Laubholz derzeit stärker gefährdet als Nadelholz

Waldschutzlage in Hessen

Das Jahr 2012 war geprägt durch eine anhaltend ruhige Lage bei den Borkenkäfern, was zum einen durch Saubere Wirtschaft, zum anderen aber auch durch günstige Witterung bedingt war. Blatt fressende Insekten in Eiche traten lokal in hohen Fraßdichten auf. Insgesamt zeigt sich die Waldschutzlage in Hessen derzeit beim Laubholz, vor allem Eiche, Buche und Esche, deutlich angespannter als im Nadelholz.

Eichen zeigen lokal sehr schlechte Kronenzustände und sterben ab.

Foto: Habermann

Borkenkäfer: Im Jahr 2012 gab es kaum Meldungen von Borkenkäferschäden. Aufgrund der geringen Ausgangspopulation sowie des überwiegend kühlfeuchten Witterungsverlaufs während der für die Fortpflanzung entscheidenden Phasen konnte der Buchdrucker (Ips typographus) nur in wenigen Fällen und räumlich sehr begrenzt höhere Populationsdichten erreichen. Stehendes Holz wurde kaum besiedelt, eine besondere Gefährdung ist derzeit nicht erkennbar. Befall durch Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) wurde nur in Einzelfällen beobachtet, so in bereits durch Schneebruch vorgeschädigten Beständen. Auch durch Kupferstecher war 2012 keine besondere Gefährdung gegeben. Noch seltener wurde Befall durch den Lärchenborkenkäfer (Ips cemprae) gemeldet, der nur lokal an wenigen Poltern und Resthölzern auftrat. Auch Schadmeldungen zum Rüsselkäfer (Hylobius abietis) waren im Jahr 2012 selten. Vereinzelt wurden Fraßschäden an Kulturen festgestellt. Die Befallslage ist auch hier insgesamt nicht kritisch.

Maikäfer: Von etwa Ende April bis Anfang Juni 2012 konnte im Bereich des hessischen Forstamtes Hanau-Wolfgang der alle vier Jahre wiederkehrende Flug und Blattfrass des Waldmaikäfers (Melolontha hippocastani) beobachtet werden. Die Gelegenheit wurde von der NW-FVA genutzt, um das Schlupfverhalten, das Schwärmverhalten, den Blattfrass sowie den daraus resultierenden Kot- und Totenfall zu erfassen. Die Daten sollen dazu beitragen, das Ausbreitungs- und Besiedlungsmuster der Waldmaikäfer besser zu verstehen. Im Sommer 2013 wird der Hauptfraß der Engerlinge (E3) im Hessischen Ried stattfinden, das nächste Flugjahr des Maikäfers im Ried ist 2014.

Warum sterben die Eichen?

Seit vielen Jahren werden bei den Alteichen örtlich hohe durchschnittliche Blattverluste und gravierende

Vitalitätseinbußen beobachtet. Den Bäumen fehlen belastungsfreie Erholungsphasen ohne Witterungsextreme, Insektenfraß oder pilzliche Schaderreger. Insbesondere Witterungsextreme in Kombination mit wiederholtem, starken Fraß können schwere Schäden auslösen. Starker Blattfraß und nachfolgender Befall durch Mehltau führen dazu, dass betroffene Eichen nur wenige Wochen im Jahr eine intakte Belaubung aufweisen, mit der Folge stark verminderter Einlagerung von Reservestoffen und dem Rückgang funktionsfähiger Feinwurzeln. Entsprechend ungünstige Faktorenkombinationen lagen in jüngster Vergangenheit gebietsweise mehrfach vor, nämlich in Form warm-trockener Frühjahre in Verbindung mit starkem Fraß (2009 bis 2012) und starker Mehltaubefall (2010; 2012). Die fortschreitende Vitalitätsschwäche der Eiche wird von Sekundärschädlingen, wie Eichenprachtkäfer und Hallimasch, zur ungebremsten Vermehrung genutzt, was letztlich stark geschwächte Eichen tötet. Wegen der sehr ungünstigen Kombination aus Mehltau und Fraßschäden wird damit gerechnet, dass sich das aktuelle Eichensterben lokal verstärken und weiter fortschreiten wird. Es gibt aber auch Hinweise, dass zumindest die Eichenfraßgesellschaft 2013 gebietsweise in die Retrogradation eintritt.

Buchen-Komplexkrankheit führt letztlich zu Stammbruch

Die Vitalitätsschwäche der Buche mit Symptomen, wie Kleinblättrigkeit, Kronenverlichtungen und Heruntertrocknen der Kronen mit Totästen in der Kronenperipherie; insbesondere Altbuchen in sonnenexponierten Lagen und im Freistand, ist nach wie vor weit verbreitet. Örtlich waren bei starker Schädigung Absterbeerscheinungen unter Beteiligung von Prachtkäfern und Hallimasch zu beobachten.

Das Buchenrindensterben ist eine klassische Komplexerkrankung, die vor allem in den höheren Lagen des Berglandes auftritt. Charakteristisch sind die schnelle Holzentwertung und die Stammbrüche in sechs bis acht Metern Höhe. Die Krankheit beginnt mit einem stärkeren Befall der Buchenwollschildlaus, es folgt eine Infektion der betroffenen Rindenpartien durch den Pilz Neonectria coccinea, wird dadurch das Kambium stärker geschädigt, folgen holzbrütende Käfer (X. domesticus, Werftkäfer) und am Ende holzzersetzende Pilze, wie der Zunderschwamm. In der Schlussphase der Erkrankung stehen oft Buchen mit vollkommen grüner Krone im Bestand, die unvermittelt im Mittelstammbereich brechen. Eine weitere Erkrankung wird durch den pilzähnlichen Organismus Phytophthora cambivora verursacht. Auf schweren, tonigen und zeitweise nassen Standorten, insbesondere bei kalkhaltigen Böden, erfolgt eine Wurzelinfektion, die durch zungenförmige, von Boden aufsteigende Nekrosen gekennzeichnet ist. Im Bereich der Nekrosen kann es zu Käferbefall und Holzfäulen kommen. Diese Erkrankung tritt deutlich seltener auf als die beiden vorgenannten.

Noch keine Maßnahme gegen Eschentriebsterben bekannt

Die Erkrankung wird ausgelöst durch Hymenoscyphus pseudoalbidus mit der Nebenfruchtform Chalara fraxinea. Sie hat sich im gesamten Zuständigkeitsgebiet der NW-FVA fest etabliert. Es ist bisher – auch deutschlandweit – keine Abschwächung des Krankheitsgeschehens zu verzeichnen. Auf vielen Flächen wird hingegen eine Verstärkung oder Ausweitung der Schäden beobachtet.

In Altbeständen führt das Eschentriebsterben bei hohem Infektionsdruck zum Zurücksterben der Kronen und zum Befall mit nachfolgenden Schaderregern, wie Hallimasch oder Eschenbastkäfern, die letztlich zum Absterben der Bäume führen können. Neben anderen Rindenpilzen ist H. pseudoalbidus auch in der Lage, in den Stammfuß einzudringen und dort Verfärbungen und Nekrosen hervorzurufen.

Unterschiedlich stark erkrankte und erstmals 2009 bonitierte Alteschen in SH haben sich innerhalb von drei Jahren hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes (Schadstufen) meist deutlich verschlechtert. Einzelne der 2009 bereits stärker geschädigten Beobachtungsbäume sind inzwischen abgestorben. Zum Eschentriebsterben ist eine zusammenfassende, die derzeitigen Kenntnisse enthaltende Praxisinformation auf der Homepage der NW-FVA zum Herunterladen bereitgestellt.

Seit 2009 werden in Nordwestdeutschland zuweilen Schäden an Stämmen und Ästen von Bergahorn beobachtet, die durch pilzliche Schaderreger (überwiegend Fusarium-Arten) ausgelöst werden. Oft ist ein Zusammenhang zwischen dem Schadauftreten und dem Befall mit dem Ungleichen Holzbohrer (Anisandrus dispar) zu erkennen, der bevorzugt Laubhölzer wie Ahorn, Eiche, Esche, Buche und Obstgehölze, insbesondere geschwächte oder gefällte Bäume besiedelt. Der Käfer kann auch gesunde Pflanzen angreifen und bei starkem Befall zum Absterben führen. Neben den für die Ernährung notwendigen Ambrosiapilzen können mit A. dispar auch pathogene Pilze, wie Fusarium, assoziiert sein.

Teils starker Mäusefraß in den Kulturen

Die Dichte oberirdisch fressender Kurzschwanzmäuse hat nach dem Rückgang im Winter 2011/12 aktuell ein vergleichbar hohes Niveau wie 2010 erreicht. Probefänge der NW-FVA ergaben lokal maximale Indexwerte von 51,7 je 100 Fallennächte für Erdmaus. Die Überwachung mit Apfelsteckreisern ergaben nach einer Woche im Maximum Annahmeraten von 96 Prozent. Bei derartig hohen Mäusedichten sind Kulturen hochgradig gefährdet. Gegenmaßnahmen sollten in der aktuellen Jahreszeit allerdings kritisch geprüft werden, da die Tiere jetzt wieder auf Gräser ausweichen und eine Bekämpfung der Mäuse im Frühjahr die bereits eingetretenen Schäden nicht mehr verhindert.

Typischer Stammbruch der Buche bei fortgeschrittener Buchenrindennekrose.

Foto: Habermann

Fruchtkörper des Zunderschwamms an Buchen.

Foto: Habermann

Eschentriebsterben in einen Eschenbestand.

Foto: Habermann

Michael Habermann, NW-FVA Göttingen – LW 20/2013