaubsanspruch zu kürzen und dafür eine Corona-Prämie an die Mitarbeitenden auszuzahlen.

Nachwirkungen der Pandemie bewältigen

Nun blicken nicht nur bäuerliche Gastronomen mit Spannung auf den kommenden Sommer. Sie stehen zwischen der Angst, dass ihre Kunden nach der Öffnung nicht mehr kommen, da auch deren finanzielle Mittel aufgrund der Kurzarbeit in den letzten Monaten knapp geworden sind, und den hohen Erwartungen auf einen regelrechten Ansturm, weil Konsumenten froh sind, sich endlich wieder unter Menschen mischen zu können.

Für viele Gastronomen war und ist der Dialog mit Berufskollegen gerade in diesen Zeiten Gold wert, um Erfahrungen, Möglichkeiten und Konzepte auszutauschen.

Manch ein Betrieb zieht es in Erwägung, nach den Lockerungen Preiserhöhungen umzusetzen, andere wollen darauf bewusst verzichten, da die Vorteile durch die Regelung der Mehrwertsteuersenkung auf 7 Prozent bis Ende 2022 sehr hoch sind.

Gastronomie

Beratung rund um gastronomische Konzepte

In Rheinland-Pfalz bei der Landwirtschaftskammer, Referat Einkommensalternativen:

ea@lwk-rlp.de, 0671/793-1155

In Hessen beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Fachgebiet Erwerbskombinationen:

Sigrun Krauch, Wächtersbach, 0170-5700110, sigrun.krauch@llh.hessen.de, Elisa Möbs, Wetzlar, 0151-12940090, elisa.moebs@llh.hessen.de, Franziska Böhm, Kassel, 0151-14256543, franziska.boehm@llh.hessen.de, Luisa Rademann, Kassel, 0160-8815356, luisa.rademann@llh.hessen.de, Juliane Kuhlmann, Griesheim, 01511-1174697, juliane.kuhlmann­@llh.hessen.de

LW

Blick in die Zukunft – setzt sich „to go“ durch?

Setzen Gäste nach der Pandemie andere Prioritäten bei einem Restaurant-Besuch? Die Reservierungsplattform The Fork hat im März 2021 unter 1 716 deutschen Nutzern eine Umfrage gestartet. 53 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich bei einem Restaurant mit nachweisbar gutem Hygienekonzept sicherer fühlen würden als zu Hause.

Es bleibt die Frage, was sich gesellschaftlich durch die Pandemie verändern wird. Ergeben sich für bäuerliche Gastronomen neue Chancen und Möglichkeiten? Inwieweit wird sich das To-go-Geschäft ausweiten? Gastronomie-Experten vermuten, dass sich der To-go-Trend festsetzen wird, da die Konsumenten schnell in den „Bequemlichkeits-Modus“ verfallen sind. Es war nicht mehr nötig, sich für das sonntägliche Familienessen herzurichten, geschweige denn selbst zu kochen. Auch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bei To-go-Angeboten, im Vergleich zum Restaurant-Besuch, könnte ausschlaggebend sein, da die Getränke, welche in der Regel einen großen Anteil in der Gesamtsumme ausmachen, wegfallen. Während der Pandemie waren die Konsumenten außerdem gezwungen, Konsumerlebnisse zu Hause zu schaffen. So wurde mancherorts das Wohnzimmer zum Heimkino und der Garten mit Pool zum Mittelpunkt für Grillabende, zu denen sich auch mal edlere Fleischstücke „gegönnt“ wurden. In diesem Zuge könnten Warenautomaten einen Neuaufschwung erleben. Sowohl für Produkte wie zum Beispiel Grillfleisch, aber auch für andere verzehrfertige Produkte.

Für all diejenigen, die das To-go-Geschäft beibehalten möchten, bietet es sich an, auch Desserts attraktiv in einem To-go-Becher anzurichten und zu verkaufen. In der richtigen Konstellation kann somit ein zusätzlicher Umsatz generiert werden.

Das To-go-Geschäft kann für den landwirtschaftlichen Betrieb deutliche Vorteile bringen. So ist der Wareneinsatz überschaubarer, es fallen weniger Überschuss und Restbestände an. Außerdem zeichnen sich in der Regel deutlichere Stoßzeiten ab, zu welchen sich der Personaleinsatz leichter planen lässt.

Sollten sich diese Tendenzen zu zukünftigen Trends bestätigen, ist es für bäuerliche Gastronomen umso wichtiger, das Erlebnis „Bauernhof“ in ihrem Angebot noch deutlicher hervorzuheben und zu bewerben, um Kunden zu halten.

In den nächsten Monaten stehen weitere Neuerungen ins Haus: Unter anderem dürfen seit dem 3. Juli 2021 keine Einwegkunststofflebensmittelbehälter aus EPS mehr hergestellt werden. Wer Restbestände besitzt, darf sie noch ausgeben. Andere Einwegkunststoffe müssen mit EU-weit einheitlichen Logos gekennzeichnet werden. Ab 2022 wird das Plastiktütenverbot verschärft und ab 2023 sind Gastronomen verpflichtet, neben Einweg-Behältern, auch Mehrweg-Systeme für ihre To-go-Angebote anzubieten.

Welche Änderungen im Detail anstehen, welche Möglichkeiten es dabei für Hofgastronomen gibt, welche Ausnahmeregelungen gelten und weitere Informationen dazu geben die Beratungsexperten beim LLH und bei der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz Auskunft (Kontakte siehe Infokasten).

 – LW 28/2021