Lebenselixier für Insekten

Der Feldahorn ist der Baum des Jahres 2015

Nach dem Spitzahorn (1995) und dem Bergahorn (2009) wurde vom Kuratorium Baum des Jahres (KBJ) der Feldahorn zum Baum des Jahres 2015 gewählt.

Der Feldahorn wächst als Strauch wie als Baum bis zu einer Höhe von 10 bis 15 Metern heran.

Foto: Butko, Ellerich, Willow, Hintermeier

Ahorne bilden eine sehr alte Gattung, deren Vorkommen schon seit dem Alttertiär, das heißt seit etwa 240 Millionen Jahren nachweisbar ist. Im Gegensatz zum Berg- und Spitzahorn tritt der Feldahorn (Acer campestris) meist als großer Strauch auf: an Wald- und Gebüschrändern, Feldrainen und Hecken. Als Baum erreicht der auch als Maßholder bekannte Feldahorn 10 bis 15 Meter, selten mehr als 25 Meter, kann aber ein Alter 150 bis 200 Jahren erreichen. Die durch Längs- und Querrisse fast rechteckig gefelderte Rinde ist graubraun. Auffällig sind die flügelartigen Korkleisten an jungen Pflanzen oder Zweigen. Der Feldahorn blüht erst ab einem Alter von 15 bis 20 Jahren. Die grünlichen Blüten erscheinen mit den Laubblättern (meist Ende Mai) in kurzen 10- bis 20-blütigen Rispen. In einem Blütenstand befinden sich sowohl eingeschlechtliche als auch zwittrige Blüten. Die Einzelblüten enthalten acht Staubblätter sowie einen oberständigen Fruchtknoten mit zwei Fruchtblättern. Die geflügelten Früchte sind 2,5 bis 3 cm lang und stehen einander gegenüber. Der samentragende Teil ist knotig verdickt.

Bienen und Hummeln, Schmetterlinge und Käfer

Die heimischen Ahornarten zählen als willkommene Überbrückungstracht zwischen Weide und Kirsche zu den bedeutendsten Frühsommer-Trachtpflanzen (20. Mai bis 15.Juni) unserer Honigbienen. Der Feldahorn macht hier keine Ausnahme. Als Nektarspender wird er von im Frühjahr fliegenden Wildbienen (Männchen und Weibchen) zur Eigenversorgung aufgesucht. Auch wenn das Pollenangebot spärlich ist, wurden von Insektenkundler Paul Westrich 14 Sandbienenarten (Andrena), eine Furchenbienenart (Lasioglossum) und eine Mauerbienenart (Osmia) ermittelt, da­run­ter so bekannte Arten wie Rotpelzige Sandbiene (A. fulva), Rotschopfige Sandbiene (A. haemorrhoa), Gelbfüßige Sandbiene (A. flavipes), Goldbeinige Sandbiene (A. chrysosceles) und die Rote Mauerbiene (O. rufa), die auch im Siedlungsbereich vertreten sind.

Holz, Blätter und Früchte des Feldahorns und seiner verwandten Arten sind Raupennahrung für mehrere Falterarten: Von den Blättern ernähren sich die Raupen der Ahorneule (Acronicta aceris), des Ahornspanners (Cyclophora annulata), des Ahornspinners (Ptilodontella cucullina) und des Haarschuppenspinners (Ptilophora plumigera). In tütenförmig aufgerollten Blattteilen lebt die Raupe der Ahornmotte (Gracillaria rufipennella), in den Früchten die Ahornminiermotte (Nepticula sericopeza). Die Raupe des Ahornwicklers (Croesia forsskaleana) frisst zunächst ebenfalls in den Samen, nach der Überwinterung in zusammengesponnenen Blättern.

Der auch als Spanische Fliege bekannte Pflasterkäfer (Lytta vesicatoria) ernährt sich von Blättern, während sich seine Larven in Wildbienennestern entwickeln. Der Ahornblattroller (Deporus tristis) fertigt für seine Nachkommen Ahornblatt-Trichterrollen. Trockene oder bereits morsche Zweige, Äste und Stubben verschiedener Laubbäume, darunter auch Ahorne, benötigen die Larven mehrerer Bockkäferarten als Entwicklungssubstrat: Feldahornbock (Alosterna tabacicolor), Schwarzschwänziger Schmalbock (Strangalia melanura), Bunter Scheibenbock (Phymatodes alni) und Keulenfüßiger Scheckenbock (Acanthoderes clavipes).

Vielseitige Nutzpflanze im Dienst des Menschen

Früher wurde der raschwüchsige, robuste Feldahorn „geschneitelt“: Die jungen Zweige wurden regelmäßig zur Viehfuttergewinnung abgeschnitten, wodurch die Bäume mit der Zeit eine mehr oder weniger zylin­drische Gestalt bekamen und verstärkt zu neuem Austrieb angeregt wurden. Das feine, harte und ziemlich schwere Holz ist zäh, schwindet und arbeitet wenig. Es ist schön gemasert und wird hauptsächlich für Drechsler- und Kunsttischlerarbeiten, Intarsien, Musikinstrumente, Pfeifenköpfe und dergleichen verwendet. Die aus dem Feldahorn gewonnene Holzkohle wird wegen ihrer hohen Qualität sehr geschätzt.

Der Feldahorn gilt als guter Hangbefestiger an Böschungen sowie an den Ufern schnell fließender Gewässer. Als Heckenpflanze verträgt er starken Schnitt. Er ist kaum rauchgefährdet und eignet sich so zur Begrünung von Halden in Industriegebieten. Da der Feldahorn Trockenphasen recht gut übersteht, hat er als Kübelpflanze auch Eingang in Dachgärten und Fußgängerzonen gefunden („Mobiles Grün“).

Die nächsten Verwandten im In- und Ausland

Die Gattung Ahorn ist mit etwa 150 Arten in den Wäldern von Nordamerika, Ostasien und Europa vertreten. In Mitteleuropa finden neben dem Feldahorn noch zwei Arten ihre natürliche Verbreitung: der Spitzahorn (Acer platanoides), der in Laubmischwäldern und als Zierform in Parkanlagen vorkommt, sowie dem anspruchsvolleren, aber schattenverträglichen Bergahorn (Acer pseudoplatanus).

Als beliebte fremdländische Ziersträucher oder -bäume seien abschließend noch genannt: die amerikanischen Arten Eschenahorn (Acer negundo), Zuckerahorn (A. saccharum) und Rotahorn (A. rubrum) sowie die farbenprächtigen und formschönen Japanischen Ahorne.

Helmut Hintermeier – LW 7/2015