Gesunde Sorten wurden plötzlich anfällig

Wird 2016 wieder ein Gelbrostjahr?

Der Gelbrost tritt zwar nicht in jedem Jahr auf, kann aber in Befallsjahren erhebliche Ertragseinbußen verursachen. Während auf der einen Seite mit Resistenzzüchtung versucht wird, die Kulturen gegen Krankheitserreger zu schützen, bildet der Pilz auf der anderen Seite immer wieder neue Rassen, um eine mögliche Resistenzen der Pflanzen zu umgehen. Die seit 2011 in Deutschland auftretende Pilzrasse „Warrior“ ist so aggressiv, dass sie gleich mehrere Resistenzgene überwindet und der Pflanze somit großen Schaden zufügen kann.

Gelbrost überwintert in Ausfall- oder Wintergetreide.

Foto: Mohr

Generell ist zu sagen, dass der Gelbrost weltweit auftritt. Eine Infektion erkennt man an streifenförmig angeordneten Rostpusteln auf den Blättern. Diese lassen sich leicht mit den Fingernägeln abkratzen. Je nach Befallsdruck kann die Ähre ebenfalls befallen werden.Die Blattscheiden und Halme hingegen werden nur selten befallen. Eine Infektion kann bereits im Herbst erfolgen, wobei die Rostpusteln hier anfangs nur vereinzelt auftreten. Das Myzel (Pilzgeflecht) wächst in der Längsrichtung des Blattes weiter und bildet dauernd neue Sporenlager. Diese als Streifen angeordneten Sporenlager füllen den Raum zwischen zwei Blattadern aus und können sich über die ganze Länge des Blattes erstrecken. In frühen Stadien einer meist folgenden Epidemie tritt Gelbrost nesterweise auf bevor die ganze Fläche befallen wird. Der Pilz kann grundsätzlich zwei verschiedene Lebenszyklen durchleben. Im untergeordneten Zyklus bildet er im Herbst Teleutosporen, diese dienen zur Überwinterung und sind mit einer dickeren Zellwand vor Kälte und Austrocknung geschützt. Als Zwischenwirt fungiert hierzu die Berberitze.

Ãœberwinterung ist auf lebende Zellen angewiesen

Von essenzieller Bedeutung ist die Überwinterung als obligater Parasit, was besagt, dass der Gelbrost auf lebende Zellen angewiesen ist. Die Überwinterung findet als Spore oder als Myzel (Pilzgeflecht) in Ausfall- oder Wintergetreide statt. Unter trocken-kalten Bedingungen kann ein geringer Anteil der Sporen sogar mehrere Monate überleben. Starker Frost schädigt das Myzel in den Blättern nur, wenn diese auch absterben. Bei Temperaturen unter 0 °C verharrt das Myzel. Für die Verbreitung sorgt hauptsächlich der Wind. Eine Keimung der Sporen erfolgt unter feuchten Bedingungen ab 2 °C. Die optimale Temperatur liegt zwischen 10 °C und 15 °C. Bei Temperaturen über 29 °C findet keine Keimung mehr statt. Unter idealen Bedingungen beträgt der Infektionszyklus zwölf bis 15 Tage je nach Rostrasse beziehungsweise Getreidesorte. Negativ wirken sich sowohl hohe Temperaturen, als auch eine trockene und sonnige Witterung aus. Diese wiederum kann dazu führen, dass zum einen keine Sporen mehr gebildet werden beziehungsweise der Pilz sogar völlig abstirbt. In 2014 konnte man dies gut in der Pfingstwoche sehen in der teilweise Temperaturen über 30°C zu verzeichnen waren.

Resistenzzüchtung kann nicht alle Rassen abdecken

Ursachen für die Epidemie 2014/2015

Das Zusammentreffen folgender Faktoren begünstigte das Gelbrostauftreten in den Jahren 2014 und 2015:

  • Milde Winter, die vollständig das Ãœberleben des Myzels auf Ausfallgetreide und Wintersaat ermöglicht haben. Somit entstand im Frühjahr ein hoher Infektionsdruck
  • Kühle Temperaturen im Frühjahr mit großen Tag-Nacht-Gegensätzen und Taubildung für über 5 Stunden
  • Hohe Anbaudichte von Sorten mit begrenztem Spektrum an Resistenzgenen
  • Vorkommen der neuen Rostrasse Warrior in Deutschland.
Jürgen Mohr

Die Pflanzenzüchter sind daran interessiert, eine oder mehrere Resistenzgene in die Pflanze zu züchten. Damit wird sichergestellt, dass die jeweilige Sorte eine Resistenz gegen verschiedene Roststämme aufweist. Aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Roststämmen ist eine Rezistenzzüchtung gegen alle Gelbrostrassen nicht möglich. Erschwerend kommt hinzu, dass der Pilz aus anderen Regionen einwandern kann. Solche Stämme können die Pflanze infizieren, da oftmals nicht bekannt ist, welche Resistenz genau gefordert wird. Die Resistenz liegt somit nur vertikal vor, das heißt sie ist nur rassenspezifisch. Je nach Aggressivität des Erregers können seitens der geschädigten Pflanze verschiedene Abwehrmechanismen greifen, die den Erreger zum Erliegen bringen können. Hierbei unterbricht die Pflanze die Nähstoffzufuhr in das infizierte Gewebe, um somit die Nahrungsversorgung des Pilzes zu unterbinden. Oftmals werden darüber hinaus von der Pflanze noch verschiedene Phenolverbindungen freigesetzt, um den Pilzerreger schnellstmöglich abzutöten und weitere Infektionen zu vermeiden.

Warrior – ein neuer aggressiver Erreger

Der hohe Gelbrostbefall 2014 und 2015 kam unter anderem durch eine Veränderung des Rassenspektrums des Pilzerregers zustande. In Europa wurde diese sehr dominante Rasse erstmals 2011 entdeckt. Das Julius-Kühn-Institut (JKI) untersuchte die in den Sorten eingekreuzten Resistenzgene auf ihre Wirksamkeit. Die Rasse besitzt Virulenzgene für elf von 14 Resistenzgenen der Weizensorten. Sie infiziert Weizen und Triticale und produziert in unseren Breiten mehr Sporen als andere Gelbrostrassen. Außerdem ist sie höheren Temperaturen gegenüber toleranter als die bisher bekannten Rassen. Der Ursprung der Warriorrasse dürfte die Region Himalaya oder China sein. In 68 Prozent der analysierten Proben aus Deutschland war diese Rasse 2014 zu finden.

Durch die Dominanz von Warrior wurden einige bis dato als gelbrostresistent beschriebene Sorten mäßig anfällig. Hierzu zählen Patras, Brilliant, Discus und Dekan. Sorten, die eine geringe Rostanfälligkeit aufwiesen, wurden gar hochanfällig, wie zum Beispiel Inspiration, Kometus, Akteur und JB Asano. Eine umgekehrte Abweichung stellte man hingegen bei der Sorte Meister fest, die aufgrund einer bisher nicht bekannten Resistenz von der Warrior-Rasse nicht infiziert werden konnte.

Vorbeugende Bekämpfungsmöglichkeiten

Zentrale Bedeutung zur Vermeidung von Ertragsverlusten durch Gelbrost hat immer die Sortenwahl. Resistente Sorten gegenüber den vorherrschenden Rostrassen sollten daher in Gebieten, in denen der Gelbrost früh in der Vegetationsperiode auftritt, bevorzugt angebaut werden. Weiter sollte eine ausgewogene Fruchtfolge mit breiten Sortenspektrum bevorzugt werden um die Wahrscheinlichkeit einer großflächigen Epidemie zu minimieren. Frühzeitiger intensiver Befall mit Gelbrost kann zu sehr hohen Ertrag ausfällen führen, da nicht nur Blätter sondern auch die Ähren befallen werden können. Deshalb ist eine rechtzeitige Bekämpfung unabdingbar, um Ertragsverluste zu vermeiden.

Folgende Maßnahmen sind daher für eine erfolgreiche Bekämpfung zu beachten:

  • Beseitigung des Ausfallgetreides noch vor dem Auflaufen des Wintergetreides
  • Späte Aussaaten bevorzugen Ausgewogene Stickstoffversorgung
  • Frühzeitiges Befallsmonitoring
  • Einsatz von Fungiziden nach Bekämpfungsschwellen und Prognosemodellen.
  • Erwartete Ausbreitung 2016 und Bekämpfungsstrategie

Der vergangene Winter war wieder recht mild, so dass die Vegetation recht spät eingestellt wurde. Eine Infektion konnte daher bis lange in den Winter erfolgen. In wie weit die tieferen Temperaturen im Januar bei teils schneebedecktem Getreide den Rost geschädigt haben, bleibt abzuwarten. Wird das kommende Frühjahr feucht und kühl, bei Temperaturen zwischen 10 und 15 °C, und ist die angebaute Sorte als hochanfällig eingestuft, ist der Grundstein für eine mögliche Ausbreitung gesetzt. Als Beobachtungsbeginn für das Bekämpfungsschwellenmodell gilt grundsätzlich das Stadium 31 (Beginn Schossen). In Ausnahmefällen kann jedoch bei flächendeckendem Starkbefall das Stadium 25 (bei Spätsaaten u. S.Weizen) berücksichtigt werden. Blätter, die im Stadium 31 bereits befallen sind, haben für die Ertragsbildung keine Bedeutung. Tritt der Befall ab diesem Stadium bereits nesterweise auf sind unbedingt kurativ (heilende) wirksame Azole in voller Aufwandmenge zu applizieren. Bei vereinzeltem Auftreten können auch reduzierte Aufwandmengen eingesetzt werden. Ab diesem Stadium sollte die Befallskontrolle wöchentlich vorgenommen werden. Die Folgebehandlungen sind an der Witterung, dem Krankheitsverlauf und den Wirkungsreserven der jeweiligen Fungizide auszurichten. Strobilurine, Carboxamide sowie die meisten Azole haben eine sehr gute Wirkung gegen den Gelbrost. Resistenzen der Wirkstoffe sind bis heute nicht nachgewiesen worden.

Jürgen Mohr, Dienstleistungs- zentrum Ländlicher Raum (DLR), Westerwald-Osteifel. – LW 12/2016