Besser als erwartet

Landessortenversuche Wintergerste in Rheinland-Pfalz 2017

Die Wintergerste hat in den Landessortenversuchen besser gedroschen, als man es vielleicht erwartet hatte. Sie konnte damit vor dem Trockenstress noch rechtzeitig abreifen. Spitzensorten brachten bei intensiver Bestandesführung teilweise über 100 dt/ha. Dr. Albert Anderl und Marko Goetz vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach berichten über die diesjährigen Ergebnisse.

Die Anbaufläche für Wintergerste hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugelegt und erreichte 2016 rund 38 500 ha; der Anbauumfang liegt nach vorläufigen Angaben des Statistischen Landesamtes auch 2017 etwa in dieser Höhe. Damit behält die Wintergerste den dritten Rang hinter Winterweizen und Winterraps und noch vor Sommergerste. Die Neuerungen der Düngeverordnung wie Ausbringungsverbote für Gülle und Gärreste werden den Anbau eventuell weiter beflügeln. In Rheinland-Pfalz wurden im Herbst 2016 wieder vier Landessortenversuche (LSV) zu Wintergerste angelegt, die auch alle 2017 beerntet und ausgewertet werden konnten. An allen Standorten wurden acht mehrzeilige und fünf zweizeilige Sorten geprüft. Zusätzlich wurden nur an zwei Standorten als Orientierungssortiment fünf mehrzeilige und zwei zweizeilige Sorten geprüft. Als Schutz vor Gelbmosaikvirus (insbesondere Typ 1) kommen nur resistente Sorten zum Prüfungsanbau. Wie aus anderen Bundesländern zu erfahren ist, muss man neuerdings auch den Typ 2 im Auge behalten. In Befallsgebieten sollten deshalb nur „Spezialsorten“ gewählt werden (Tabellen 3 und 4).

Potenzial unter extensiven und intensiven Bedingungen geprüft

Die Prüfkandidaten werden wie bei allen anderen Getreidearten auch in zwei Intensitätsstufen angebaut, wobei in der Stufe 1 auf Wachstumsregler und Fungizide verzichtet wird, um die Lager- und Krankheitsanfälligkeit der Sorten zu prüfen. Daneben soll diese Stufe eine Einschätzung über das Ertragspotenzial unter extensiven Anbaubedingungen ermöglichen. Stufe 2 zeigt das Leistungspotenzial der Sorten bei optimaler Bestandesführung. Weiterhin ist zu erwähnen, dass auf Antrag des Züchters die Saatstärke bei den Hybridsorten um 25 Prozent gegenüber der ortsüblichen Saatmenge bei den Liniensorten reduziert wurde. Die Kornerträge der Verrechnungssorten (KWS Meridian, Wootan, California) lagen 2017 im Mittel der Orte bei 81,4 dt (rel. 85 Prozent) in Stufe 1 beziehungsweise 94,1 dt/ha (relativ 100 Prozent, s. Tabelle 1) in Stufe 2. Gegenüber dem schwachen Vorjahr waren es damit zirka 20 dt/ha mehr. Die Ertragsunterschiede zwischen den Prüfkandidaten lassen sich, wie bereits in den Vorjahren, statistisch fast nicht absichern. Dies bestätigt die hohe Leistungsdichte im gesamten Wintergerstensortiment. Bei den an allen Standorten geprüften mehrzeiligen Sorten fällt lediglich Sonnengold ab. Die bisher empfohlenen Sorten SU Ellen, KWS Meridian und Wootan liefern gute Ertragsergebnisse ab. Bei den zweizeiligen Sorten reicht das Spektrum von 103 Prozent für Zita bis 97 Prozent bei Julena. Auch hier präsentiert sich die bisher empfohlene Sorte California mit relativ 101 sehr gut. Die nur an zwei Standorten geprüften Sorten variieren erwartungsgemäß stärker.

Ramularia nur in Kümbdchen relevant

Alle Standorte wiesen mehr oder weniger starkes Halm- und Ährenknicken auf. Lager war ein Thema am Standort Nomborn und vor allem in Mehlingen. Bei den Krankheiten dominierte in Kümbdchen Ramularia, während an den übrigen Standorten der Befall eher verhalten war. Aufgrund des Lager- und Krankheitsdrucks wurden durch den Einsatz von Fungiziden und Wachstumsreglern im Versuchsdurchschnitt Mehrerträge von gut 13 dt/ha erzielt, wobei deutliche Sortenunterschiede bestehen. So brachten die Behandlungsmaßnahmen bei California lediglich 6,9 dt/ha, währen bei KWS Kosmos über 20 dt/ha abgesichert wurden. Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass die Hektoliter- und Tausendkorngewichte geringfügig verbessert wurden. Vergleicht man die Ertragsabsicherung bei den mehrzeiligen Sorten mit der bei den zweizeiligen Sorten, so ergibt sich im Mittel für die mehrzeiligen Sorten ein Wert von 15 dt/ha, während die Ertragsabsicherung bei den Zweizeilern bei etwa 10 dt/ha liegt. Dies dürfte vor allem auf die bessere Strohstabilität und Standfestigkeit der zweizeiligen Sorten zurückzuführen sein.

Überregionaler und mehrjähriger Vergleich

So interessant die Ergebnisse des aktuellen Jahres sind, so stellen sie dennoch nur die Situation dieses Jahres dar. Rückschlüsse auf die folgenden Jahre sind mit Vorsicht zu genießen, da jedes Jahr andere Anforderungen an die Sorten stellen kann. Die Merkmale Winterfestigkeit, Gesundheit und Standfestigkeit können somit die Erträge der Sorten jährlich sehr unterschiedlich beeinflussen. Eine breite Datenbasis mit diversen Standorten und Jahren im Hintergrund bietet die beste Gewähr für eine fundierte Sortenbewertung. Die überregionale, mehrjährige Ertragsauswertung (Tabelle 2) für die südwestdeutschen Mittel- und Höhenlagen (Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz) ist hierbei eine gute Entscheidungshilfe, da hier alle zur Verfügung stehenden Daten aus den Jahren 2013 bis 2017 in die Auswertung einfließen. Es werden also auch Daten aus den vorangegangenen dreijährigen Wertprüfungen berücksichtigt. Dies ist besonders wichtig bei den neuen Sorten, da hier noch relativ wenige Ergebnisse aus Landesortenversuchen vorliegen. In Tabelle 2 sind nur Sorten aufgeführt, für die mindestens fünf Versuchsergebnisse je Anbaugebiet vorliegen. Es ist also auch die Anzahl der Versuche je Sorte in Tabelle 2 zu beachten. Zu den Mittellagen gehören in Rheinland-Pfalz die Standorte Brecht und Mehlingen, während Nomborn und Kümbdchen den Höhenlagen zugeordnet werden.

In den Höhenlagen liegen Hybriden leicht vorn

In den Mittellagen liegen bei den Mehrzeilern die neueren Sorten KWS Higgins und die Hybride Toreroo an der Spitze. Aber die weiteren Sorten folgen dicht auf, was zeigt, dass bei mehrjähriger Betrachtung die Ertragsunterschiede häufig deutlich kleiner ausfallen als im einjährigen Vergleich. Bazooka, Joker, Sonnengold und Bella erzielen leicht unterdurchschnittliche Werte. In den Höhenlagen liegen die Hybriden Toreroo, Wootan und Bazooka leicht vor den Liniensorten. Der Ertragsvorsprung der Hybriden ist somit relativ gering. KWS Meridian und SU Ellen halten sich stabil im Mittelfeld. Bella, Sonnengold und Joker erreichen auch in diesen Auswertungen unterdurchschnittliche Werte. Auch bei den zweizeiligen Sorten liefern die Sorten eng zusammenliegende Ergebnisse. In den Mittellagen liegen LG Caspari und KWS Infinity vorne, während California rund 2 Prozent zurückliegt. In den Höhenlagen bringen KWS Infinity und California fast gleiche Erträge. Zita und Julena können bisher mehrjährig und überregional noch nicht überzeugen. Tabelle 2 zeigt auch, dass die mehrzeiligen Sorten in den Auswertungen nur geringfügig höhere Erträge als die zweizeiligen Sorten erwarten lassen, so dass der Ertrag nicht das entscheidende Kriterium sein muss. Vielmehr sind es die Merkmale Winterhärte, Standfestigkeit, Strohstabilität und Kornausbildung, die den Ausschlag für die Wahl der Zeiligkeit geben können. Eindeutige Vorteile weisen die zweizeiligen Sorten bei der Tausenkornmasse auf. Aber auch beim hl-Gewicht haben die Zweizeiler etwas die Nase vorne. In Tabelle 2 sind die Ergebnisse der intensiven Stufe 2 dargestellt. Wie aber haben die Sorten auf die Steigerung der Intensität von Stufe 1 (ohne Wachstumsregler, ohne Fungizid) auf Stufe 2 (mit Wachstumsregler, mit Fungizid) reagiert? Eine Auswertung der der Mittellagen Südwest zeigt, dass generell die zweizeiligen Sorten etwas extensiver geführt werden können. Aber auch innerhalb der Zeiligkeiten bestehen beträchtliche Unterschiede. So zeigt sich auch, dass die Sorte Wootan eine intensive Bestandesbetreuung deutlich mehr „belohnt“ als KWS Meridian oder SU Ellen. Ähnliche Beobachtungen zu Sortenunterschieden lassen sich auch im zweizeiligen Sortiment machen. KWS Infinity reagiert deutlicher auf Behandlungsmaßnahmen als California oder die neuen Sorten Zita und Julena.

 – LW 32/2017