Betriebe ohne Wirtschaftsdünger werden es leichter haben

Fragen zur Novellierung der Düngeverordnung

Am 31. Januar, also vorgestern, endete die gesetzlich vorgegebene Sperrfrist für die Ausbringung von Wirtschaftsdüngern. Welche Auswirkungen die gerade anstehende Novelle der dieser Sperrfrist zugrundeliegenden Düngeverordnung für die Praxis haben wird, fragte das LW Dr. Jörg Hüther, Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Wiesbaden.

LW: Was wird sich hinsichtlich der Dokumentation und Bilanzierung bei der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern ändern (Nährstoffvergl. tierhaltende Betriebe)?

Dr. Hüther: Die politische Diskussion geht im Moment darum, ab welchem Zeitpunkt und für welche Betriebe (GV-Besatz je Hektar) die Stoffstrombilanz (vormals Hoftorbilanz) gelten soll. Auch über mögliche Befreiungen kleinerer Betriebe wird verhandelt. Es zeichnet sich ab, dass die Stoffstrombilanz in einer eigenen Verordnung und nicht in der Düngeverordnung geregelt werden wird. Zurzeit erarbeitet noch eine Bund-Länder-AG die notwendigen Eckpunkte und Rechnungsgänge, damit eine sachgerechte und zielgerichtete Bilanzierung vorgenommen werden kann, die der Umsetzung der Nitratrichtlinie zum Schutz der Gewässer vor dem Eintrag von Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen gerecht wird.

Mit welchen weiteren Beschränkungen ist im LW-Gebiet zu rechnen (Herbst/Frühjahr)?

Dr. Jörg Hüther.

Foto: Becker

Die Düngeverordnung gilt bundesweit, sodass es grundsätzlich keine länderspezifischen Sonderregelungen geben wird. Der Entwurf der Novelle sieht jedoch vor, dass die Bundesländer mit einer Landesverordnung Gebiete ausweisen müssen, wenn deren Grundwasserkörper Nitratgehalte von 40 mg Nitrat/l und steigender Tendenz oder bereits von über 50 mg Nitrat/l aufweisen. Dort sind bestimmte Maßnahmen vorzuschreiben, über deren Inhalt und Umfang derzeit ebenfalls noch diskutiert wird. Natürlich kann hiervon auch die Anwendung von Wirtschaftsdüngern betroffen sein. So sieht der bereits mit dem letzten offiziellen Entwurfsstand von Dezember 2015 veröffentlichte Maßnahmenkatalog beispielsweise eine mögliche Verlängerung der Sperrfristen, Untersuchungspflichten für die eingesetzten Wirtschaftsdünger sowie geringere zulässige Überschüsse (Kontrollwerte) vor. Was aber wirklich konkret kommen wird, lässt sich zurzeit noch nicht sagen. Denn hierzu muss zunächst die endgültige, vom Bundesrat beschlossenen Novelle der Düngeverordnung vorliegen.

Welche Technik ist momentan zur Ausbringung von Wirtschaftsdüngern zulässig und was wird sich in den kommenden Jahren ändern (Übergangsfristen usw.)?

Der letzte offizielle Entwurf der Novelle vom 16. Dezember 2015 fordert derzeit, dass flüssige Wirtschaftsdünger auf bestelltem Ackerland ab dem 1. Februar 2020 nur noch streifenförmig auf den Boden aufgebracht oder direkt in den Boden eingebracht werden dürfen. Für Grünland, Dauergrünland oder mehrschnittigen Feldfutterbau soll dies ab dem 1. Februar 2025 gelten. Bis dahin dürfen also nach jetzigem Stand die derzeit zulässigen Ausbringverfahren weiterhin angewandt werden, wobei jedoch die Anwendung von Festmiststreuern ohne gesteuerte Mistzufuhr zum Verteiler, Güllewagen und Jauchewagen mit freiem Auslauf auf den Verteiler, zentralen Prallverteilern, mit denen nach oben abgestrahlt wird, Güllewagen mit senkrecht angeordneter, offener Schleuderscheibe als Verteiler zur Ausbringung von unverdünnter Gülle sowie Drehstrahlregnern zur Verregnung von unverdünnter Gülle bereits seit dem 1. Januar 2016 verboten ist. Besagter Entwurf sieht auch vor, dass weitere technische Anforderungen an die Ausbringtechnik gestellt werden sollen. Hierzu könnten europäische (EN) und deutsche (DIN) Normen herangezogen werden. Aber auch hier ist der endgültige Stand noch offen.

Werden künftig alle Kulturen bis zum wirtschaftlichen Optimum gedüngt werden können – welche Kulturen werden Gewinner und welche Verlierer sein?

Gegenüber der bisher geltenden Düngeverordnung werden die Vorgaben für die Düngebedarfsermittlung vor allem für Stickstoff erheblich konkretisiert. Der auf Basis der im Anhang der Verordnung enthaltenen Sollwerte ermittelte Düngebedarf ergibt eine standortbezogene Obergrenze der zulässigen Stickstoff- beziehungsweise Phosphatmenge, die nur in Ausnahmefällen auf Grund eintretender Witterungsereignisse und der damit verbundenen Bestandsentwicklung überschritten werden darf. Gewinner und Verlierer wird es bei den Kulturen nicht geben, sieht man einmal davon ab, auf welchem Düngeniveau und mit welchen Qualitätsansprüchen gearbeitet wird. Natürlich ist beim Einsatz von Wirtschaftsdüngern die Bedarfsermittlung auf der Basis des verfügbaren Stickstoffs und die Anrechnung der Nachlieferung aus deren langjähriger Anwendung problematisch und kann in der Folge zu unausgeglichenen Bilanzen führen. Denn gerade zur Einhaltung des Kontrollwertes (vormals zulässiger Überschuss), der auf Basis des Gesamtstickstoffs ermittelt wird, werden es Betriebe, die keine Wirtschaftsdünger beziehungsweise organische Düngemittel, sondern solche mit einem hohen Anteil an verfügbaren Stickstoffs einsetzen, leichter haben.

Die Fragen stellte Karsten Becker – LW 5/2017