Folgen eines Feuersturms erfolgreich bewältigt

Familie Kliem vermarktet 50 000 Eier täglich

Mit 60 000 Legehennen und täglich 50 000 Eiern, die neben einer ganzen Reihe weiterer Erzeugnisse im geräumigen Hofladen und an beispielsweise 60 Rewe-Märkte im Umkreis von 35 km von rund 50 Mitarbeitern vermarktet werden, gehört der Margarethenhof der Familie Karl-Wilhelm Kliem und seiner Frau Katharina Damm-Kliem in Karben-Kloppenheim im Wetteraukreis zu den größeren Direktvermarktern in Hessen. Stärker noch als das Coronavirus, dem die Kliems mit einem besonderen Bestellservice für Angehörige von Risikogruppen innerhalb ihrer Kundschaft begegnen, hat sie vor eineinhalb Jahren der Großbrand zweier Ställe getroffen, dem der größte Teil der Legehennen zum Opfer fiel.

Der neu errichtete Legehennenstall der Familie Kliem in Karben-Kloppenheim mit dem zusätzlich angebauten Wintergarten, von dem aus die Tiere den Auslauf von 8 Hektar Wiesenfläche erreichen.

Foto: Dietz

Am Freitag, dem 2. November 2018, kurz nach 11 Uhr, zerstörte ein Feuersturm in kürzester Zeit zwei aneinandergrenzende Hühnerställe in der freien Feldgemarkung am Rande der Bundesstraße 3a, so dass nur ein kleinerer Teil der Tiere gerettet werden konnte.

Der Verlust der Tiere geht unter die Haut

Die Kliems betrachten das Unglück als eine schwere Prüfung des Schicksals. „Nahezu hilflos zusehen zu müssen, wie das Feuer unseren Hennen keine Chance ließ, das geht unter die Haut und hat sich in unsere Erinnerung eingebrannt“, sagt Katharina Damm-Kliem, und ihr Mann ergänzt: „Betriebswirtschaftlich ist der Verlust schmerzhaft, aber langfristig eine heilbare Wunde. Die Bilder in unseren Köpfen hingegen werden uns immer begleiten.“

In den Tagen und Wochen danach hätten sie erlebt, dass ihnen viele Menschen Trost gespendet hätten. Das sei berührend gewesen und habe ihnen gezeigt, dass der Margarethenhof ein Ort sei, an dem Erzeuger und Verbraucher Nachbarn und Wegbegleiter seien. Allerdings hätten einige Mitmenschen diese Tragödie zum Anlass genommen, ihnen mit Häme, Hass und Hetze zu begegnen.

Fast ein Jahr später ist der Stall wieder aufgebaut. Diese 20 000 Hennen werden aber im Freiland gehalten, sodass eine Auslauffläche von 8 ha eingezäunt wurde. Die Nachfrage nach Freilandeiern ist nach Kliem so groß, dass sie sich zu diesem Schritt entschlossen haben.

Die Behörden waren sehr kooperativ

Die Behörden, bei einem Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz vor allem das Regierungspräsidium in Frankfurt, hätten sich sehr kooperativ verhalten und die Rückmeldung von 16 Stellungnahmen sei insgesamt sehr zügig erfolgt, sodass der Neubau so früh wie möglich in Angriff genommen werden konnte. Das sei auch wichtig gewesen, denn von Seiten der Versicherungswirtschaft habe es bei Inbetriebnahme des alten Stalles noch kein Angebot für einen Betriebsausfall gegeben. Zudem erfolgte die Leistung der Brandversicherung nach Zeitwert und nicht nach Neuwert. Und die Baukosten lagen im vergangenen Jahr schon um 68 Prozent höher als vor zehn Jahren; für die Fertigbau-Teile gab es eine Wartezeit von vier Monaten.

Alleine für die Erteilung der Baugenehmigung seien Kosten in Höhe von 60 000 Euro angefallen. Aus eigener Tasche mussten die Kliems den Anbau eines „Wintergartens“ mit Auslauf zur Freilandhaltung finanzieren, ebenso wie eine moderne Lüftungsanlage mit Wärmetauscher, die das Stallklima verbessert (weniger Ammoniak in der Stallluft) und zu einem erhöhten Wohlbefinden der Tiere beiträgt. In sehr großzügiger Weise habe ein Kunde, der seit Jahren vertraglich zugesichert palettenweise Eier abgenommen habe, auf die Lieferung während der Ausfallzeit verzichtet.

Ziel: 100 Prozent Futter von eigenen Flächen

Das Futter für die Hennen wird überwiegend selbst angebaut (Weizen, Körnermais). Zukünftig soll auch das Soja aus eigenem Anbau stammen, hierzu werden gerade Investitionen in Sojaverarbeitungstechnik geplant, da die Bohnen getoastet und das Öl entzogen werden muss. Im Anbau befinden sich dieses Jahr bereits 25 ha Sojabohnen. Ziel ist es, die Hennen zu 100 Prozent aus selbst erzeugtem Futter zu ernähren.

50 000 Eier mit dem Landmarkt-Label täglich zu erzeugen und zu vermarkten, so dass sie noch am gleichen Tag die Kunden erreichen, ist für die Kliems logistisch kein Kinderspiel. Aber sie nutzen konsequent die Riesennachfrage im Rhein-Main-Gebiet.

Hennen sind gesund und fühlen sich wohl

Das vielfältige Obst- und Gemüseangebot, im Bild nur ein kleiner Teil der Auslage, ganz überwiegend aus eigenem Anbau oder von Partnerbetrieben aus der Region, wurde Corona-bedingt aus dem Hofladen genommen und wird im Halbrund im Freien präsentiert. Im Hofladen selbst verblieb die beachtliche Angebotspalette an Rind-, Schweine-, Lamm-, Wild- und Hühnerfleisch.

Foto: Dietz

Und ihr Betrieb stand schon immer und steht für die Kunden offen. „Sie können einen Blick in den Stall werfen und mir dazu Löcher in den Bauch fragen“, erklärt Kliem, der in zehnter Generation mit seiner Frau den Betrieb bewirtschaftet. Den Kunden erkläre er, dass es nicht darauf ankomme, wie viele Hennen gehalten würden, sondern ob sich das einzelne Tier wohl fühle. Und seinen Kunden gegenüber kann er mit guten Argumenten punkten. „Das Federkleid sieht proper aus, die Tiere sind gesund, die Schnäbel sind nicht gekürzt und dennoch kommt es nicht zu Kannibalismus“, zieht er Bilanz. Dazu trage die Züchtung des Lohmann- oder ISA-Huhns bei, aber auch die stets aufmerksame Beobachtung der Tiere durch die Mitarbeiter.

Angebotspalette sehr breit aufgestellt

Das Sortiment im Hofladen ist breit aufgestellt. Zu den selbst erzeugten Lebensmitteln wie Eier, Speisekartoffeln und Kürbissen kommen noch viele Produkte aus der Region wie Rind-, Schweine-, Geflügelfleisch und Wild, außerdem Obst und Gemüse in der Saison aus der Region, aber auch Südfrüchte, um das Sortiment abzurunden.

Des Weiteren befinden sich noch Käsespezialitäten, Essig, Öle und vieles mehr in der Auslage wie beispielsweise Lammköstlichkeiten aus der Wetterau. Schäfer Thomas Etzel aus Altenstadt-Enzheim, der in der vierten Generation seinen Betrieb bewirtschaftet, beliefert die Kliems mit Lammnacken, -schulter, -rücken (ganz oder als Kotelett geschnitten), -lachse, -keule (mit oder ohne Knochen), -hüfte, -filet, -haxe, oder ganze Lammhinterkeule. Dazu gesellen sich Lammbratwurst, -knacker, oder Lammsalami. Mit dem Kauf und Verzehr dieser Köstlichkeiten leisten die Kunden laut Kliem einen Beitrag zur Kulturlandschaftspflege, denn Etzel beweide mit seiner Herde die Flächen rund um Altenstadt, darunter etliche Naturschutzgebietsflächen, sowie die saftigen Weiden rund ums Museum des Keltenfürsten auf dem Glauberg. Rind- und Schweinefleisch liefert der Betrieb Kropp aus Kilianstädten, der die Tiere selbst schlachtet und zerlegt.

Katharina Damm-Kliem und Karl-Wilhelm Kliem vermarkten täglich 50 000 Eier von 60 000 Legehennen in 60 Rewe-Märkten und in ihrem geräumigen Hofladen. Vor dem vielfältigen Obst- und Gemüseangebot im Freien präsentieren sie sich dem Fotografen. Im Hintergrund zu sehen sind die Kontroll-Waage von anno dazumal und zwei historische Schlepper als Blickfang für die Kunden.

Foto: Dietz

Hinsichtlich der Energieversorgung sind die Kliems fast autark. In eine Photovoltaikanlage haben sie 1,3 Mio. Euro investiert, in eine Holzhackschnitzelanlage, ein Blockheizkraftwerk (BHKW) und einen 30 m³ großen Wärmepufferspeicher weitere 500 000 Euro. Damit werden alle Betriebsgebäude und darüber hinaus noch Gebäude von drei Nachbarn beheizt. Als „Futter“ dienen unter anderem zerkleinerte Obst- und Gemüsekisten. Zur Absicherung des nächtlichen Stromverbrauches dient das BHKW, dessen Abwärme ebenfalls in die Heizung fließt.

In Öffentlichkeitsarbeit seit Jahrzehnten geübt

Klappern gehört zum Handwerk, Öffentlichkeitsarbeit auch. Das war schon der Leitspruch von Seniorchef Karl-August Kliem, der vor rund 30 Jahren die feierliche Gründungsveranstaltung der Marketinggesellschaft Gutes aus Hessen mit der unvergessenen Landwirtschaftsministerin Irmgard Reichhardt in der Maschinenhalle auf seinem Hof organisierte. In den letzten Jahren gab es immer wieder Fernsehbilder vom Margarethenhof im HR Mex Magazin, in der ZDF Drehscheibe, in der HR Hessenschau oder im HR service:trends. Jährlich findet Ende Juli auf dem Margarethenhof das Hoffest statt, das in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Sportverein FSV Kloppenheim durchgeführt wird. Leider fällt es Corona-bedingt dieses Jahr aus, wird aber nach Corona für die Kunden auf jeden Fall nachgeholt.

Dz – LW 22/2020