Hessische Landjugend auf der IGW 2020 in Berlin

Viele interessante Gespräche mit Politikern geführt

Spaß, fachlicher Input und bunte Kleider – das war die Internationale Grüne Woche (IGW) 2020 in Berlin. Drei beziehungsweise fünf Tage konnten die Teilnehmer gemeinsam mit der Hessischen Landjugend die Messe besuchen, an diversen Foren teilnehmen, Landjugendliche aus ganz Deutschland kennenlernen, netzwerken und gemeinsam abends auf Landjugendfete, Niedersachsenfete und Landjugendball feiern. Nachfolgend ein Fahrtenbericht.

Die Landjugendlichen freuen sich auf den Ball in den Berlin.

Foto: HLJ

Nachdem am Freitag alle Teilnehmer gut gelaunt in Berlin angekommen sind, konnte die Bundeshauptstadt genauestens unter die Lupe genommen werden. Der Samstag startete mit dem Besuch eines Atombunkers und den „Unterwelten“ Berlins sowie dem Besuch des Berliners Zoos. Im Anschluss folgte der Besuch des Junglandwirtekongresses mit dem Leitthema „Labelsalat – brauchen wir neue Gütesiegel?“. Nach den einleitenden Worten der Bundesvorsitzenden Kathrin Muus begrüßte auch der DBV-Vizepräsident Werner Schwarz die Anwesenden Junglandwirte und Junglandwirtinnen und gab bereits zu Beginn des Kongresses Grund zum Nachdenken. „Der Verbraucher vertraut uns Bauern. Er kauft gnadenlos billig, er fokussiert sich immer auf den Preis. Dass er sich das leistet, ist ein Zeichen echten Vertrauens. Denn sonst würde sich der Verbraucher an anderen Kriterien orientieren. Die Frage ist, reicht das als Basis? Wie weit bringen uns Label in eine vertikale Integration und wie weit wollen wir das?“ Unter der Moderation von Manon Struck-Pacyna (Lebensmittelverband Deutschland) stieg Professor Dr. Achim Spiller von der Universität Göttingen mit einem Input-Vortrag ein. 225 verschiedene Labels gebe es alleine im Ernährungsbereich. Sie schaffen Vertrauen, Integrität und sollen dem Verbraucher helfen, Produkteigenschaften einfacher zu erkennen. So seien Label Teil der Aufmerksamkeitsökonomie, könnten den Verbraucher aber auch schnell aufgrund ihrer Fülle überfordern. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu viele Labels haben“, pflichtete die Bundestagsabgeordnete und Landwirtin Carina Konrad ihm bei, die gemeinsam mit Roberto Pudelko (Kaufland) und Philipp Duelli (Jung­landwirt) auf dem Podium Platz genommen hatte. Sie gibt auch zu bedenken, dass Label zwar schön anzuschauen sind, Infos über die Herkunft aber doch so stark verdichten, dass das Interesse über die Herkunft und den Werdegang des Produktes verloren ginge. Für Pudelko, Einkaufsleiter im Bereich Nachhaltigkeit, ist es wichtig, dass die Lebensmittel wie beim TÃœV für Autos hinsichtlich ihrer Eigenschaften überprüft werden. Hier sieht er aber vor allem die Doppelmoral der Verbraucher als Problem. Diese wollen mehr Tierwohl, aber sie bezahlen es nicht. Der Einzelhandel würde bereits seit Jahren durch die Auswahl des Sortiments Einfluss nehmen.

Sonderangebots-Label abschaffen

Duelli hat sich von diesem Einfluss gelöst und vermarktet gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder über Duelli´s Fein(e)kost GbR Rindfleisch direkt ab Hof in Pfrungen in Süddeutschland. „Wir brauchen keine neuen Label. Wir müssen den Verbraucher über unsere bereits guten Standards in Deutschland aufklären und Importe aus dem Ausland verhindern.“ Gemeinsam betonten alle Diskutanten: Der Verbraucher muss wieder mehr Wertschätzung für Lebensmittel und die damit verbundene Arbeit erlernen. „Ein Label muss abgeschafft werden. Und zwar das Sonderangebots-Label“, so Lars Döppner, Landesvorsitzender der Hessischen Landjugend.

Nach dem Messebesuch stand am Abend die beliebte Landjugendfete an, auf der ausgelassen gefeiert wurde. Den Sonntagmorgen eröffneten die beiden Bundesvorsitzenden Kathrin Muus und Sebastian Schaller gemeinsam mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, der Präsidentin des Deutschen Landfrauenverbandes Petra Bentkämper und dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes Joachim Rukwied. „Wir müssen mehr tun für unsere Demokratie. Gemeinsam mit einer Stimme den ländlichen Raum vertreten – respektvoll im Umgang miteinander, fair in der Diskussion, engagiert, tolerant und anpackend wie bei unserer Jubiläumsaktion #landgemacht. Nur so können wir unsere Heimat voranbringen“, so Schaller. Klöckner stimmte ihm zu, wies auch noch mal darauf hin, sich nicht zu scheuen, auch mit Verbrauchern in die Diskussionen zu gehen „Wir müssen aus der Rechtfertigungsecke raus. Landwirte sind keine Bittsteller.“ Präsident Rukwied forderte auch die jungen Gäste auf: „Wir brauchen mehr Frauen im Bauernverband, weil sie eine andere Sichtweise einbringen. Machen Sie Druck nach unten!“

Im Anschluss präsentierte die Niedersächsische Landjugend ihr eigens komponiertes und inszeniertes Theaterstück „Undercover in Gummistiefeln“, das mit seinen musikalischen Einlagen alle von ihren Bänken riss. Die Teilnehmer der kurzen Fahrt mussten dann schon die Heimreise antreten, während es für die Teilnehmer der langen Fahrt nach einem Besuch auf der IGW zum gemeinsamen Abendessen ging.

Moderner und digitaler werden

Am Montag lockte das BDL-Jugendforum mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als Gast. Mit rund 100 Gästen diskutierte sie über den Balanceakt zwischen Freiheit und Sicherheit, Unternehmenshoheit und Geschlechtergerechtigkeit, Engagement und Politikalltag. Moderatorin und BDL-Vize Anna Hollenbach entlockte Leutheusser-Schnarrenberger, dass man wohl nicht darum herum komme, eine Frauenquote in Unternehmen gesetzlich zu regeln, auch wenn sie sich wünschen würde, man käme in den Führungsetagen selbst auf die Idee. Großen Anklang fand ihr Statement zur Verstaubtheit der Parteien. Sie als FDP-Frau sehe, dass die meisten Parteien zu altbacken seien, man kümmere sich wenig um den Nachwuchs und habe sich auf einer Generation ausgeruht, die nun nicht mehr viel bewegen könne. Man müsse moderner und digitaler werden, aber es sei auch notwendig, sich selbst einzubringen und genau das von den Parteien einzufordern. Für eine digitalere Politik sei jedoch auch ein entsprechender Netzausbau notwendig, und der ginge in Deutsch­land noch viel zu langsam voran.

Den Abschluss der IGW-Fahrt bildete der Landjugendball. „Wir freuen uns, auch 2021 nach Berlin zu reisen. Die IGW ist immer wieder ein toller Ort, um Landjugendliche auch aus anderen Landesverbänden zu treffen, zu netzwerken und gemeinsam eine tolle Zeit zu verbringen“, so Lisa Kamm, Landesvorsitzende der Hessischen Land­jugend.

hlj/bdl – LW 5/2020