Durum: Produktionsnische in sommertrockenen Gebieten
Versuchsergebnisse und Empfehlungen zu Winter-Hartweizen
In Deutschland werden rund 400 000 Tonnen Durumweizen pro Jahr vermahlen. Der Hauptteil der Durum-Vermahlung wird importiert, vor allem aus Kanada, USA, Frankreich Italien, Österreich. Anteil der deutschen Erzeugung an der Vermahlung wird aktuell mit 15 bis 20 Prozent angegeben. In Deutschland wird der Hartweizen schwerpunktmäßig im Trockengebiet von Sachsen-Anhalt erzeugt. Weitere Anbaugebiete in der Reihenfolge abnehmender Anbauflächen sind Thüringen, Rheinland-Pfalz das hessische Ried, Franken und Baden-Württemberg (v. a. der Rheingraben).
Im Jahr 2014 hatte der Hartweizen mit 11 000 ha lediglich einen Anteil von 0,2 Prozent an der gesamten Getreidefläche. Der Durum, stellt somit eine Produktionsnische in sommertrockenen Gebieten Deutschlands dar. In Rheinland-Pfalz ist die Hartweizen-Anbaufläche von 1200 ha zur Ernte 2014 auf 2200 ha zur Ernte 2015 angestiegen. Als Erfasser fungieren in Südwest-Deutschland drei größere Vermahler. Allerdings wurde im Jahr 2015 Vermahlungskapazität im Raum Mannheim abgebaut, um den deutschen Teigwarenmarkt gegenüber den ausländischen Importen wettbewerbsfähiger zu machen.Inzwischen 80 Prozent Winterdurum
Die deutschen Verarbeiter sind weiterhin interessiert an einheimischer Waren, um die Abhängigkeit von den Importen zu begrenzen. Der Anteil von Winterform an der gesamten Hartweizenerzeugung in Deutschland wird inzwischen auf 80 Prozent geschätzt. In westdeutschen Anbaugebiet dominiert inzwischen der Winterdurum. Trotzdem stellt der Sommerdurum weiterhin eine interessante Alternative zum Winterdurum dar, aufgrund einer größeren Anzahl von Sorten, aber auch als Risikoausgleich.
Im Rahmen der Agrarförderung besitzt Winter- und Sommerdurum jeweils einen eigenen Fruchtartenschlüssel. wer also im Rahmen der Cross Comliance-Vorgaben beispielsweise drei Fruchtarten anbauen muss, kann Winter- oder Sommerdurum jeweils als eigene Fruchtart anrechnen.
Winter- oder Sommerdurum gelten jeweils als eigene Fruchtart
Im Rahmen einer ökologischen Betrachtung der Universität Hohenheim schnitt die deutsche Produktion im Vergleich zu der aus den südeuropäischen und nordamerikanischen Anbaugebieten gut ab. Untersucht wurden das Treibhausgaspotenzial, das Eutrophierungspotenzial und das Versauerungspotenzial, das vom Anbau bis zum Transport zur deutschen Mühle verursacht wird. Einen großen Einfluss auf Versauerungspotenzial hat die Transportentfernung und Art des Transports. Wichtigste Emissionsquellen des Treibhausgas- und Eutrophierungspotenzials ist die Produktion der Stickstoffdünger und die damit verbundenen Flächenemissionen.
Praxisernte und Landessortenversuche
Im Rheingraben wird meist von Winterdurum-Erträgen zwischen 60 und 70 dt/ha berichtet, im Einzelfall auch darüber. Notwendig waren allerdings ein bis zwei Beregnungsgänge. Die Beregnung fand zur Sicherung der Bestandesdichte in der Regel während der Schossphase statt und wurde meist vor dem Ährenschieben beendet. Der Durum konnte trocken geerntet werden, mit Feuchtigkeiten zwischen 10 und 11 Prozent. Diese niedrigen Kornfeuchten hatten allerdings einen überdurchschnittlichen Bruckornanteil zur Folge. Bis auf wenige Ausnahmen war es kein Problem, die Anforderungen an Eiweißgehalt, Glasigkeit und Fusariumbesatz einzuhalten.
In den Landessortenversuche wurden lediglich die drei neueren Sorten Wintergold, Cliodur und Tempodur geprüft. Das Spektrum neuer Sorten ist beim Winterdurum überschaubar. Weitere Sortenversuche werden in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen durchgeführt. Aus der Versuchsernte 2015 liegen bisher drei Versuche aus dem Oberrheingraben vor.
Trotz der Trockenheit wurde in der behandelten Stufe mit 69,1 dt/ha ein guter Ertrag erreicht. Auffällig ist die große Ertragsdifferenz zwischen der Stufe 1 (ohne Fungizide, ohne Wachstumsregler) und der Stufe 2 (mit Fungiziden, mit Wachstumsregler). Da in den Versuchen kein Lager auftrat, kann die Ursache nur der Krankheitsbefall gewesen sein. Die geprüften Winterdurumsorten wurden allesamt von Gelbrost befallen, in Herxheim im mittleren Ausmaß und in Ober-Flörsheim in starkem. In Ober-Flörsheim war der Befall so stark, dass selbst die Innenseiten der Spelzen in der unbehandelten Stufe von Gelbrost befallen waren. Im Orschweier trat ein Mischbefall aus Mehltau, Gelb- und Braunrost auf.
Fungizide sind fast immer wirtschaftlich
Da auch in den vergangenen Jahren eine deutliche Ertragsdifferenz zwischen Stufe 1 und 2 auftrat, ist dies ein Hinweis darauf, dass man dem Krankheitsbefall in Winter-Hartweizen Aufmerksamkeit schenken sollte; insbesondere gilt dies für den Gelbrost. In der Praxis mussten die Winterdurum-Bestände mindestens zwei mal mit Fungiziden behandelt werden, ein mal im Blattbereich gegen Gelbrost und teilweise auch gegen Mehltau (Sorte Wintergold) und 1 mal als Prophylaxe gegen Ährenfusarium und späten Gelbrost-Befall. In den Versuchen wurden in Stufe 2 drei Fungizidspritzungen vorgenommen, um die Bestände nach Vorgaben frei von Krankheiten zu halten: zwei Blattbehandlungen und eine Ährenbehandlung.
Am Löss-Standort Ober-Flörsheim trat Mäusebefall auf, der die Bestandesdichte und damit den Ertrag reduzierte. Daher waren in der Praxis in Rheinhessen im Allgemeinen höhere Erträge zu erzielen als im Versuch. Tabelle 1 zeigt die zusammengefassten Qualitätsergebnisse der sieben deutschen Versuchsstandorte 2014.
Sortenwahl und Sortenbeschreibungen
Die Sortenwahl sollte mit dem Abnehmer abgestimmt werden. In der beschreibenden Sortenliste des Bundesortenamtes sind 2 der relevanten Sorten beschrieben. Wintergold stellt bezüglich Auswinterungsneigung und Ertrag einen Fortschritt dar. Auradur als ältere Sorte hat seine Vorzüge in vielen Qualitätsmerkmalen. Die folgenden Sorten stellen eine gute Kombination aus Ertrag und Qualität dar:
Wintergold ist inzwischen fünfjährig geprüft. Er weist die größte Vermehrungsfläche in Deutschland auf. Infolge von Engpässen beim Saatgut in der Vergangenheit sind die Praxiserfahrungen großteils auf das vergangene Jahr beschränkt. Er erreichte mehrjährig überdurchschnittliche Erträge an den unterschiedlichen Prüforten. Im Frühjahr 2012 wies er nur eine geringe Auswinterung auf. Während die Winterfestigkeit der meisten Winterdurum-Sorten etwa der von Wintergerste entspricht, kann man Wintergold diesbezüglich mit einem mittel winterfesten Winterweizen vergleichen. 2014 und 2015 war die Sorte stark von Gelbrost befallen. In der Regel ist somit eine Fungizidanwendung vor der Ährenbehandlung notwendig. Danach sollte regelmäßig kontrolliert werden, ob die Wirkungsdauer des Fungizides bis zur notwendigen Ährenbehandlung ausreicht oder ob eine zweite Blattbehandlung notwendig wird. Wintergold ist etwas mehltauanfällig, worauf in der Schossphase zu achten ist. Er neigt nur wenig zu den nicht parasitären Blattflecken. Wintergold ist etwas länger als der Sortendurchschnitt und mittel lageranfällig. Eine moderate Wachstumsreglergabe empfiehlt sich. Wintergold weist eine gute Qualität ohne größere Schwächen auf. Positiv aufgefallen sind ein niedriger Anteil dunkelfleckiger Körner, gute Vermahlungseigenschaften (niedriger Mineralstoffgehalt und Mineralstoffwertzahl) sowie gute Werte im Bereich der Farbe (Gelbpigmentgehalt und Farbton). Auch in kritischen Jahren blieben die Fallzahlen noch stabil.Auradur wurde in früheren Jahren langjährig geprüft und hat sich im Praxisanbau bewährt. Im Ertrag wird Auradur allerdings inzwischen von neueren Sorten übertroffen. Die starke Auswinterung im Frühjahr 2012 legt den Anbau ausschließlich in wintermilden Lagen nahe. Die Sorte bildet einen relativ kurzen Halm aus und ist mittel standfest. Bei Bedarf sollte man Wachstumsregler einplanen. An Blattkrankheiten kann Mehltau und auch Gelbrost während der späten Schossphase auftreten, so dass eine zusätzliche Behandlung vor der obligatorischen Ährenbehandlung zum Fahnenblatt nötig werden kann. In der österreichischen Sortenliste ist Auradur überdurchschnittlich anfällig für Ährenfusarium eingestuft, was jedoch nur in Befallsjahren zum Vorschein kommt. Er neigt zu Weißährigkeit infolge des Befalles der Halmbasis mit Fusarium. Charakteristisch für die Sorte sind ihre schwarzen Grannen zur Reife. Qualitativ stellt Auradur einen guten Standard dar. Er erreicht hohe Werte beim Anteil glasiger Körner. Bei verzögerter Ernte neigt er zu einem erhöhten Anteil dunkelfleckiger Körner. Bei trockener Vorerntewitterung erreichen die Fallzahlen die geforderten Werte, bei verzögerter Ernte infolge schlechter Witterung können diese allerdings schnell abfallen.
Cliodur ist nur in der österreichischen Sortenliste beschrieben. In vergangenen Prüfjahren erreichte die Sorte in Stufe 2 überdurchschnittliche Erträge, in Stufe 1 (ohne Fungizide) nur unterdurchschnittliche. 2014 und 2015 war die Sorte am rheinhessischen Versuchsstandort in Stufe 1 stark von Gelbrost befallen. Obwohl Cliodur nicht besonders lang ist, ist er etwas lageranfällig. Somit scheint eine moderate Wachstumsreglergabe sinnvoll. Wie Wintergold sollte Cliodur im Frühjahr regelmäßig auf Gelbrostbefall kontrolliert werden. Bezüglich der Auswinterungsneigung liegen noch keine Erfahrungen vor. Cliodur weist eine ausgeglichene Qualität auf. Er weist ein sehr hohes TKG und überdurchschnittliche Fallzahlen auf. Der überdurchschnittliche Anteil an Mineralstoffen hat einen verringerten Griesanfall zur Folge.
Elsadur: Die in Österreich 2009 zugelassene Sorte wurde letztmals 2012 geprüft. Bundesweit wurden 2011 hohe Erträge erzielt, die sich 2012 dann im Bereich des Versuchsdurchschnittes bewegten, möglicherweise bedingt durch die geringere Winterfestigkeit. Während der Schossphase ist bei feuchter Witterung die Anfälligkeit gegen Blattseptoria zu beachten. Elsadur neigt zu überdurchschnittlicher Bestockung, ist relativ kurz und reift ähnlich früh wie Wintergold ab. Im Praxisanbau zeigte sich die Sorte weniger gelbrostanfällig als Wintergold. Elsadur weist eine gute Durumqualität auf, die Werte von Glasigkeit und Fallzahl können jedoch je nach Vorerntewitterung knapp ausfallen. Die Sorte sollte sehr rechtzeitig gedroschen werden, um einer möglichen regnerischen Witterung während der Reife aus dem Weg zu gehen. Elsadur weist hohe Werte für die Gelbpigmentgehalt und Farbwert auf.
Tempodur wurde erst zweijähig
geprüft, und Qualitätsergebnisse liegen erst einjährig vor. Im Ertrag liegt die Sorte etwa auf dem Niveau von Wintergold. In Rheinhessen wurde Tempodur zwar ebenfalls stark vom Gelbrost befallen, jedoch etwas verzögert gegenüber den anfälligsten Sorten. Die Sorte ist mittel standfest eingestuft bei einer überdurchschnittlichen Pflanzenlänge.Das bisher einjährige Ergebnis zeigt eine ausgeglichene durchschnittliche Qualität. Tempodur zeigte ein unterdurchschnittliches TKG, der Anteil an dunkelfleckigen Körner war sehr niedrig und die Fallzahlen fielen an 2 von 7 Orten deutlich ab. Letzteres sollte ein Hinweis sein, die Sorte bei schlechter Witterung rechtzeitig zu ernten.
Die Winterhärte der Sorten Cliodur und Tempodur konnte während der Prüfjahre dieser Sorten nicht festgestellt werden. In der österreichischen Sortenliste werden sie wie Auradur oder Elsadur als mittel bis hoch auswinterungsgefährdet eingestuft.
Sonstige Empfehlungen zur Winterdurum-Herbstsaison
Winterdurum-Saatgut könnte knapp werden. Infolge der trockenen DruschÂwitterung sind Haarrisse und Keimlingsbeschädigungen aufgetreten. Zudem gibt es stetig Probleme mit Fremdbesatz. Maximal sind drei Körner einer anderen Getreideart pro 500 g Saatgut zulässig. Bei Redaktionsschluss stand das Ergebnis der Anerkennungsverfahren noch nicht fest. Wer Winterdurum-Z-Saatgut beziehen möchte, sollte sich erkundigen. Sortenwahl und Anbauumfang sind unbedingt mit dem Abnehmer abzustimmen. Bei Nachbau sollte rechtzeitig eine Keimprobe durchgeführt werden. Durum hat im Vergleich zum Winterweizen eine geringere Triebkraft und läuft daher nur zu einem geringeren Prozentsatz auf.
Durum hat höhere Ansprüche an das Saatbett als Winterweizen. Ist er einmal schlecht aufgelaufen, sollten die Keimpflanzen zuerst gezählt und nicht vorschnell umgebrochen werden. Schlechte Bestände erholen sich noch gut, sofern die Pflanzen gleichmäßig verteilt stehen und noch Zeit zur Bestockung ist. Die Bestockungsneigung ist im Vergleich zum Winterweizen geringer und der Winterdurum beginnt im Frühjahr eher als der Winterweizen zu schossen. Daher sollte die Saatstärke nicht zu sehr reduziert werden.
Späte Saaten (z.B. im November) sollten vermieden werden. Je später die Saat, desto geringer die Bestockung. Durum sollte sich noch vor Winter bestocken. Als Faustregel kann in milden Lagen eine Saatstärke von (320 bis ) 350 Körner/m2 in der zweiten Oktoberdekade angepeilt werden. Frühsaaten im September, sollten ebenfalls vermieden werden, da an Pflanzenproben der letzten Jahre an der Halmbasis bevorzugt der Fusariumpilz festgestellt wurde.
Keine Herbizide für den Herbst zugelassen
Ein weiterer Grund gegen Frühsaaten ist das Fehlen von Zulassungen für Herbizide für die Herbstsaison in Durum. Mit Ausnahme von Sword gegen Ackerfuchsschwanz ist kein Herbstherbizid in Durum zugelassen. Aus Gründen der Vorbeugung gegen Fusariumbefall sollte Durum auch nicht nach Mais angebaut werden, vor allem wenn der Boden danach nicht wendend bearbeitet wird. Steht Körnermais in der Fruchtfolge, sollte dessen Stroh intensiv mit einem zusätzlichen Arbeitsgang zerkleinert werden, um eine schnelle Strohrotte zu erreichen. Die Anfälligkeit der Halmbasis gegen Fusarium kann auch der Grund dafür sein, dass schlechte Erfahrungen mit der Folge Winterdurum nach sich selbst gemacht wurden.
Bei konservierender Bodenbearbeitung kann der Durchwuchs von Winter-Weichweizen zum Problem werden, da er als Fremdgetreide gilt und die Glasigkeit senkt. Gegenmaßnahmen sind eine Pflugfurche oder das Einschalten einer Sommerung vor dem Winter-Durumanbau. Das Risiko des Durumanbaues wie abfallende Fallzahlen oder Kornverfärbungen bei schlechter Erntewitterung kann gemindert werden, indem man die Durumfläche auf eine Druschkapazität von ein bis zwei Tagen begrenzt. Geeignet zum Durumanbau sind Gebiete mit zügiger Abreife und erfahrungsgemäß trockener Witterung zur Abreife. Bei Drusch und der anschließenden Logistik und Einlagerung sollte streng darauf geachtet werden, dass keine Verunreinigung mit Rapskörnern stattfindet, da diese kaum mehr heraus zu reinigen sind und schwarze Flecken in den Teigwaren verursachen.
Martin Nanz, Dr. Albert Anderl, Marko Goetz, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück – LW 37/2015