Kartoffelerzeuger in der Pfalz ziehen durchwachsene Bilanz

Schwieriges Anbaujahr mit geringeren Erntemengen

Auf der Mitgliederversammlung in Mutterstadt vergangene Woche zog die Erzeugergemeinschaft „Pfälzer Grumbeere“ eine durchwachsene Erntebilanz für das Kartoffeljahr 2016. Trotz guter Preise wurden die Betriebsergebnisse der 303 kartoffelanbauenden Betriebe im Südwesten erheblich geschmälert. Die Erzeugergemeinschaft feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen.

Georg Riede, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Pfälzer Grumbeere, kritisierte das Verhalten einiger Kollegen am Markt. Viel zu früh wurde nach Importware gerufen.

Foto: ibs

Die extremen Wetterereignisse haben den Frühkartoffelerzeugern in der Pfalz und den angrenzenden Regionen in Rheinhessen im vergangenen Jahr besondere Probleme bereitet. Während im ersten Halbjahr Starkregen, Hagel, Überschwemmungen und Druckwasser den Erzeugern ein Befahren der Äcker zum Teil unmöglich machte und für Ernteeinbußen sorgte, folgte dann ab Mitte des Jahres die Trockenheit. Georg Riede, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft „Pfälzer Grumbeere“, sagte auf der Mitgliederversammlung vergangene Woche in Mutterstadt: „Trotz guter Preise war es für die Frühkartoffelerzeuger betriebswirtschaftlich kein gutes Jahr. Für einzelne Betriebe stellt sich die wirtschaftliche Situation sogar sehr schlecht bis miserabel dar.“ Nicht nur die geringeren Erntemengen, es wurden bis zum traditionellen Stichtag am 10. August mit 80 800 t rund 22,3 Prozent weniger Frühkartoffeln als im Vorjahr (104 000 t) gerodet, sondern auch der Marktverlauf machte den Frühkartoffelerzeugern in der Pfalz einen Strich durch die Rechnung.

Erntevorsprung konnte nur bedingt genutzt werden

Aufgrund günstiger Witterungsbedingungen in anderen deutschen Anbauregionen konnten die Erzeuger von „Pfälzer Grumbeere“ den standort- und klimabedingten Erntevorsprung der Pfalz nur bedingt nutzen. Die eigentliche Frühkartoffelernte verspätete sich in der Pfalz und Rheinhessen im Vergleich zum Vorjahr um rund 14 Tage. „Ende Mai hatten wir mit 62 Euro/dt hohe Einstiegspreise für lose, vorwiegend festkochende Ware“, erklärte Riede. Die hohen Preise bis in den Juni hinein konnten die Pfälzer Anbauer aber nur bedingt mitnehmen, weil die spanischen Kartoffeln noch lange am Markt waren.

„Die Spanier wurden früh erwartet, sind dann aber spät gekommen und haben den verunsicherten Markt, hochpreisig und länger als uns recht sein konnte, bedient. Das war ärgerlich für die Pfalz, weil wir trotz Nässe mit guten Qualitäten am Markt waren.“ Offensichtlich seien auch aus der Pfalz Signale ausgegangen, die Importware mobilisiert und viele der gewohnten Absatzwege verschlossen habe, übte Riede Kritik am Marktverhalten.

Der Vorsitzende forderte auch von den Kollegen im Inland, die Marktgeschehnisse und Absatzmöglichkeiten einheitlicher zu bewerten. „Gerade mit unseren Kollegen aus Niedersachsen gab es die ein oder andere Beurteilungsdifferenz, mit negativen, nach unserer Ansicht nicht notwendigen, Auswirkungen auf die Preise.“

Auf dem Erntehöhepunkt Mitte Juli lagen die Absatzmengen dennoch bei über 3 000 t täglich. Georg Riede: „Gefühlt waren Frühkartoffeln immer knapp, was insgesamt zu einer guten Preisentwicklung für die Erzeuger führte.“ So sanken die Umsatzerlöse weniger dramatisch als der Ertragsrückgang vermuten ließ. Bis zum 10. August 2016 lagen diese bei 30,35 Mio. Euro gegenüber 33,02 Mio. Euro für den Vorjahreszeitraum.

Geringere Erntebilanz auch für Speisekartoffeln

Riede ging auch auf den Markt für Speisekartoffeln ein. Bei Speisekartoffeln lag die Ernte mit 56 000 t etwa 15 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. „Der rückläufige Speisekartoffelanbau und die teils niedrigen Erträge haben bei uns dazu geführt, dass unser Handel bereits im Herbst zukaufen musste“, erklärte Riede. Allerdings sei der Frischkartoffelverzehr weiter rückläufig. Hinzu komme, dass die Verbraucher immer geringere Packungsgrößen kaufen. Die 1 kg bis 2,5 kg-Beutel nehmen zu. Das führe dazu, dass die Anbauer in der Region mit den Verkaufsmöglichkeiten an gewisse Grenzen stoßen. Zudem schränke die Regionalisierung das Vermarktungsfenster stärker ein. „Es wird mehr denn je die Aufgabe sein, unser Angebot zu lenken und verlässliche Absatzkanäle zu erhalten und auszubauen“, sagte Riede. Er sieht auch in der Ausweitung des späteren Anbaus eine Möglichkeit, den Stellenwert der Pfälzer Grumbeere zu erhöhen. „Die Nachfrage des Lebensmitteleinzelhandels nach regionaler Speiseware ist vorhanden.“ Allerdings müsse die Wirtschaftlichkeit genau geprüft werden, außerdem sei die Problematik der Drahtwurmbekämpfung nicht außer Acht zu lassen.

Chancen könnten sich auch aus dem Vertragsanbau für Chipskartoffeln ergeben. Riede ging auf das Angebot von Inter­snack ein, die eine Anbauausweitung in der Region in Kombination mit einer Forcierung der hofeigenen Lagerung anstreben. Allerdings würden die zurzeit gültigen Vertragspreise und die gestiegenen Qualitätsanforderung dagegen sprechen, so Riede. Nach einer vorläufigen Einschätzung wurde die Chipskartoffel-Erntemenge ebenfalls um 15 Prozent unterschritten, Qualitätszuschläge wurden nur selten realisiert. „Die Betriebsergebnisse müssen einfach wieder passen, um den Anbau zu stabilisieren und perspektivisch planen zu können.“

Landesregierung sagt den Pfälzer Kartoffelanbauern Unterstützung zu

Gastredner auf der Mitgliederversammlung der Erzeugergemeinschaft „Pfälzer Grumbeere“ war Staatssekretär Andy Becht aus dem Mainzer Landwirtschaftsministerium. Als echter Pfälzer sei für ihn die Grumbeere nicht vom Teller wegzudenken, bekannte Becht. Dennoch sei der Kartoffelverzehr rückläufig, auch durch ein geändertes Essverhalten der Menschen. „Vielleicht braucht man wieder eine List, um den Kartoffelverbrauch wieder anzuheben“, sagte Becht und spielte auf eine Kampagne im 19. Jahrhundert an, die den Anbau der Kartoffeln in Europa forcierte.

Die marktwirtschaftliche Orientierung der Landesregierung habe die Vermarktung der Kartoffeln im Blick. Er lobte die Erzeugergemeinschaft Pfälzer Grumbeere, die in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum feiert und Vorreiter in Sachen Marketing für Agrarprodukte aus der Region ist: „Wir sprechen im Ministerium häufig über Vermarktungsstrategien, auch für andere Produkte wie Wein. Dabei kommen wir immer wieder auf die Pfälzer Grumbeere als Diskussionsmodell. Es ist ein gutes Beispiel für andere Branchen.“

Die Witterung im vergangenen Jahr habe gezeigt, wie wichtig Pflanzenschutz für die Ertragssicherung sei, so der Staatssekretär. Ohne Pflanzenschutzmittel hätte die Kraut- und Knollenfäule noch mehr Kartoffelbestände vernichtet. „Pflanzenschutzmittel verfügbar zu halten ist ein Ziel unserer Politik“, erklärte Becht.

„Wir wollen uns in alle Richtungen bewegen und auch den nicht-chemischen Pflanzenschutz sowie die Entwicklung resistenter Sorten fördern.“ Die Landesregierung wisse sehr wohl, vor welche Schwierigkeiten das Zulassungsverbot des Wirkstoffs Fipronil für die Drahtwurmbekämpfung in Kartoffeln die Anbauer stelle. In Deutschland seien die Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel häufig zu lang, auch für Mittel, die in der EU schon lange zugelassen sind. „Das Vorsorgeprinzip wird hier nach unserer Auffassung häufig übertrieben“, sagte Becht. Deshalb bringe sich die Landesregierung regelmäßig im Bundesrat und in den Fachgremien ein, etwa wenn es um die Lückenindikation gehe. „Wenn wir nicht kämpfen, verlieren wir mittelfristig 77 Mittel“, warnte Becht.

Kritisch betrachtete der Staatssekretär das Verhalten des Lebensmitteleinzelhandels, der die gesetzlich festgelegten Rückstandshöchstmengen an Pflanzenschutzmitteln häufig noch einmal herabsetzt. „Es gibt keinen Grund dafür, die Verbraucher haben davon keinen gesundheitlichen Nutzen“, so Becht. „Dieses Verhalten führt nur zu Resistenzen und zu einem Anstieg der Schädlingspopulationen.“ Allerdings habe der Staat hier keinen Einfluss auf den LEH, da es sich um privatrechtliche Verträge zwischen Anbauern und Abnehmern handele. Er rügte vor allem Aldi, die den Einsatz von Insektiziden untersagen würden, allerdings nur in Deutschland.

Auch auf das Thema Beratung ging Becht ein. „Wir wollen trotz der angespannten Haushaltslage die Grundversorung in der Beratung aufrechterhalten“, versicherte er. Der Staatssekretär sieht vor allem in der Digitalisierung die Chance, die Landwirte zu unterstützen. Es werde daran gearbeitet, neue Lösungen anzubieten.

Becht brach eine Lanze für die heimische Landwirtschaft, forderte die Kartoffelerzeuger aber auch auf, sich aktiv einzubringen in die gesellschaftliche Diskussion. Denn im wichtigen Wahljahr 2017, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und in den Niederlanden, stünde viel auf dem Spiel. Er kritisierte die neue Kultur der sozialen Medien, die Halbwahrheiten fördere. „Es ist nicht einfach, damit umzugehen.“ Becht ist sich aber sicher, dass es vor diesem Hintergrund wichtiger denn je ist, als Landwirt selbst aktiv zu werden und für das eigene Tun zu werben. Es reiche nicht, sich auf die Vertretung des Berufsstandes durch die Verbände zu verlassen.

ibs – LW 8/2017