Braugersten-Erträge wieder auf Rekordniveau
Landessortenversuche Sommergerste 2014
Nach dem zeitweise sehr trockenen und ungewöhnlich warmen Frühjahr hätte man eine gute Sommergerstenernte nicht mehr für möglich gehalten. Der Witterungsverlauf im Frühsommer jedoch bot der Sommergerste günstige Bedingungen für eine lange Kornfüllung und gute Kornausbildung. So können sich auch die Ergebnisse sehen lassen: deutlich über dem langjährigen Mittel liegende Erträge, überwiegend sehr gute Sortierungen und niedrige Eiweißwerte. Dennoch wird auch in Rheinland-Pfalz von Regionen berichtet, in denen eine heterogene Ernte eingefahren wurde. Diese Beobachtung konnte auch in den Landessortenversuchen gemacht werden. Hier schwankten die Erträge je nach Standort zwischen 45 dt/ha und fast 80 dt/ha.
Die Rekorderträge von 2013 wurden mit der Ernte 2014 nochmals übertroffen. Zumindest belegen das die Ergebnisse der Besonderen Ernteermittlung. Danach lag der Durchschnittsertrag in Rheinland-Pfalz bei 57,5 dt/ha, also nahezu exakt auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr (57,6 dt/ha). Das langjährige Mittel wurde damit nun schon im zweiten Jahr hintereinander um über 8 dt/ha übertroffen.Bemerkenswert dabei ist, dass die Vollgerstenanteile trotz der hohen Erträge meist deutlich über den Anforderungen lagen. Die Eiweißgehalte wiesen dagegen einen breiteren Schwankungsbereich auf. Im Landesmittel dürften sich die Werte aber zwischen 10,5 und 11 Prozent bewegen. Mitunter wurden aber auch Eiweißwerte von unter 9,5 Prozent gemessen, was allerdings in Anbetracht der hohen Erträge und der damit einhergehenden Verdünnung nachvollziehbar ist. Schließlich wird davon berichtet, dass das regnerische Erntewetter in manchen Spätdruschgebieten zum Nachlassen der Keimenergie geführt hat.
Schwer kalkulierbares Ernterisiko
Im Gegensatz zum bundesweiten Trend wurde die Sommergerstenfläche 2014 in Rheinland-Pfalz um 5000 ha auf 44 100 ha ausgeweitet. Dies dürfte allerdings hauptsächlich auf das Konto des Winterweizens gehen. Denn aufgrund der späten Mais- und Zuckerrübenernte sowie der ungünstigen Bestellbedingungen konnten nicht alle für Winterweizen vorgesehenen Flächen bestellt werden. So kam die Sommergerste wieder stärker in Spiel. Wie dies nun in diesem Jahr ausgehen wird, ist noch ungewiss.
Aus der Erfahrung der beiden zurückliegenden Jahre kann man feststellen, dass die Sommergerste hierzulande zu enormen Leistungen fähig ist und dann auch in der Wirtschaftlichkeit recht gut dasteht. Entscheidend ist hierbei jedoch der Einfluss der Jahreswitterung. Spielt dagegen das Wetter wie etwa 2011 nicht mit, dann kann die Sommerbraugerste rasch zum Totalausfall werden. Dieses schwer kalkulierbare Ernterisiko in Verbindung mit den Unwägbarkeiten der Märkte erweist sich nach wie vor als eine große Hürde für die Fortentwicklung des Braugerstenanbaues.
Weitere Faktoren wie Auswinterungsschäden oder die Preis- und Anbauentwicklung bei den konkurrierenden Kulturen spielen zudem eine wesentliche Rolle. Schließlich ist schwer abschätzbar, welche Auswirkungen die GAP-Vorgaben auf die Fruchtfolgegestaltung in diesem Jahr haben werden.
Trotz alledem sollte man nicht verkennen, dass man in einigen Regionen und nicht wenigen Betrieben in den vergangenen Jahren mit der Sommergerste recht gut gefahren ist. Ordentliche Erträge und Qualitäten haben bei vergleichsweise geringen Aufwendungen für Düngung, Pflanzenschutz und Arbeitszeit zufriedenstellende Deckungsbeiträge geschaffen. Deshalb ist der Anbauer gut beraten, die Preisangebote zu prüfen, sich betriebsindividuell einen genauen Ãœberblick über die Produktionskosten zu verschaffen, die für die betriebliche Weiterentwicklung erforderlichen „Gewinnmarge“ festzulegen und daraus den möglichen Braugerstenpreis abzuleiten.
Örtlich stark unterschiedliche Niederschläge
Kennzeichnend für das abgelaufene Jahr waren die weit überdurchschnittlichen Temperaturen, das trockene Frühjahr und der nasse Sommer. Die Niederschläge vor allem im Frühjahr verteilten sich örtlich recht unterschiedlich. Mitunter fielen in der einen Gemarkung größere Regenmengen, während es in benachbarten Lagen über lange Zeit trocken blieb. Dementsprechend präsentierten sich die Bestände uneinheitlich.
Bei gut befahrbaren Böden konnte die Sommergerste auf den Versuchsstandorten (und in den meisten Regionen) bereits in der ersten Märzhälfte ausgesät werden. Doch wegen der anschließenden Trockenheit und den überdurchschnittlich hohen Temperaturen gestaltete sich das Auflaufen nicht selten recht ungleichmäßig und zog sich über einen längeren Zeitraum hin.
Im kühlen, meist feuchten Mai entwickelten sich die Bestände recht gut, so dass ausreichend hohe Bestandesdichten heranwachsen konnten. Mancherorts wurden fast 1000 ährentragende Halme je qm gebildet. Solch hohe Bestandesdichten sind bekanntlich äußerst riskant, da sie bei knappen Niederschlägen in der Kornfüllungsphase im Ertrag und in der Sortierung regelrecht einbrechen. Dies war 2014 aber nicht der Fall. Die Unterschiede in der Einkörnung der Ähren und der Tausendkorngewichte zwischen den Standorten spiegeln die jeweilige Niederschlagsverteilung recht gut wider.
Der teilweise trockene Juni beschleunigte in den Frühdruschgebieten die Abreife und ermöglichte so eine frühe Ernte. Auf den späteren Standorten konnten die hohen Niederschläge im Juli noch gut in Ertrag umgesetzt werden. Dagegen wirkte sich hier die feuchte Erntewitterung im August nachteilig auf die Qualität aus.
Ergebnisse der Landessortenversuche
Im Jahr 2014 wurden in Rheinland-Pfalz auf sechs Standorten sieben Sorten (drei Verrechnungs-, zwei Empfehlungs- und zwei Berliner-Programm-Sorten) geprüft. Die drei langjährigen Verrechnungssorten (VRS) Grace, Marthe und Quench brachten im Mittel der Standorte 62,4 dt/ha in den unbehandelten und 65,8 dt/ha Kornertrag in den behandelten Stufen. Die mit Abstand höchsten Kornerträge wurden in Brecht (Eifel) erzielt. Hier wurden bei intensiver Bestandesführung im Versuchsdurchschnitt über 78,2 dt/ha geerntet, Spitzensorten erreichten knapp 85 dt/ha.
Die Ertragsstruktur war im Mittel der Standorte mit derjenigen der beiden vorausgegangenen Prüfjahren vergleichbar. Allerdings bestanden starke Unterschiede zwischen den Standorten: Die mittlere Bestandesdichte an den Orten betrug 660 Ähren je qm, wobei die Spanne von 570 (Nomborn/Westerwald) bis 920 Ähren (Herxheim/Vorderpfalz) reichte.
Besonders starke Abweichungen ergaben sich bei der Bekörnung der Ähre. Hier wurden Werte von 12 bis 30 Körner je Ähre ermittelt. Die Tausendkorngewichte waren mit knapp 50 g recht ordentlich (42 bis 53 g). Bis auf die Standorte Nomborn (Stufe 1) und Herxheim (beide Stufen) wurden hohe, über der 90- Prozent-Marke liegende Vollgerstenanteile ermittelt.
Bei den Vollgerstenerträgen ergaben sich gegenüber den Ernteerträgen keine wesentlichen Änderungen in der Rangfolge der Sorten. Lediglich Propino stieg auf und tauschte den Platz mit Catamaran. Die Rohproteinwerte lagen im Landesmittel auf einem niedrigen Niveau (10,2 Prozent). Mitunter wurden auch Werte von unter 9 Prozent gemessen.
Hohe Leistungsdichte im Sortiment
Wie bereits im Vorjahr waren auch 2014 kaum größere Sortendifferenzen nachweisbar. So konnten die Ertragsunterschiede zwischen den führenden Sorten Solist (rel. 107), Avalon (rel. 105), Quench (rel. 104) und Catamaran (rel. 102) in den behandelten Stufen statistisch nicht abgesichert werden. Gleiches gilt auch für die Vollgerstenerträge. Auch hier liegen Avalon, Solist, Quench und Propino gleichauf an der Spitze des Sortiments. Lediglich Grace fällt hier etwas ab.
Lager trat 2014 bis auf den Standort Biedesheim nicht auf, so dass die Standfestigkeit der Sorten erneut auf keine größere Probe gestellt wurde. Anders verhielt es sich bei der Strohstabilität. Vor allem bei witterungsbedingt späterer Ernte wurde leichtes Ähren- und mittleres Halmknicken beobachtet, wobei Catamaran und Solist durch etwas stärkeres Halmknicken auffielen.
Bei den Rohproteingehalten unterschieden sich die Sorten wie bereits in den Vorjahren kaum. Über recht günstigste, stabile Werte verfügt hier die Sorte Quench. Insgesamt kann also eine hohe Leistungsdichte in den Versuchen festgestellt werden. Dies ist allerdings nicht weiter verwunderlich, da in den LSV nur leistungsstarke Sorten mit guten Qualitätseigenschaften geprüft werden.
Fungizidbehandlungen 2014 meist nicht wirtschaftlich
Im Vergleich zu den anderen Getreidearten traten Blattkrankheiten in der Sommergerste im Jahr 2014 nur in geringerem Ausmaß auf. Während Rhynchosporium in den Wärmelagen keine Rolle spielte, wurde in Brecht (Eifel) und Kümbdchen (Hunsrück) ein mittlerer beziehungsweise leichter Befall mit dieser Krankheit festgestellt. Netzflecken kamen etwas stärker in Wörrstadt (Rheinhessen) und Kümdchen vor. Undefinierte Blattflecken wurden auf einem niedrigen Niveau bonitiert.
Demzufolge brachten Fungizidbehandlungen nicht die Mehrerträge des Vorjahres, in dem im Mittel aller Orte und Sorten etwa 9 dt/ha höhere Erträge erzielt wurden. 2014 waren es „nur“ knapp 5 dt/ha. Dabei reichte die Spanne von +0,5 in Herxheim und Biedesheim bis +10,5 dt/ha in Nomborn (Westerwald). Im Mittel der Orte betrachtet konnte durch die Behandlungsmaßnahmen die um die Fungizidkosten korrigierte Markleistung nicht verbessert werden, das heißt die höhere Intensität war nicht wirtschaftlich.
Auf den Einzelorten oder bei einzelnen Sorten konnte die Rechnung allerdings anders ausfallen. Beispielsweise rentierte sich der Fungizideinsatz in den Versuchen in Brecht und Nomborn sehr wohl. Somit hat der Grundsatz nach wie vor Bestand, dass Behandlungsmaßnahmen in erster Linie an der jeweiligen Jahreswitterung, der Fruchtfolge und der Sortenanfälligkeit auszurichten sind.
Ferdinand Hoffmann, Dr. Albert Anderl, Marko Goetz, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück – LW 3/2015