Landwirtschaftliche Auszubildende lernen vor Ort

Projekt zur Kooperation zwischen Schule und Praxis

Auf dem Rosenthalerhof der Familie Mulder in Ailertchen im Wester­wald ist ein Pilotprojekt zur Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen Ausbildung an der Adolf-Reichwein-Schule in Limburg gestartet worden. In Form eines Stationenlernens, welche von Praktikern und Berufsschullehrern betreut wurden, konnten 38 landwirtschaftliche Auszubildende im zweiten Lehrjahr ihr Wissen rund um das Thema „Erzeugung von Qualitätsmilch“ festigen und erweitern.

Burkhard Hölz (2.v.r.) betreute die Lernstation „Tierverhalten und Haltungsumwelt“.

Foto: Dr. Andrea Hesse

Die landwirtschaftliche Ausbildung, wozu sich jährlich circa 25 junge Menschen zum Besuch der Reichwein-Schule entscheiden, fordert ein hohes Maß an Lernbereitschaft, Arbeitswille und Verantwortungsbewusstsein von den Schülern. Während der dreijährigen Lehrzeit im dualen Ausbildungssystem gilt es, die Aus­zubildenden, von denen mittlerweile nur etwa ein Drittel selbst aus der Landwirtschaft kommt, fit für die Herausforderungen des Berufes zu machen. Landwirte müssen heute ein breites Spektrum an Fachwissen in den Bereichen Tierhaltung, Pflanzenbau, Landmaschinen und Agrarrecht beherrschen. Damit dies zukünftig noch besser gelingt, fand auf dem Betrieb Muldagro BV eine Lernortkooperation zwischen Schule und Berufspraxis statt. Die Schülerinnen und Schüler arbeiteten an dem Vormittag in Kleingruppen an Arbeitsaufträgen zu den Themen Melken, Tierverhalten und Haltungsumwelt sowie Euteraufbau und Milchqualität. Mittels Erkundungs- und Beobachtungsaufträgen sowie durchzuführenden Testverfahren galt es, eigenständig den Betrieb zu analysieren und in einer Ergebnispräsentation darzustellen. Unter anderem wurden Liegeboxen vermessen, Wiederkau­schlä­ge ermittelt oder ein Zellzahltest zur Bestimmung der Milchqualität durchgeführt.

Betriebsleiter beteiligten sich

Wichtig war für die Schüler neben den lehrergeleiteten Stati­onen die Betreuung durch die Praktiker Harry Mulder (Betriebsleiter Muldagro BV) und Bukhard Hölz (Betriebsleiter Hölz GbR, Milchvieh- und Ackerbaubetrieb in Weinbach). Beide verstanden es auf Augenhöhe, die vielen Schülerfragen mittels berufspraktischer Bezüge verständlich und kompetent zu beantworten. Im zweiten Teil des Tages fand eine schülergeleitete Podiumsdiskussion mit weiteren Vertretern aus der Berufspraxis (Stephan Weyel, Stockhausen-Illfurth; Ralf Koch, Busenhausen), Berufsschullehrer Heinz Kremper und zwei Schülervertretern (Jann Bieler, Christian Himmighofen) zum Thema „Landwirtschaftliche Ausbildung der Zukunft – Das bieten wir und das erwarten wir!“ statt. Alicia Weyel und Flavio Traxl moderierten die Diskussionsrunde, in der deutlich wurde, welche vielfältigen Anforderungen im dualen Ausbildungssystem an die Ausbildungsbetriebe, Lehrer und Auszubildenden gestellt werden. Gute Ausbildungsbetriebe bieten neben einer intensiven Ausbildungsbetreuung, auch einen Ausgleich für besonders hohen Arbeitseinsatz und oft ebenfalls die Einbindung des Auszubildenden in die Familie des Betriebsleiters, beispielsweise durch den gemeinsamen Besuch von Abendinfoveranstaltungen für Landwirte oder auch von Dorffesten.

Fachdiskussion mit den Landwirtschaftschülern

In erster Linie sei die Eigenmo­tivation und -verantwortlichkeit der Auszubildenden ausschlaggebend, um die nötige Fach- und Personalkompetenz zu erwerben. „Hochmotiviert zeigten sich alle Schülerinnen und Schüler an diesem Tag“, resümiert die angehende Berufsschullehrerin Dr. An­dre­a Hesse, welche das Projekt ins Leben gerufen und die Durchführung gestaltet hat. Wenn Lernangebote abwechslungsreich, interessant sowie handlungs- und praxisorientiert sind, ist das Engagement der Auszubildenden hoch. Dieses Projekt der „Lernortkooperation“ wollen alle Beteiligten zukünftig weiterentwickeln.

Dr. Hesse,ars-lm – LW 10/2016