Betrieb und Jugendliche müssen zueinander passen

Interview mit den Ansprechpartnerinnen des Projekts „Passgenaue Besetzung“

Elisa Franz und Antonia Aller arbeiten seit einem Jahr im Projekt „Passgenaue Besetzung – Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen bei der passgenauen Besetzung von Ausbildungsplätzen sowie bei der Integration von ausländischen Fachkräften“, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und den Europäischen Sozialfond. Angesiedelt bei der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, die seit Ende 2011 bei dem Programm beteiligt ist, kümmern sie sich vor allem um die Besetzung von Ausbildungsplätzen in den Grünen Berufen. Das LW hat sie zu ihren Erfahrungen befragt.

LW: Wie funktioniert die „Passgenaue Besetzung“?

Wünsche und Anforderungen von den Ausbildungsbetrieben müssen mit denen der Auszubildenden übereinstimmen. Wir helfen dem Betrieb, seine Kapazitäten zu prüfen, den Bedarf an Nachwuchs zu ermitteln und die Anforderungen an diesen zu bestimmen. Den Jugendlichen helfen wir bei der Entscheidung für einen der Grünen Berufe und deren Vertiefungsrichtungen. Wir arbeiten heraus, wo jeweils die Bedürfnisse und Vorstellungen für eine gute Zusammenarbeit liegen, und suchen dann den jeweils passenden Partner. Die endgültige Entscheidung, ob es passt, kommt jedoch von den Beteiligten selbst.

LW: Auf welche Weise kommen die Betriebe am besten an Auszubildende?

Die beiden Beraterinnen im Projekt „Passgenaue Besetzung“ (v. l.): Elisa Franz und Antonia Aller.

Foto: LWK-RLP

Viele Wege führen zum Ziel. Es gibt nicht den einen richtigen bei der Suche nach dem passenden Auszubildenden beziehungsweise dem passenden Betrieb. Bei direktem Kundenkontakt kann der Betrieb beispielsweise ein Plakat mit einer Stellenanzeige in den Räumlichkeiten aufhängen. Sind Betriebsleiter und Angestellte in den sozialen Medien vertreten, kann dort eine Anzeige verbreitet werden. Jugendliche sind zwar eher auf Instagram anzutreffen, die Eltern nutzen jedoch oft Facebook, wodurch die Anzeigen sich dann doch lohnen. Ist eine betriebseigene Website vorhanden, bietet sich an, auf dieser einen Unterpunkt für die Anzeigen zu erstellen. Auf diese Weisen können auch Praktikantenstellen angeboten werden, um die Schüler schon während ihrer Schulzeit an den Beruf und den Betrieb zu binden. Die Anzeigen müssen Aufmerksamkeit auf sich ziehen, daher können beispielsweise lustige Bilder, Sprüche oder andere ungewöhnliche Aufmachungen gewählt werden. Weiterhin sind auch die herkömmlichen Portale wie die Ausbildungsbörse der Landwirtschaftskammer oder der Agentur für Arbeit gute Wege. Wichtig bei der Stellenanzeige ist: Was kann man den Auszubildenden bieten? Zu nennen wären beispielsweise Fortbildungen, der Umgang mit speziellen Maschinen oder Einblicke in andere Bereiche. Daher ist alles, was den Ausbildungsplatz noch interessanter macht und sich von anderen Ausbildungsplätzen unterscheidet, positiv. Gerne helfen wir bei der Ausarbeitung von Texten und Stellenanzeigen weiter. Ausbildungsmessen und Schulveranstaltungen sind eine weitere Option, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Da die Teilnahme für Ausbilder oft nicht möglich ist, vertreten wir diese und machen Jugendliche gezielt auf die Stellen der Betriebe aufmerksam.

LW: Welche Anforderungen haben die Jugendlichen an ihren Arbeitsplatz?

Das Gehalt kann für die Entscheidung ausschlaggebend sein, insbesondere dann, wenn die Berufswahl noch nicht getroffen wurde. Eine angemessene Ausbildungsvergütung sollte für jeden Ausbilder selbstverständlich sein. Leistungsbezogene Zuschläge können hierbei als Motivator genutzt und als zusätzliche Leistung im Vorfeld kommuniziert werden. Anreize sind beispielsweise monetäre Prämien, besondere Fortbildungen, Messebesuche und vieles mehr. Wichtiger als das Gehalt sind den Jugendlichen jedoch die Jobchancen und Möglichkeiten, in unterschiedlichen Arbeitsfeldern tätig werden zu können. Die Vielseitigkeit der Branche und ihre Karrieremöglichkeiten nach der Ausbildung erleichtert den Jugendlichen die Entscheidung für die Ausbildung. Als besonderes Kriterium ist der Aspekt der Mobilität zu nennen. Fehlende Führerscheine oder Fahrzeuge erschweren die Erreichbarkeit der dezentral liegenden Betriebsstätten. Eine betriebsnahe Unterkunft kann daher für die ersten Ausbildungsjahre entscheidend sein.

LW: Wenn Jugendliche ihre Ausbildung abbrechen, woran liegt es überwiegend?

Die Gründe sind immer individuell. Bekannt ist durch die Ausbildungsberater, Auszubildenden und Betriebe, dass teilweise falsche Vorstellungen bezüglich des Berufsbildes vorlagen, es keine Unterstützung durch die Eltern gab oder eine zu hohe Arbeitsbelastung und zu lange Arbeitszeiten ohne angemessenen Ausgleich Abbrüche zur Folge hatten. Präventiv empfehlen wir, vor der Ausbildung Praktika zu machen und die Themen wie Arbeitszeiten und Freizeitausgleich anzusprechen sowie bei Konflikten während der Ausbildung frühzeitig in den Dialog zu treten. Wenn Betriebe oder Auszubildende sich unsicher bei der Kommunikation bestimmter Problematiken sind, können diese sich gerne an die Ausbildungsberater wenden.

LW: Was könnte die Grünen Berufe attraktiver machen?

Attraktiv sind die Berufe schon. Meist fehlt es jedoch an der richtigen Kommunikation. Zu nennen ist hier das Arbeiten an der frischen Luft, in der Natur, mit immer wieder neuer Technik – selbstverantwortlich und sehr abwechslungsreich. Später dann, die vielen Möglichkeiten nach der Ausbildung sich weiterzubilden, sich in bestimmten Bereichen zu spezialisieren oder auch ein Studium anzuschließen. Die gefragten Themengebiete wie Nahrungssicherheit, Umweltschutz, Tierschutz und nachhaltige Wirtschaftsweisen sind in Grünen Berufen allgegenwärtig. Es gilt, diese noch besser und offener zu kommunizieren, um weiterhin die Fachkräfte im und um den Grünen Bereich sichern zu können.

Die Fragen stellte Elke Setzepfand – LW 14/2018