Fungizide sind nur ein Teil des Maßnahmenbündels

Fusariumbefall an Getreide und Mais minimieren

Bei allen Getreidearten wirken besonders Jahre mit hoher Feuchte während der Blüte fusariumbefallsfördernd. Dann können hohe Toxin-Gehalte zur Aberkennung der Ware und somit zu hohen Einbußen führen. Über Gegenmaßnahmen informiert Uwe Preiß vom DLR Rheinhessen-Nahe Hunsrück in Bad Kreuznach.

Gerstenkeimlinge mit Fusariuminfektion.

Die Vorfrucht und Fruchtfolge haben entscheiden Einfluss auf das Infektionspotenzial. Insbesondere unverrottete Maisstoppeln aus dem Vorjahr dienen dem pilzlichen Fusarium-Erregen zur Überdauerung und als Starthilfe für die Infektionen im folgenden Anbaujahr.

Die Getreidearten sind unterschiedlich anfällig gegenüber Ährenfusariosen. Die geringste Widerstandskraft ist bei Durum-Hartweizen zu finden dann folgen Weichweizen, Triticale, Roggen und Gerste. Die jeweiligen Sorten dieser Getreidearten variieren zusätzlich in ihrer Anfälligkeit gegenüber Fusariuminfektionen.

In der EU gelten für unverarbeitetes Getreide Höchstmengen von 1250 µg/kg DON bei Gerste, Roggen, Triticale und Weizen, 1750 µg/kg DON für Durumweizen und Mais. In Befallsjahren können diese Werte von Einzelpartien um ein vielfaches überschritten werden. Ein verschneiden von befallenem mit befallsfreiem Getreide ist nicht statthaft. Bei der Vermeidung von Fusariumbefall an Getreide sind vorbeugende pflanzenbauliche Maßnahmen von vorrangiger Bedeutung; Fungizidmaßnahmen zur Blüte können zur Sicherung einer gesunden Ernte vor allem in ungünstigen Jahren unterstützen wirken.

Befallsauftreten in Getreide und Mais

Die Gattung Fusarium umfasst weltweit rund 150 Arten, wovon in unserer Klimaregion etwa 20 typische Vertreter sind. Die einzelnen Arten sind nur schwer voneinander zu unterscheiden. Das Spektrum reicht von phytopathogenen Arten mit hohem Spezialisierungsgrad und ubiquitär vorkommenden Umweltpilzen ohne Spezialisierung auf einen bestimmten Wirt bis hin zu tier- und humanassoziierten Vertretern.

Im Getreidebau sind besonders Fusarium culmorum und Fusarium graminearum von Bedeutung; beide Arten kommen aber auch an Mais vor. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrer Biologie und ihrem Ausbreitungsverhalten.

F. culmorum überdauert an Pflanzenresten und infiziert nur über ungeschlechtliche Konidiosporen die nachfolgenden Kulturen. F. graminearum tut dies auch, ist aber zudem in der Lage zur geschlechtlichen Vermehrung. Die dabei gebildeten Ascosporen können mit dem Wind über weite Strecken transportiert werden und auch entferntere Nachbarkulturen infizieren. Mischinfektionen verschiedener Fusarien an Getreidepflanzen kommen häufig vor.

Neben dem im Folgenden beschriebenen Ährenfusariosen können Fusarien auch alle weiteren Pflanzenteile befallen. Im Getreide kann es zu Keimlingsinfektionen kommen, die dann zu Auflaufschäden führen können. Dies ist in der Praxis bei der Verwendung von derzeit zugelassenen Beizmitteln jedoch kaum zu beobachten. Im ökologischen Anbau kann es jedoch bei feuchter Witterung und ungünstigen Vorbedingungen eine Rolle spielen.

Im Verlauf der Vegetation können Fusariuminfektionen Stängelvermorschung führen. Die meist an der Stängelbasis und/oder an den Knoten sichtbaren bräunlichen Verfärbungen sind in der Praxis leicht mit den Symptomen von Halmbruch (Pseudocercosporella herbotrichoides) oder dem Rhizoctonia-Augenfleck (Rhizoctonia solani) zu verwechseln. Charakteristisch ist, dass es keine scharfe Abgrenzung zwischen infiziertem und gesundem Gewebe gibt.

Auch Blattinfektionen können beobachtet werden. Diese sind durch wässrig, verlaufene Befallssymptome ebenfalls ohne scharfe Abgrenzung zum umgebenden gesunden Gewebe zu erkennen und treten insbesondere bei anhaltend warmfeuchter Witterung und anfälligen Sorten oder in gestressten Beständen auf. Die wirtschaftlich größte Bedeutung haben Ährenfusariosen welche die sogenannte partielle Taubährigkeit beim Getreide hervorruft.

Menge und Konzentration der gebildeten Mykotoxine

Die Fusarienarten nutzen unterschiedliche Mechanismen, um das Substrat der Getreidepflanze für sich nutzbar zu machen. Dabei bilden sie als Stoffwechselprodukte verschiedene Mykotoxine. Die Menge und Konzentration der gebildeten Mykotoxine ist dabei sehr variabel und von mehreren Faktoren abhängig. Neben dem bekannten DON (Deoxynivalenol) und ZEA (Zearalenon) werden durch diese Pilzgruppe auch weitere Mykotoxine gebildet. So ist beispielsweise in Hafer T2 und HT-2 von Bedeutung. Das bekannte DON gilt beim Nachweis einer Belastung des Ernteguts als sogenanntes Leittoxin, da es von den „Hauptvertretern“ der Fusarienarten F. culmorum und F. graminearum gebildet wird. Und es ist im Bezug zu den sonst von Fusarien gebildeten Toxinen meist in höheren Konzentrationen zu finden und gut zu identifizieren. In der EU gelten für unverarbeitetes Getreide die Höchstmengen von 1250 µg/kg DON bei Gerste, Roggen, Triticale und Weizen, 1750 µg/kg DON für Durumweizen und Mais.

Der Grenzwert von ZEA (zum Beispiel durch F. avenaceum, F. culmorum, graminearum gebildet) liegt hingegen mit nur 100 µg/kg bedeutend niedriger. Denn durch dieses Toxin können bereits bei sehr geringeren Dosen Schädigungen auftreten.

Auch nach der eigentlichen Wachstumsperiode kann es zu einer erhöhten Mykotoxinbildung vor während und nach der Ernte kommen. Insbesondere sind Beständen betroffen, welche einer erhöhten Feuchtigkeit ausgesetzt sind, zum Beispiel durch frühe Lagerbildung oder Ernteverzögerung wegen feuchter Witterung. Nach der Ernte sind Partien, die eine Kornfeuchten über 18 Prozent und/oder einen hohen Anteil an beschädigten Körnen aufweisen, einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Denn die Weiterentwicklung des Pilzes wird durch diese Faktoren gefördert.

Seit 1998 wird jährlich Weizen, Durumweizen später auch Triticale und Gerste auf DON untersucht. Seit 2008 liegen auch Erhebungen zu DON-Gehalten in Mais vor. Die Ergebnisse zeigen, dass unter normalen Witterungsbedingungen durch die frühsommertrockene Wetterlage allgemein kein hohes Potenzial für Fusariumauftreten in Rheinland-Pfalz vorliegt. Umso intensiver treten Jahre mit besonderen Witterungsereignissen – Regen in der Blühte ‑ hervor. Insbesondere bei Durum und Weizen sind dann auf Flächen mit Risikofaktoren (anfällige Sorte, Vorfrucht Mais, feuchte Lage) hohe DON-Gehalte zu erwarten.

Sporen von Fusarium culmorum.

Toxine im Stroh-Einstreu

Durch die amtlichen Stellen des Landes werden auch Futtermittel auf Mykotoxine hin untersucht. Neben den Korn können dabei auch Toxine im Stroh vorhanden sein. Wird solches Stroh beispielsweise im eigenen Betrieb als Einstreu genutzt, kann es leicht zu Vergiftungserscheinungen führen. Schweine sprechen besonders stark auf toxinbelastetes Stroh an. Die Tiere kauen das Stroh und vermischen diese mit Speichel. Die leicht wasserlöslichen Fusariumtoxine werden gelöst und von den Tieren aufgenommen.

Eigene Untersuchungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Belastung des Strohs häufig höher ist als die des dazugehörigen Korns, sodass auch hier entsprechender Handlungsbedarf besteht und eine Strohgewinnung von sichtbar befallenen Flächen nicht ratsam ist.

Die Bekämpfung erfolgt in mehreren Schritten

Die Sortenwahl ist der erste Schritt bei der Vermeidung von Toxinbelastungen im Getreidebau. In Rheinland-Pfalz werden durch die Offizialberatung beispielsweise nur Weizensorten empfohlen, die eine Einstufung des Bundessortenamtes von besser als BSA-Note 6 haben und somit in normalen Befallsjahren durch ihre Widerstandskraft befallsfrei oder minimal befallen sind. Auf Flächen mit sehr hohem Befallsdruck und in Jahren mit extrem guter Witterung für die Pilzentwicklung kann es aber auch bei solchen Sorten zu Toxinbelastungen kommen.

Schwieriger ist die Sortenwahl bei Getreidearten, für die keine Sorteneinstufung vorliegt. Bei Gerste beispielsweise wurde in den vergangenen Jahren bei ungünstiger Witterung im Bundesgebiet ein gehäuftes Auftreten von Fusariosen festgestellt. Insbesondere mehrzeilige Sorten waren betroffen. Dass Gerste befallen wird, war bisher eher die Ausnahme, daher gibt es keine Sorteneinstufung.

Auch Hafer ist in den Focus gerückt. Dabei ist es nicht nur das DON, sondern T-2 und HT-2, die im Vordergrund stehen. Seit 2013 werden auch dafür Höchstwertempfehlungen ausgesprochen. Leider gibt es für diese Getreidearten und auch für den anfälligen Hartweizen sowie für Triticale oder Roggen keine Einstufungen des BSA zu Fusariosen. Für diese Kulturen und besonders auch für Mais wäre eine rasche Vorlage solcher Daten wünschenswert, um die Praxis bei der Sortenwahl zu unterstützen. Derzeit kann man nur auf Einzeluntersuchungen der Pflanzenschutzdienste sowie deren Sortenempfehlungen zurückgreifen.

Rottefördernde Maßnahmen sind sinnvoll

Die Vorfrucht Mais ist inokulumsfördernd und es gilt, die Rotte der verbleibenden Stängelreste zu fördern. Besonders bei konservierender Bodenbearbeitung ist dieser Faktoren zu beachte. Zum Beispiel verrotten oben auf der Bodenoberfläche liegende Stängel nur schlecht, weil der Bodenschluss fehlt, was die Besiedlung durch zersetzende Mikroorganismen erschwert. Je kleiner die Maisreste zerkleinert werden desto besser, das Mulchen der Stoppeln hat sich bewährt.

Auch eine leichte Einarbeitung des Materials zur Förderung des Zersetzungsprozesses kann der Besiedlung mit Organismen zur Zersetzung dienen und den Abbau unterstützen. Tiefes Einpflügen von Strohresten und Maisstoppeln kann allerdings dann das Gegenteil bewirken, wenn dadurch die Verrottung gehemmt wird. Solche belsateten Pflanzenteile können bei der nächsten wendenden Bodenbearbeitung wieder an die Oberfläche gelangen.

Ein Fungizideinsatz kann nur unterstützen

Bei entsprechenden Witterungsbedingungen oder befallsfördernden Faktoren kann eine Bekämpfung zur Blüte (BBCH 61-69) mit amtlich zugelassenen Mitteln zum Beispiel Azolen erfolgen. Werden die Fungizide zum optimalen Zeitpunkt eingesetzt, kann der Mykotoxingehalt um 50 Prozent bis 80 Prozent reduziert werden. Denn hierdurch wird lediglich der Sporenzuflug in die Ähre bekämpft, andere Infektionswege bleiben noch bestehen, was ein gewisses Restrisiko darstellt.

Für den zur Ernte auftretenden Toxingehalt sind daher nicht allein die Witterung zur Blüte, sondern auch die späteren Witterungsbedingungen insbesondere vor der Ernte entscheidend. Dieser Zeitpunkt wird durch die zugelassenen Fungizide nicht mehr abgedeckt.

Mit dem Prognosemodel FUS-OPT kann das Risiko einer Fusariuminfektion in Winterweizen vorhergesagt werden. Das Modell ermöglicht eine Risikoabschätzung zum BBCH 49 und bietet sogar die Möglichkeit, die Vorfrucht als Risikofaktor (zum Beispiel bei Vorfrucht Mais) in die Prognose zu integrieren. Somit ist es möglich, das Risiko einer Blüteninfektion des Weizens frühzeitig und schlagspezifisch abzuschätzen. Das Modell steht derzeit der Offizialberatung der Dienstleistungszentren ländlicher Raum zur Verfügung. Ein Zugang für Landwirte über www.isip.de ist geplant. Hier findet man aber schon jetzt die aktuellen Hinweise der Offizialberatung.

Vorerntemonitoring zur Abschätzung einer Belastung

Bei Verdachtsflächen können zur Abschätzung einer Toxin-Belastung etwa sieben bis zehn Tage vor der Ernte (frühestens BBCH 87) 100 Ähren entnommen und zur Untersuchung eingereicht werden. Auch hier ist es wichtig, eine repräsentative Probenahme einzuhalten. Dabei wird die Fläche zum Beispiel auf zwei Linen durchschritten und an zehn Punkten werden je zehn Ähren zufällig abgeschnitten. Die Verpackung sollte vorzugsweise aus Leinen oder ähnlichem luftdurchlässigem Material bestehen. Nun ist es wichtig die Proben unverzüglich dem Untersuchungslabor oder der eigenen Diagnose zuzuführen.

Die Methode wurde mehrjährig von verschiedenen Pflanzenschutzdiensten erprobt und liefert aussagefähige Ergebnisse. In Rheinland-Pfalz haben mehrjährige Untersuchungen in Durumweizen die Treffsicherheit dieser Methode bestätigt.

Ernteproben stellen die beste Möglichkeit den Toxingehaltes zu messen. Doch auch hier kommt es auf Genauigkeit an. Die Verteilung der Toxinbelastung im Bestand ist nicht gleichmäßig. Selbst die Verteilung an den einzelnen Ähren weist Unterschiede auf. Darum kann die Probenahme das Untersuchungsergebnis entscheidend

beeinflussen. Um ein verlässliches Ergebnis zu erhalten ist stets eine Mischprobe im ausreichenden Umfang anzufertigen.

Am besten ist es einen Probenstecher zu verwenden und an mindestens zehn Stellen für je fünf Tonnen Erntegut einzustechen. Ist kein Probenstecher vorhanden ist es möglich, eine Schaufel oder einen Messbecher (2-3 Liter) zu verwenden. Die zehn Teilproben müssen gut durchmischt und dann eine Mischprobe von mindestens 1 kg für die Toxinbestimmung entnommen werden. Ohne dies ist ein Untersuchungsergebnis nicht repräsentativ. Das heißt, mit geringerer Probenahme je Tonnage oder geringer Anzahl Einstichstellen steigt das Risiko einer Fehldiagnose beziehungsweise das Risiko, eine Toxinbelastung falsch zu bewerten. Die Mischprobe sollte atmungsaktiv verpackt (Leinensack) umgehend der Diagnose zugeführt werden.

Sichtung zum Nachweis eines Befalls

Zum Nachweis des DON-Gehaltes ist ein breites Spektrum an Nachweismethoden nutzbar. Die einfachste und ungenauseste Methode ist die Sichtung: Stark infizierte Körner sind durch Schrumpfung und Verformung gekennzeichnet. Bekannt ist auch die rosa-rot-bräunliche Verfärbung. Mit dieser Methode ist allerdings lediglich festzustellen ob ein Fusarium-Befall vorliegt. Es kann keine genaue Aussage über die Intensität der damit verbundenen Toxinbelastung abgeleitet werden. Ähnliches gilt für bildgebende technische Methoden, die auf Basis der äußeren Kornerscheinung einen kalkulatorischen Wert der Toxinbelastung ableiten.

Bei diesen Methoden ist die Diagnoseungenauigkeiten neben den technischen Anforderungen auch durch die Biologie zu erklären. Denn Oft befindet sich das Infektionszentrum im mittleren Bereich der Ähre. Die oberen Ährchen entwickeln dabei meist nur Schmachtkörner oder sterben vollständig ab (Symptom der partiellen Taubährigkeit). Diese Schmachtkörner sind leicht zu erkennen, aber der größte Teil dieser Körner wird bereits beim Erntevorgang auf dem Mähdrescher entfernt. Die Körner am und unterhalb des Infektionszentrums werden weiter von der Pflanze versorgt, haben zum Teil normale Größe und Aussehen, sind aber hoch mit Mykotoxinen belastet. Eine visuelle Sortierung dieser Körner ist nicht möglich.

Schnelltests und Laborverfahren

Schnelltests, sogenannte Dip-Sticks (zum Beispiel Rida-Quick-Don), sind auch für den Landwirt auf dem eigenen Hof einsetzbar. Oft werden diese von der aufnehmenden Hand als Hilfsmittel zur schnellen Vorabanalyse schon direkt bei der Anlieferung genutzt. Sie sind leicht zu handhaben und ein Ergebnis liegt innerhalb weniger Minuten vor. Dazu muss eine Getreideprobe gemahlen werden, ein Teil des Mehls wird in einem Puffer (wässriges Lösungsmittel) gelöst und auf den Stick getropft. Nach wenigen Minuten kann das Ergebnis abgelesen werden. Es wird durch Farbintensität angezeigt und man kann den Toxinbelastungsgrad in sechs Kontaminationsklassen unterscheiden. Die Kosten betragen etwa 15 Euro. Das System wird seit mehreren Jahren angeboten und liefert bei richtiger Handhabung zuverlässige Werte.

Analyselabore, zum Beispiel das Diagnoselabor am DLR in Bad Kreuznach, verwenden sensiblere Laborverfahren wie das kostengünstigste und weit verbreitete ELISA-System. Damit werden genaue Einzelwerte erzeugt. Für justiziable Laborergebnisse mit Rechtsverbindlichkeit ist es vorzuziehen, hochsensiblen und genaue HPLC-Methode zu verwenden. Dies wird beispielsweise von den LUFA angeboten. Die Diagnoseergebnisse sind mit der ELISA-Methode vergleichbar, jedoch ist das System sensibler und die Nachweisgrenze liegt in einem niedrigeren Bereich.

 – LW 23/2015