Drei fast vergessene Würz- und Heilpflanzen

Wie man früher Weinraute, Wermut und Ysop dosierte

Früher wurden sie in fast jedem Bauerngarten angepflanzt. Heute sind die drei Pflanzen Weinraute, Wermut und Ysop nur selten in Gärten zu finden. Ihre Verwendung zum Würzen und Heilen ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Lediglich der Wermut ist noch als ein für den Menschen schädliches, hochprozentiges Alkoholgetränk bekannt, jedoch kaum als Würzkraut in der Küche.

Die Weinraute weist dekorative Blüten und Blätter auf.

Foto: Gisela Tubes

Die Weinraute (Ruta graveolens) stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Es waren die Mönche, die die Heil- und Gewürzpflanze im frühen Mittelalter über die Alpen nach Mitteleuropa brachten und damit zur Verbreitung der Pflanze in den Kloster- und Bauerngärten beitrugen.

Dass die Schlangen nicht bleiben

Weinraute wurde früher vor allem zur Aromatisierung von Wein verwendet („Wein“raute). In der Küche wurden die etwas bitter-säuerlich schmeckenden Blätter auch als Würzmittel für Eier-, Käse-, Fleisch- und Fischgerichte eingesetzt. Zum Trocknen der Blätter wird das Kraut während der Blüte geschnitten. Die Weinraute sollte sparsam eingesetzt werden, da sie in größeren Mengen giftig ist. Für Schwangere ist eine Einnahme strikt verboten! Bei manchen Menschen kann es durch Berührung der Pflanze und Lichteinfluss zu Hautreizungen kommen.

Schon im Altertum galt die Weinraute als vielfältig wirkendes Heilmittel, vor allem für Augenerkrankungen. In der Volksmedizin war sie als krampflösendes Mittel bekannt. Ganz in Vergessenheit geraten ist die Weinraute heute nicht. In der Homöopathie wird sie vor allem als Sehnenverletzungsmittel eingesetzt.

Mit dem attraktiven immergrünen Blattgrün und den ab Juni erscheinenden hübschen gelben Blüten ist das Weinrautengewächs heute mancherorts als dekorative Zierpflanze beliebt. Dass es sich dabei eigentlich nicht um ein Kraut, sondern um einen Halbstrauch handelt, kann auf den ersten Blick kaum erkannt werden. Nur am Grunde ist die Pflanze schwach verholzt.

Drüsen, die auf der ganzen Pflanze zu finden sind, geben ätherische Öle frei, die den etwas dicklichen, bläulichgrünen Blättern der Weinraute den intensiven Duft verleihen. Dieser Geruch soll Katzen, Mardern, Ratten aber auch Ameisen besonders widerlich sein. Mit dem Saft der Pflanzen wurden früher junge Hühner besprengt, um die Katzen zu vertreiben. Mattioli, ein bedeutender italienischer Arzt und Botaniker aus dem 16. Jahrhundert, glaubte, „daß die Schlangen nicht bleiben / wo viel Rauten wechset“.

Bitter dem Mund

„Wermutbrüder“ war früher ein Schimpfwort für reichlich Alkohol trinkende Landstreicher. Nicht nur die Droge Alkohol hat beim Verzehr von „Wermut“ (auch „Absinth“ genannt) zu gesundheitlichen Problemen geführt. Der hohe Gehalt an dem giftigen Inhaltsstoff „Thujon“, der in alkoholischen Auszügen besonders hoch ist, hat sein Ãœbriges dazu beigetragen. Auf dem Gemälde „Die Absinthtrinkerin“ von Picasso lassen sich die nervenschädigenden Auswirkungen dieser Droge erahnen. Absinthschnaps ist seit den 1920er Jahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland verboten. Wermut-Alkoholika, die heute im Handel sind, weisen kaum Thujon auf.

Der Wermut (Artemisia absinthium) ist verwandt mit dem bei uns sehr häufig vorkommenden Beifuß. Beide Pflanzen gehören zur Familie der Korbblütler und sehen sich sehr ähnlich. Beifußblätter sind jedoch nur unterseits weißfilzig, die der Wermutpflanze beiderseits, sodass die Pflanze insgesamt ein weißwolliges Erscheinungsbild aufweist. Diese Behaarung hemmt die Verdunstung und schützt die Pflanzen vor Trockenheit. Im Winter ist der Wermut sehr frostempfindlich. Von den heimischen Korbblütlern ist die Wermutpflanze die einzige, die im unteren Bereich leicht verholzt. Daraus sprießen im Frühjahr weit über einen Meter hoch werdende Triebe mit zwei- bis dreifach fiederschnittigen Blättern. Die kugeligen Köpfchen weisen nur gelbe Röhrenblüten auf.

Aufgrund seiner weißwolligen Behaarung ist der Wermut leicht vom verwandten Beifuß zu unterscheiden.

Foto: Gisela Tubes

Die Blütenköpfchen des Wermuts weisen nur Röhrenblüten auf.

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Der dekorative Ysop, ein Lippenblütler, bietet Insekten reichlich Nahrung.

Foto: Gisela Tubes

Als Gewürz- und Heilpflanze ist der herbwürzige, bittere Wermut schon lange bekannt. In der Küche wurden frische oder getrocknete Wermuttriebe früher zu fetten Fleischgerichten wie Gänse- oder Entenbraten gegeben. Das Kraut wurde nur in kleinsten Mengen verwendet, da das Aroma alle anderen überdecken kann.

„Was bitter dem Mund, ist dem Magen gesund!“ Wermut galt früher als appetitanregendes, entzündungshemmendes Mittel und wurde zur Stärkung von Magen und Galle eingesetzt.

Heute Zierde und Insektennahrung

Ysop wurde mancherorts als Lesezeichen in Bibeln oder Gebetbüchern gefunden. Langes Stillsitzen in Kirchen- und Gebetsräumen mit abgestandener Luft, vielleicht auch einmal eine langweilige Predigt hat früher die körperlich schwer arbeitenden Menschen sicher ein ums andere Mal zu einem Nickerchen verleitet. Ein wohlriechendes Kraut im Gebetbuch konnte dagegen ein wenig Abhilfe verschaffen. Neben Lavendel wurde auch der Ysop mit seinem würzigen Duft dafür verwendet. Beide Halbsträucher waren früher Bestandteil vieler Kloster- und Bauerngärten. Während der Lavendel heute noch in zahlreichen Gärten als Zierpflanze kultiviert wird, führt der sonnenhungrige Ysop heutzutage in unseren Gärten ein trauriges Schattendasein. Der würzige, leicht bittere Geschmack hat sich in unseren Speisen langfristig nicht durchsetzen können.

Ursprünglich ist Ysop (Hyssopus officinalis) im Mittelmeerraum und Südwestasien beheimatet. Vor allem in Asien wird die Pflanze schon seit jeher als Heilpflanze eingesetzt. Als Gewürzpflanze brachten Mönche den Lippenblütler in die Kloster- und Bauerngärten Mitteleuropas. Ysop ist ein mehrjähriger, im unteren Bereich verholzter Halbstrauch, der 30 bis 60 cm hoch werden kann. Die schmalen, lanzettförmigen Blätter sind dicht mit Öldrüsen besetzt, die der Pflanze den stark aromatischen Duft verleihen. Zur Blütezeit von Juli bis August erscheinen sehr hübsche tiefblauviolett-, rosa- oder auch weißfarbene Blüten. Sie stehen wie Ähren zusammen, mit Blüten, die zu einer Seite gewendet sind.

Frisch können Blätter und junge Triebe ständig geerntet werden. Der kräftige, leicht bittere Geschmack wird in der Küche sparsam zum Würzen von Soßen, Salaten und Fleischgerichten eingesetzt. Auch zur Herstellung von Gewürzöl oder -essig wie auch Likör lassen sich die Blätter oder Triebspitzen verwenden.

Wer Ysop nicht als Gewürzpflanze anbauen möchte, kann ihn auch zur Zierde in den Garten pflanzen. Die Blüten sehen nicht nur bezaubernd aus, sie bieten zahlreichen Insekten eine gute Nahrungsquelle.

Gisela Tubes – LW 14/2013