Kompaktierte Biomasse ist leicht handelbar

Pelletierung von Hühnertrockenkot und Gärrest vorgeführt

Die Vorgaben der künftigen Düngeverordnung machen die Lagerung von Gülle und anderen Wirtschaftsdüngern immer schwieriger und teurer. Eine Lösungsmöglichkeit besteht in der Trocknung und anschließender Pelletierung; dadurch sinkt beispielsweise der benötigte Lagerraum erheblich. Die Vorteile, Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens wurden letzte Woche in Wetter-Mellnau bei Marburg vorgestellt.

Zahlreiche interessierte Landwirte informierten sich über die Aufbereitung von Hühnertrockenkot und Gärresten zu Pellets.

Foto: Becker

Organisiert wurde die Informationsveranstaltung vom Fachbereich Ländlicher Raum des Landkreises Marburg-Biedenkopf sowie dem Wasser- und Bodenverband Marburger Land. „Wir arbeiten schon seit einigen Jahren im Landkreis an der Fließbarmachung von fester Biomasse, wie etwa der Pelletierung von Heu, Stroh oder Rapsstroh. Diese Pellets werden von vielen landwirtschaftlichen Betrieben auf unterschiedliche Art und Weise genutzt, beispielsweise als Futtermittel, Tiereinstreu oder auch als Brennmaterial“, erläuterte Norbert Fett vom Fachbereich Ländlicher Raum in Marburg.

Nun werde in einem Anschlussprojekt versucht, auch die auf den Höfen anfallenden Wirtschaftsdünger – wie Gülle, Gärsubstrate oder Hühnertrockenkot (HTK) – von einer flüssigen oder halbfesten Phase in Pellets zu überführen. „Diese Wirtschaftsdünger enthalten bezogen auf die Trockenmasse rund 4 bis 6 Prozent N und weitere pflanzenverfügbare Nährstoffe. Wenn man nichts tut, vergären sie, und die Nährstoffgehalte werden zum Beispiel über Ammoniakverluste reduziert“, stellte Fett fest.

Warum sollte man Wirtschaftsdünger aufbereiten?

„Die Wirtschaftsdünger fallen auf tierhaltenden Betrieben und in den Biogasanlagen jeden Tag kontinuierlich an. Die Betriebsleiter müssen, wenn Lagerkapazität fehlt, diese Mengen auch zu Zeiten auf den Feldern ausbringen, wenn der Pflanzenbewuchs die Nährstoffe nicht optimal verwerten kann. Außerdem beinhaltet die Düngeverordnung Sperrfristen für das Ausbringen von Wirtschaftsdüngern“, so Fett.

„Sowohl große Lagerkapazitäten als auch Nährstoffverluste kosten Geld beziehungsweise letzteres kann auch die Umwelt belasten. Viele Grundwasserkörper im Bundesgebiet und auch hier im Landkreis weisen erhöhte Nitrat-Werte auf.“ Die Ãœberführung von Wirtschaftsdüngern in eine stabile, lagerfähige und unbegrenzt haltbare Phase könne dieser Entwicklung entgegenwirken. Mit der Herstellung von Pellets aus Wirtschaftsdüngern könnten die Nährstoffe für Pflanzen lagerfähig und haltbar gemacht werden, um sie dann während der Vegetationszeit auszubringen. Voraussetzung sei allerdings eine vorgeschaltete Trocknung, da die Pelletierung maximal 20 Prozent Restfeuchte erlaube. Auf dem Bioenergiehof „Vor den Tannen“ von Familie Lölkes wird dies durch eine Separationsanlage erreicht.

Stefan Lölkes stellte den Betrieb in Wetter-Mellnau anhand einiger Kennzahlen vor: Der Ackerbaubetrieb bewirtschaftet 130 ha Acker- und 20 ha Grünland mit 40 bis 65 Bodenpunkten. Die Fruchtfolge besteht aus 70 ha Silomais (ca. 500 dt), 30 ha Win­ter­weizen (ca. 85 dt), 25 ha Roggen (ca. 75 dt) und 5 ha Zuckerrüben (ca. 650 dt). Das Lohnunternehmen Lölkes sät und häckselt 600 ha Mais, drischt 400 ha Getreide im Lohn, streut 1000 t Kalk, macht Bodenbearbeitung, Aussaat, Pflanzenschutz und bringt Rindergülle und Gärsubstrat aus.

Bioenergiehof „Vor den Tannen“ liefert 180 Haushalten Wärme

Der Bioenergiehof „Vor den Tannen“ GmbH hat Ende 2011 die Strom- und Wärmeproduktion aufgenommen. Zwei Fermenter à 2000 m³ und ein 5000 m³ fassender Nachgärer (Gärrestlager) erzeugen rund 5 000 000 kWh pro Jahr (870 kW el. Leistung). Die Fahrsilos können mit 18 500 m³ Substrat befüllt werden. Ein Nahwärmenetz versorgt etwa 180 Haushalte in den Nachbarorten Ober- und Unterrosphe mit Wärme. Inputstoffe sind vor allem Maissilage (50 Prozent) und Gülle (30 Prozent); der Rest setzt sich aus GPS, Gras, Getreide- und Maisschrot, Zuckerrüben, HTK und Rindermist zusammen.

Neben dem Betriebsleiter-Ehepaar Brigitte und Stefan Lölkes arbeiten vier Festangestellte, ein Azubi und acht Teilzeitkräfte im Gesamtbetrieb. Lölkes gab zu bedenken, dass viele kleinere Landwirtschaftsbetriebe die notwendigen Investitionen in Lagerkapazitäten künftig nicht mehr aufbringen könnten. Daher regte er dazu an, über zentrale Lagerstellen für Wirtschaftsdünger nachzudenken. „Dort könnte dann auch eine Aufbereitung beispielsweise durch Pelletierung erfolgen.“

Ein Huhn erzeugt 7 Watt Wärmeenergie

Dr. Kai Masuch, Qalovis GmbH, umriss zunächst die Problematik unbehandelter Wirtschaftsdünger vor allem in Veredelungsregionen und stellte den mobilen Pelletierer des Unternehmens aus dem münsterländischen Altenberge vor. „In einzelnen Regionen Deutschlands liegen deutliche Nährstoffüberschüsse an Stickstoff und Phosphat vor. Um diese wirtschaftlich zu exportieren, müssen sie zunächst aufbereitet werden“, so der Ingenieur, der sich zuvor mit der „sehr aufwändigen“ Biodieselerzeugung beschäftigt hatte.

Er erklärte, dass Qalovis nicht nur Pelletieranlagen anbiete, sondern systemübergreifend auch Trockner, Hygienisierer und Block-Heiz-Kraftwerke. Die am Beispiel von großen Hühnerställen vorgestellte Trocknung löse die Entsorgungs- und Geruchsproblematik und bereite Tierkot für eine Weiterverarbeitung durch Pelletierung optimal vor. Außerdem würden Umsetzungsprozesse unterbunden, so dass deutlich weniger Ammoniak entweiche und das Stallklima dadurch erheblich verbessert werde. „Bei der Legehennenhaltung reicht die warme Abluft für die Trocknung bereits aus, denn jedes Huhn erzeugt im Schnitt 7 Watt Wärmeenergie“, so Masuch.

Nach dem Trocknen sei das Volumen allerdings noch zu groß: „Wo vorher Wasser war, sind jetzt Hohlräume“. Durch die Pelletierung werde es um bis zu 75 Prozent reduziert. So werde aus biogenen Reststoffen ein lager-, transport- und vermarktungsfähiger Wertstoff. Zusätzlich würden unter dem hohen Druck Temperaturen erreicht, die eine weitere Hygienisierung des Produktes bewirkten.

Die Grenzwerte der entsprechenden EU-Verordnung würden diesbezüglich zwar erreicht, diese schreibe aber die Verfahren zur Hygienisierung vor, sodass für die Vermarktung beispielsweise als Dünger noch ein Hygienisierer zum Einsatz kommen müsse. Die Verwertung der Pellets als Brennstoff scheitere ebenfalls an bürokratischen Hürden – wegen der einzuhaltenden Emissionswerte. Um Pellets aus Wirtschaftsdüngern gewinnbringend beispielsweise an Gartenbesitzer zu vermarkten, müsse man sich allerdings (bisher) selbst um die Markterschließung bemühen“, bemerkte Masuch. Positive Beispiele hierfür gebe es aber schon.

Wertschöpfung direkt vor Ort

Das direkt neben dem Fermenter vorgeführte Pelletiersystem sei dafür ausgelegt, auch kleinere Mengen Hühnertrockenkot (HTK) oder getrockneten Gärrest wirtschaftlich zu Pellets veredeln zu können. Die Anlage schafft laut Hersteller etwa 250 kg pro Stunde und kostet je nach Ausstattung zwischen 40 000 und 50 000 Euro. Der Lieferumfang besteht je nach betrieblichen Anforderungen aus Vorlagesilo, Steuerung und Befeuchtungseinrichtung zur Konditionierung des Pelletierguts; optional kann eine Hammermühle vorgeschaltete werden (dies ist bei HTK, nicht aber bei Biogasgärresten nötig).

Nach der Beschickung mit HTK wurde der im Betrieb Lölkes anfallende und separierte Gärest zu Pellets verarbeitet, diese kamen mit über 50 °C aus der Anlage und waren nach Abkühlung fast geruchsneutral. „Die Separierung unseres Gärrestes betreiben wir seit diesem Jahr. Dadurch erhöht sich für die feste Phase die Lagerfähigkeit und die Transportwürdigkeit, und der Stickstoff wird langsamer mineralisiert. Die flüssige Phase bringen wir mit dem Güllefass auf weniger weit entfernten Flächen aus“, erläuterte Stefan Lölkes seine Strategie.

KB – LW 46/2015