Hohe Ertragsleistung trotz widriger Witterung

Ergebnisse der Landessortenversuche Winterroggen 2017/2018

Winterroggen nimmt mit aktuell rund 12 200 ha von allen Wintergetreidearten den geringsten Anbauumfang in Hessen ein. Aufgrund des in den letzten Jahren erzielten Zuchtfortschrittes durch Hybridroggen ist er aber nicht nur auf ertragsschwachen Böden anbauwürdig. Auch auf ertragsstärkeren Standorten kann Winterroggen eine Alternative zur Erweiterung der Fruchtfolge darstellen, sofern die Ertragsleistung an das Niveau von Weizen heranreicht und eine Vermarktung als Brotroggen gesichert ist. Dr. Antje Herrmann, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Landwirtschaftszentrum Eichhof, erläutert die aktuellen Sortenversuche.

Höhere Strohmengen und eine gewisse Entzerrung von Arbeitsspitzen machen Winterroggen für viehhaltende Betriebe interessant.

Foto: landpixel

Generell zeichnet sich Winterroggen durch eine sehr gute Winterfestigkeit aus, sowie vergleichsweise geringe Ansprüche an die Bodengüte und Wasserversorgung, vor allem bedingt durch sein gut ausgebildetes Wurzelsystem. Daher weist Winterroggen auch ein gutes Nährstoffaneignungsvermögen auf und im Vergleich zu anderen Wintergetreidarten eine höhere N-Effizienz, was im Hinblick auf die Düngeverordnung von Relevanz ist. Höhere Strohmengen und eine gewisse Entzerrung von Arbeitsspitzen machen Winterroggen für viehhaltende Betriebe interessant. In der Fütterung wird Roggen aber immer noch verhalten eingesetzt, obwohl die DLG bereits im Jahr 2006 Empfehlungen herausgegeben hat, wonach Anteile von bis zu 50 Prozent in Mastschweinrationen und bis 40 Prozent (max. 4 kg/Tag) im Mischfutter von Milchkühen und Mastrindern möglich sind. Eine geringere Anfälligkeit für Fußkrankheiten und Ährenfusariosen wirkt sich positiv in der Fruchtfolge aus. Allerdings weist Winterroggen ein höheres Risiko für Mutterkornbefall auf und größere Ertragsreduktionen werden durch Rosterkrankungen (Braunrost) verursacht. Durch gezielte Sortenwahl kann dem Befallsrisiko gegengesteuert werden. Auch in der Standfestigkeit gibt es eine große Variation zwischen den Sorten.

Landessortenversuche der Saison 2017/2018

Die Landessortenversuche (LSV) Winterroggen wurden im aktuellen Anbaujahr an drei Standorten (Marburg-Rauischholzhausen, Bad Hersfeld, Korbach) durchgeführt. In den LSVs werden die aktuellen Sorten in zwei Intensitätsstufen geprüft. In Stufe 1 werden keine Fungizide appliziert und der Wachtumsreglereinsatz um 50 Prozent reduziert, in Stufe 2 wird ein optimierter Fungizid- und Wachstumsreglereinsatz gefahren. Von den Hybridroggen werden einige Sorten (Hybro Saatzucht, Vertrieb durch Saaten-Union) nur mit einer 10-prozentigen Einmischung einer Populationssorte in den Verkehr gebracht. Dies geschieht, um die Pollenmenge im Bestand zu steigern und das Risiko für den Befall mit Mutterkorn zu reduzieren. In der Blüte bleiben die Spelzen normalerweise solange abgespreizt, bis die Narbe mit einer ausreichenden Pollenmenge besteckt ist. Bei einem hohen Pollenangebot schließen die Spelzen schnell; bleibt die Blüte jedoch länger offen aufgrund einer geringen Pollenmenge, können Mutterkornsporen den Fruchtknoten erreichen. Um den Effekt der Einmischung zu quantifizieren, wurde die Sorte SU Performer zum einen als reine Sorte und zum anderen mit einer 10-prozentigen Einmischung geprüft. Eine andere Strategie verfolgt das Züchtungshaus KWS, welches Sorten genetisch mit einem hohen Pollenschüttungsvermögen ausstattet. Erstmalig in der Prüfung stand die Sorte KWS Edmondo. Die Sorte weist eine mittlere Reife auf, verfügt über eine gute Standfestigkeit und Blattgesundheit und sehr gute Qualitätseigenschaften. Die Anfälligkeit für Mutterkorn ist gering bis mittel.

Witterungsbedingte Ertragseinbußen in der Praxis

Aus der Praxis wurden im Vergleich zu den Vorjahren witterungsbedingte Ertragseinbußen beim Roggen berichtet, die allerdings geringer ausfielen als bei den anderen Wintergetreidearten. In den Landessortenversuchen erzielte der Winterroggen im aktuellen Jahr im Mittel einen etwas höheren Ertrag als im Vorjahr (Tabelle 1). Ein Vergleich der Jahre ist allerdings nur eingeschränkt möglich, da die Standorte und das Sortenspektrum über die Jahre nicht identisch waren. Die Roggenbestände der LSV wiesen eine gute Herbstentwicklung auf und zeigten nach Winter keine auswinterungsbedingten Mängel auf. Praxisbestände hingegen zeigten im Herbst oft Reaktionen auf Verdichtung und Staunässe, die eine Folge der hohen Bodenfeuchte zur Ernte waren. Relativ hohe Herbsttemperaturen führte zu einem verstärkten Blattlausbefall in dessen Folge Virusinfektionen beobachtet wurden, vor allem in Süd- und Mittelhessen. Die Frostperioden im Februar und März überstanden die meisten Praxisbestände ohne größere Auswinterungsschäden.

Stärkerer Befall mit Braunrost in den LSV

Die ab April vorherrschenden hohen Temperaturen führten zu einer starken Beschleunigung der Entwicklung der Bestände, die sich bis in den Mai relativ gesund präsentierten. Witterungsbedingt kam es zu einem stärkeren Befall mit Braunrost, der sich bei hoher Einstrahlung, Tagestemperaturen von 20 bis 26 °C, kühlen Nächten (nicht < 12 °C) und starker Taubildung besonders gut entwickelt. Befallsfördernd wirken eine hohe Stickstoffdüngung, milde Herbstwitterung sowie anfällige Sorten. Im geprüften Winterroggensortiment variiert die Anfälligkeit für Braunrost nach Bundessortenamt (BSA) zwischen Boniturnoten 3 (gering anfällig) bis 5 (mittlere Anfälligkeit), siehe Tabelle 2. Am Standort Korbach stimmte der Braunrostbefall in Stufe 1 gut mit den Boniturnoten des BSA überein, an den Standorten Bad Hersfeld und Marburg hingegen nicht. Es ist nicht auszuschließen, dass sich regional neue Braunrostrassen entwickelt haben, wie dies auch für Winterweizen diskutiert wird. Eine Fungizid-/Wachstumreglerbehandlung (Stufe 2) zeigte an allen Standorten einen positiven Effekt und führte zu einer Ertragssteigerung von 14,2 Prozent (Korbach) bis 33,9 Prozent (Bad Hersfeld). Eine sortenspezifische Reaktion war nicht jedoch nachweisbar.

Trockenstress verringert Korn- und Strohertrag

Die zu warme Frühsommerwitterung und das Ausbleiben ausreichender Niederschläge setzte die Winterroggenbestände unter Stress. Dürre ist derjenige abiotische Stressfaktor, der die Ertragsleistung von Getreide am stärksten und in allen Entwicklungsphasen beeinflusst. Das Ausmaß der Ertragsreduktion hängt aber entscheidend davon ab, in welchem Entwicklungsstadium Trockenstress einwirkt und mit welcher Dauer und Intensität. Generell ist davon auszugehen, dass starker Trockenstress zu einem verringerten Korn- und Strohertrag führt, wobei der Kornertrag stärker vermindert wird als die Stroh- beziehungsweise Gesamtbiomasse. Ein Teil dieser Ertragsreduktion ist darauf zurückzuführen, dass Entwicklungsphasen schneller durchlaufen werden, das heißt weniger Zeit für die Assimilatbildung durch Photosynthese und Translokation von Reserven aus Blatt/Stängel ins Korn zur Verfügung steht. Besonders empfindlich reagiert Getreide auf Trockenstress, der in der Phase drei Wochen vor Blüte bis wenige Tage nach Blüte einwirkt, über eine Reduktion der Kornzahl.

Entsprechend zeigen Ergebnisse des Julius-Kühn-Institutes, Braunschweig, dass ein stärkerer Ertragseffekt von Trockenstress auf Winterroggen ausgeht, der in der vegetativen Entwicklung (Schossen bis Blüte) einwirkt, da neben der Stroh- und Gesamtbiomasse die Anzahl Ähren pro m² und die Anzahl Körner je Ähre reduziert werden, während die Tausendkornmasse (TKM) ansteigt. In der Kornfüllung einwirkender Trockenstress beeinflusst vor allem die TKM und den Harvest-Index, während Ährenzahl und Kornzahl je Ähre weniger betroffen sind. Entsprechend waren in diesem Jahr ein gut ausgebildetes Wurzelsystem und Trockenstresstoleranz essentiell für eine hohe Ertragsleistung. Während der Roggenblüte lagen günstige Witterungsbedingungen vor, so dass an keinem Standort Mutterkornbefall auftrat. Lager zur Ernte war in Bad Hersfeld und Marburg zu beobachten, wobei die Sorten Conduct, SU Performer und SU Nasri an beiden Standorten vermehrtes Lager aufwiesen.

 – LW 35/2018