Warum sollen Blühflächen bunt sein?

Wildbienen haben verschiedenste Ansprüche an ihren Lebensraum

Der Verlust an Blütenpflanzen in der Offenlandschaft ist ein Grund für den stetigen Rückgang blütenbesuchender Insekten wie Wildbienen, Schmetterlinge und Schwebfliegen. Blühflächen sollen diesen Tieren wieder eine hohe Vielfalt an Nahrungsquellen bieten. Da einzelne Pflanzenarten nicht die ganze Saison blühen, ist eine gewisse Vielfalt nötig, um ein stetes Blütenangebot zu gewährleisten.

Viele Wildbienenarten benötigen unterschiedliche Nektar- und Pollenpflanzen.

Foto: landpixel

Es ist aber nicht jede Blütenbesucher-Art auf eine Pflanzenart spezialisiert, so dass Schlüsselpflanzen für ein breites Spektrum von Insekten nutzbar sind. Dies sind insbesondere typische Pflanzen der Feldsäume und Wegränder wie Schafgarbe, Margerite, Kamille, Natternkopf und Flockenblume, deren Zusammenspiel mit ihren Blütenbesuchern sich über Jahrhunderte entwickelt hat.

Aber auch Kulturpflanzen des Ackerbaus wie Phacelia, Winterraps und Gelbsenf sowie ackerbaulich eher problematische Arten wie Buchweizen, Ringelblume, Mariendistel, Malve, Kornblume, Klatschmohn und Kratzdistel bieten einer Vielzahl an Insekten Nahrung.

Wofür werden Blühflächen sonst noch genutzt?

Die offensichtlichste Nahrungsquelle der Blütenbesucher ist Nektar für den eigenen Energiebedarf. Viele Arten benötigen zudem Pollen zur Reproduktion, insbesondere Wildbienen, die Pollen in ihren Nestern für den Nachwuchs eintragen. Wildbienenarten haben oft unterschiedliche Nektar- und Pollenpflanzen.

Verschiene Wildbienen haben es aufgrund ihrer Lebensweise deutlich schwerer als die Honigbiene.

Foto: Jauker

Pflanzen werden aber nicht nur zur Nahrungsaufnahme genutzt: Blattschneiderbienen brauchen bestimmte Pflanzenarten, aus deren Blättern sie die Verkleidung ihrer Brutzellen herausschneiden, andere Arten benötigen für den Nestbau Pflanzenhaare, Öle oder Blütenblätter besonderer Pflanzenarten – sonst findet der Nestbau nicht statt. Gerade einige Wildbienenarten bauen diese Nester in hohle, abgestorbene Pflanzenstengel. Solche Strukturen bieten auch nach der Blühsaison wichtige Lebensräume zur Überwinterung von Insekten.

Blühflächen sind nicht alles!

Die meisten Insektenarten „leben“ nicht auf einer Blühfläche. Vielmehr besteht der Lebensraum einer Art aus mehreren Teillebensräumen, zwischen denen ein Austausch möglich sein muss. Viele Wildbienenarten weisen typische Teillebensräume zum Nisten auf (z.B. mit vegetationsfreiem/schütter bewachsenem Boden, Totholz/Käfergängen, Pflanzenstängeln, Hohlräumen oder sogar in Schneckenhäusern). In einem anderen wird Material zum Nestbau gesammelt (z.B. Lehm, Harz oder bestimmtes Pflanzenmaterial). In einem anderen wird der Pollen gesammelt, mit dem Brutzellen in den Nestern verproviantiert werden.

Die über 500 Wildbienenarten in Deutschland haben im Schnitt einen Flugradius um das Nest von nur 200 Metern, innerhalb dessen alle Teillebensräume erreichbar sein müssen. Fällt nur ein Teillebensraum aus, ist die Art lokal erloschen. Blühflächen sind somit eine ergänzende Maßnahme, die ohne die Verfügbarkeit gerade von Nisthabitaten nicht nachhaltig sein kann.

Dr. Frank Jauker, Justus Liebig Universität Gießen, Tierökologie  – LW 16/2019