Gemeinsam am Puls der Zeit gestalten

Gespräch mit sechs TOP-Kurslern über ihre Weiterbildung

Unter dem Motto „An Grenzen wachsen Horizonte“ findet seit Anfang Januar bis zum 6. März der 45. TOP Kurs der Andreas Hermes Akademie in Königswinter bei Bonn statt. Ziel des Kurses ist es, die jungen Teilnehmer in ihrer Persönlichkeit zu stärken sowie ihnen die Zusammenhänge der Agrarpolitik aufzuzeigen. An dem Kurs nehmen 24 junge Persönlichkeiten teil, darunter sechs aus Hessen und Rheinland-Pfalz. Das LW hat sich mit ihnen unterhalten, um herauszufinden, welche Erfahrungen sie während der Weiterbildung gesammelt haben und wie sie das Neugelernte einsetzen wollen.

Der 45. TOP Kurs auf dem Erlebnisbauernhof im Rahmen der Grünen Woche in Berlin. Der Gruppenzusammenhalt und das ehrenamtliche Engagement ist allen Teilnehmern sehr wichtig.

Foto: Andreas Hermes Akademie

„TOP“ steht für „Team-orientierte Persönlichkeitsentwicklung“, berichten die sechs Teilnehmer, die gleich zu Beginn des Gesprächs erwähnen, dass die gesamte Gruppe innerhalb kürzester Zeit eng zusammengewachsen sei und man Freundschaften fürs Leben geschlossen habe. Schnell entstand ein eigenes Netzwerk mit WhatsApp-Gruppe, gemeinsamem Facebook- und Instagram­account. „Wir haben auch schnell ein eigenes Motto für unseren Kurs gefunden, das wir künftig verfolgen werden. Es lautet: gemeinsam am Puls der Zeit gestalten“, erzählen sie. Man merkt schnell: Hier kommt viel geballte Power junger Menschen zusammen – siehe Steckbriefe in den Bildunterschriften! Die Altersspanne im Kurs reicht von 22 bis 30 Jahre.

Persönlichkeitsprofile erarbeitet

Die Teilnehmer sind sich einig, dass es anfangs sehr hilfreich gewesen sei, zusammen die jeweiligen Persönlichkeitsprofile he­raus­zuarbeiten. „Diese Analysen über uns waren ein wichtiger Baustein, auf dem das gesamte Kursprogramm aufbaut“, sagen sie. Dafür wurden zwei verschiedene Methoden (DISG und Reiss) herangezogen. Für viele waren diese Analysen ein Highlight, denn mit dem Wissen über ihr Selbstbild sowie über das Fremdbild könne man ganz anders auftreten, zum Beispiel bei einem Vortrag oder einer Moderation. „Da sich der eigene Blickwinkel oft von anderen unterscheidet, ist es umso wichtiger, über den Tellerrand hinauszuschauen und aufgeschlossen zu sein – und das jeden Tag. Im Kurs werden uns immens viele Gelegenheiten geboten, den Blickwinkel zu erweitern“, stellt Agrarstudentin Theresa Schmidt fest.

Führungs- und Moderationstechniken

In Führungs- und Moderationsseminaren sowie Medientraining lernten die Teilnehmer das Handwerkszeug für Auftritte vor Publikum oder für Gespräche mit Experten und Berufskollegen. „Rhetorik, Moderation und Co. brauchen wir alle, wenn wir weiterhin im Ehrenamt tätig sein wollen und später auch Führungsrollen übernehmen beziehungsweise ausbauen“, so die Teilnehmer. Über Newsletter vom Bauern- oder Anbauverband und von der Landjugend sowie über Kontakte zu ehemaligen Teilnehmern haben die meisten von dem TOP-Kurs erfahren. Grundsätzlich seien sie jedoch ohne konkrete Erwartungen in die Weiterbildung gestartet, „was von den Organisatoren sogar gewünscht war, damit wir uns unvoreingenommen auf alles einlassen können“, sagt Johannes Zimmermann. Bestimmt eine gute Idee bei dem umfangreichen Programm, das von morgens 8.30 bis abends 18 Uhr läuft und auch an den Wochenenden mit Seminaren weitergeht. Hinzu kommen Fachfahrten nach Berlin, Brüssel, Paris, Rom und zum Abschluss Marokko. Mit dem Mix aus fachlichem und kulturellem Angebot seien die Fahrten ein guter Wechsel zu dem theoretischen Input. „Die vielen Eindrücke verarbeiten wir abends locker bei einem Glas Wein. Das intensiviert das Gelernte und hilft, das riesige Projekt in so kurzer Zeit greifen zu können. Man geht schon an seine körperlichen und geistigen Grenzen. Aber: An Grenzen wachsen Horizonte“, sind sich alle einig.

„Gemeinschaftlich, Hand in Hand zum nicht endenden Horizont“, geht Agrarbetriebswirt Jan Höhler noch einen Schritt weiter. „Der agrarpolitische Austausch ist ein großer Schwerpunkt des Kurses. Wir lernen die politischen Strukturen auf nationaler und europäischer Ebene kennen. Durch die vielen Fachgespräche verstehen wir die politische Welt besser. In den drei Tagen in Rom gab es zum Beispiel Gespräche mit dem italienischen Bauernverband, der World Farmers“ Organisation WFO und der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen FAO. Das war beeindruckend“, so die Teilnehmer.

Hashtags

Frage an die Kursteilnehmer: „Bitte beschreiben Sie den TOP-Kurs mit Ihren wichtigsten Hashtags!“

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Stolz sind die TOP-Kursler auf ihre agrarpolitische Vision 2035, die sie an zwei Tagen selbstständig ausgearbeitet haben. „Wir haben diese Visionen in einer Art Pressegespräch vor dem DBV verteidigt und wurden von Bauern- und Winzerpräsident Eberhard Hartelt und DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken bestätigt mit dem, wie wir in die agrarpolitische Zukunft blicken“, berichten sie.

Über eigene Grenzen hinauswachsen

Dass sie ihr Netzwerk von Veranstaltung zu Veranstaltung ausbauen konnten, wird auch an den vielen Terminen deutlich, die sie während ihres neuntägigen Aufenthalts in Berlin wahrnahmen. „Wir waren auch hier mit vielen politischen Persönlichkeiten im Gespräch, haben verschiedene agrarpolitische Veranstaltungen besucht und zusätzlich noch viel Kulturelles erlebt. An den neun Tagen hatten wir 40 Termine. Das hat uns sehr gefordert und gefördert!“, so die Jungunternehmer.

Es habe darüber hinaus viele Highlights ohne politischen Hintergrund gegeben, berichten sie: „Wenn man zum Beispiel an einem Abend auf dem Balkon der Botschaft in Paris mit Blick auf den Eiffelturm steht und einen Tag später auf der Dachterrasse vom Gästehaus des Vatikans den Blick auf den Petersdom genießen darf, dann sind das unvergessliche Momente.“

Auf die Frage, was ihnen der TOP-Kurs bringe, sagt Agraringe­nieurin Sarah Harff-Cassel stellvertretend: „Die Inhalte des Kurses bringen mich persönlich wie beruflich voran. Ich habe die Möglichkeit, nicht nur meine eigenen Grenzen zu überschreiten, sondern meine eigenen Ziele zu formulieren und zu fokussieren.“ Gärtner Paul Wingerter antwortet: „Selten hatte ich so viele Chancen, in kürzester Zeit über mich selbst hinauszuwachsen. Das sind bis jetzt die intensivsten Wochen meines Lebens.“ Und Winzermeister Johannes Zimmermann ist überzeugt, „dass die persönliche Weiterentwicklung und das große Netzwerk, das wir aufbauen konnten, mich lebenslang begleiten werden“.

Die Teilnehmer freuen sich auf das noch anstehende Ehemaligentreffen mit Erfahrungsaustausch. „Gemeinsam mit einer Theaterpädagogin studieren wir für das Treffen ein Theaterstück ein“, so Andreas Konrad. Außerdem gibt es einen Abschlussball und eine Abschlussfahrt nach Marokko. „Doch nach den neun Wochen ist für uns noch nicht Schluss mit dem Kurs. Für uns geht es weiter. Im November haben wir beispielsweise vor, zehn Tage nach Äthiopien zu reisen.“

Alle sind sich sicher: „Wir sind gestärkt für den Dialog und packen die Herausforderungen der Zukunft an.“ Das gelernte Wissen anzuwenden, können sie kaum abwarten. So sagt Jan Höhler: „Meine zukünftigen ehrenamtliche Pläne sind zum einen, kommunalpolitisch aktiv zu werden. Zum anderen möchte ich meine ehrenamtliche Tätigkeit unter Berücksichtigung des Betriebes breiter ausbauen.“ Sarah Harff-Cassel formuliert ihren Blick in die Zukunft ähnlich: „Zukünftig möchte ich mehr Engagement in der Kommunalpolitik zeigen, um den ländlichen Raum stark zu machen und attraktiv zu halten.“ Paul Wingerter stellt sich ebenfalls ein intensiveres Engagement vor, „aber zuerst steht die berufliche Weiterbildung im Vordergrund“, sagt er. Für Andreas Konrad steht fest, dass er sich noch intensiver in seinen bisherigen Vereinen engagieren wird. Außerdem sieht er seine Zukunft im Betrieb zuhause.

„Man kann die Erfahrungen, Erlebnisse und Eindrücke gar nicht in Worte fassen. Das wäre zu wenig. Man muss es selbst erleben“, lautet das Fazit der motivierten Top-Kursler, die sich darauf freuen, das Gelernte im Berufsstand und in ihren Vereinen einzubringen.

Theresa Schmidt (23) aus Frielendorf-Schönborn im Schwalm-Eder-Kreis: Aufgewachsen auf dem landwirtschaftlichen Betrieb ihres Vaters, der heute Ackerbau und Rinderaufzucht umfasst. Sie hat nach dem Abitur eine Ausbildung zur Bankkauffrau abgeschlossen und studiert zurzeit Agrar­wissenschaften in Göttingen. Ihr ehrenamtliches Engagement: Landjugend Schwalm seit 2011 zunächst als 2. Vorsitzende, dann fünf Jahre lang als 1. Vorsitzende, aktuell ist sie noch Beisitzerin im Vorstand der Landjugend Schwalm und seit 2017 Beisitzerin im Landesvorstand der Hessischen Landjugend.

Foto: Andreas Hermes Akademie

Jan Höhler (26) aus Brechen-Niederbrechen im Kreis Limburg-Weilburg: Nach seiner landwirtschaftlichen Ausbildung hat er den Abschluss zum Agrarbetriebswirt in Griesheim absolviert. Seit 2016 ist er auf dem elterlichen Betrieb tätig, Betriebsschwerpunkt Milcherzeugung und Zucht. Weitere Betriebszweige: Biogas, Ackerbau. Sein ehrenamtliches Engagement: Kreisbauernverband Limburg-Weilburg als stellvertretender Vorsitzender.

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Johannes Zimmermann (23) aus Ludwigshöhe im Kreis Mainz-Bingen ist Winzermeister. Sein ehrenamtliches Engagement: In der Vergangenheit war er in der Landjugend Guntersblum aktiv, in der Ortsgruppe mit 16 im Vorstand, anschließend Vorsitzender der Landjugend Guntersblum. In den letzten drei Jahren war er zudem stellvertretender Vorsitzender der Landjugend Rheinhessen Pfalz. Seit Januar dieses Jahres ist er deren Vorsitzender.

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Paul Wingerter (24) aus Maxdorf im Rhein-Pfalz-Kreis kommt von einem 5-ha-Gemüsebaubetrieb mit Direktvermarktung. Er ist gelernter Gärtner, Fachrichtung Gemüsebau und strebt den Meister an. Sein ehrenamtliches Engagement: Tätig im Landesvorstand bei Bioland Rheinland-Pfalz / Saarland und im Landesverband seit 1,5 Jahren.

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Andreas Konrad (29) aus Budenbach im Rhein-Hunsrück-Kreis kommt von einem Ackerbaubetrieb in Budenbach mit Raps, Weizen, Gerste und Triticale; Lohnarbeiten bei Ernte und Aussaat. Er hat eine Ausbildung zum Land- und Baumaschinen Mechaniker absolviert und den B. Sc. Agrarwirtschaft in Management und Pflanzenbau gemacht. Sein ehrenamtliches Engagement: Sportverein, Freiwillige Feuerwehr, Wahlhelfer Kommunalwahlen in Budenbach.

Foto: Andreas Hermes Akademie

Sarah Harff-Cassel (27) aus Buborn im Kreis Kusel hat eine Ausbildung zur Bürokauffrau, im Anschluss Studium B. Sc. Agrarmanagement in Bingen absolviert. Seit Januar 2019 ist sie Projektleiterin bei der Jungen DLG in Frankfurt. Sie strebt später noch den Master berufsbegleitend an. Zum Betrieb: elterlicher landwirtschaftlicher Nebenerwerbsbetrieb, Ackerbau und Grünland. Mithilfe im Büro und in Spitzenzeiten auf dem Feld. Ihr ehrenamtliches Engagement: 2014 bis 2018 im Landesvorstand der Landjugend RheinhessenPfalz, 2016 bis 2018 deren Landesvorsitzende, außerdem Mitglied der Landjugend Konken und der Landfrauen Buborn.

Foto: Andreas Hermes Akademie

SL – LW 9/2020